Bensheim. Der Wiederaufbau der eingestürzten Brücke an der Weststadthalle in Bensheim bleibt ein Geduldsspiel. Mittlerweile liegen zwar zwei Angebote von Metallbaubetrieben vor. Allerdings hat die Versicherung des Unfallverursachers noch keine Freigabe erteilt. Es fehle noch die „sachverständige Stellungnahme“, bekam KMB-Geschäftsführer Frank Daum zur Antwort, als er kurz vor Weihnachten nachhakte.
Der Zweckverband ist für die Angelegenheit zuständig, der Schriftverkehr mit der gegnerischen Versicherung fülle bereits einen ganzen DIN A4-Ordner, so Daum. „Uns ist wichtig, dass die gesamte Schadenshöhe übernommen und der Steuerzahler nicht belastet wird.“
Das setze voraus, die Interessen der Stadt an der einen oder anderen Stelle mit Nachdruck und Geduld zu verfolgen. Der Geschäftsführer geht davon aus, dass dennoch in Kürze die Freigabe erfolgt und der Auftrag für die Instandsetzung erteilt werden kann.
Schwierige Aufräumarbeiten
Wie mehrfach berichtet, hatte am 18. März des vergangenen Jahres ein Lastwagen mit ausgefahrenem Kranausleger den Steg über den Berliner Ring gerammt und zum Einsturz gebracht. Verletzte gab es glücklicherweise nicht. Der Fahrer kam mit dem Schrecken davon. Zum Zeitpunkt des Zusammenstoßes befanden sich weder andere Autos in Reichweite noch waren Fahrradfahrer und Fußgänger in dem Bereich unterwegs. Auch auf der Brücke, die den Parkplatz am Badesee mit dem Haupteingang der Weststadthalle verbindet, befand sich niemand.
Die Aufräumarbeiten gestalteten sich schwierig. Ein Teil der Konstruktion lag auf dem Führerhaus des Lkw, die vielbefahrene Straße musste stundenlang gesperrt werden. Schließlich lösten zwei Kräne das Problem, an ihren Steilseilen baumelnd wurde der Steg zur Seite gehoben, Unterstützung gab es durch das Technische Hilfswerk.
Doch in den ersten Minuten nach der Alarmierung konnte noch niemand das Ausmaß abschätzen. Ein Großaufgebot der Einsatzkräfte eilte zur Unfallstelle. Feuerwehr, DRK, Polizei, Stadtpolizei, Ordnungsamt und Mitarbeiter des zuständigen Zweckverbands Kommunalwirtschaft Mittlere Bergstraße (KMB) waren vor Ort.
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Nachdem feststand, dass der Zwischenfall glimpflich ausgegangen wir, ging es um handfeste Überlegungen, was mit der Konstruktion passieren sollte - und wer für die Schäden aufkommt. So ging es in der Folge zunächst darum, die Ansprüche geltend zu machen. Ein langwieriger Prozess, der sich vom Frühjahr bis in den Herbst erstreckte. Im September teilte der KMB mit, dass von der gegnerischen Versicherung sämtliche Kosten der Bergung am Unfalltag inklusive der bisher angefallenen Ausgaben, die sich auf 21 299 Euro belaufen, übernommen werden.
Die Summe beinhaltete die Kosten für den Krandienst, den beim Unfall beschädigten Baum sowie die Verkehrssicherung und die Reinigung der Straße. „Der Betrag wurde bereits von der Versicherung erstattet“, teilte Frank Daum am Mittwoch auf Nachfrage mit. Nach den vorliegenden Angeboten kommen voraussichtlich weitere 72 000 Euro für den Abtransport, die Reparatur sowie das Einsetzen der Konstruktion zusammen.
Die Auflager (Brückenpfeiler) müssen ebenfalls instandgesetzt werden, was mit Ausgaben in Höhe von rund 10 000 Euro veranschlagt wird. Alles in allem werden sich die Gesamtkosten wohl auf 104 000 Euro belaufen.
Koloss mit 24 Tonnen
Dass der 24 Tonnen Koloss seit März neben der Fahrbahn liegt und den Fahrradweg blockiert, hatte in den vergangenen Monaten immer mal wieder für Kritik gesorgt. „Sicherlich ist es nicht schön, dass die Brücke jetzt seit dem Unfall im März dort liegt und für den Bürger scheinbar nichts passiert. Ich möchte aber nochmals betonen, dass wir hier nicht alleine Herr des Verfahrens sind. Jeder Schritt muss mit der gegnerischen Versicherung abgestimmt werden“, bemerkte der KMB-Geschäftsführer. Und da die Versicherung einen Sachverständigen eingeschaltet hatte, sei eben jeder Schritt sehr zeitaufwendig.
Sobald die Versicherung grünes Licht gegeben hat und der Auftrag erteilt wurde, braucht es abschließend eine Genehmigung für den Schwertransport, der den ramponierten Steg zum Betriebsgelände der beauftragten Firma bringt. Dann ist der Radweg frei. Wie lange es danach dauert, bis das gute Stück wieder an Ort und Stelle sitzt, lässt sich aktuell schwer abschätzen.
Rund 14 Jahre hatte die Brücke auf dem Buckel, bevor ihr der Lkw zu nahe kam. Mit einem Schwertransport aus der Ober-Lausitz kam die städtische Neuanschaffung im Juli 2008 an den Berliner Ring, um den Parkplatz mit dem Haupteingang der Weststadthalle zu verbinden.
Der alte Steg war zuvor mehr als eineinhalb Jahre gesperrt, da im Zuge von Überprüfungen Schäden durch einen Pilzbefall an den tragenden Holzleimbindern festgestellt worden waren. Auf kommunalpolitischer Ebene kam es zu Diskussionen um die Notwendigkeit einer Fußgängerbrücke an dieser Stelle, die damalige schwarz-grüne Mehrheit votierte schließlich für die Stahl-Kastenkonstruktion, Kostenpunkt 160 000 Euro. Dass ein solches Vorhaben heute deutlich mehr ins Geld gehen würde, dürfte außer Frage stehen.
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