Stellenabbau und Kurzarbeit bei Dentsply Sirona

Grund ist die schwache Nachfrage, weil sich Zahnärzte bei Investitionen in Behandlungsstühle und Röntgengeräte zurückhalten.

Von 
Michael Roth
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Die Dentsply Sirona in Bensheim © Dietmar E. Funck

Bensheim. Dentsply Sirona, der größte Arbeitgeber an der Bergstraße, hat für seinen Standort Bensheim Kurzarbeit angemeldet und wird Stellen abbauen. Dem BA sagte Bensheim-Geschäftsführer Jan Siefert: „Für die bereits im Frühjahr vorgestellten Planungen in Bensheim im Rahmen einer globalen Neuausrichtung von Strukturen und Prozessen bei Dentsply Sirona hat das Unternehmen nun eine Einigung mit den Betriebsräten erzielt. Der vorgesehene Personalabbau liegt im Rahmen der jährlichen üblichen Fluktuation bei Dentsply Sirona am Standort Bensheim. Er erfolgt sozialverträglich über einen Sozialplan und zu großen Teilen über Aufhebungsverträge“. Eine exakte Größenordnung zu den Stellenstreichungen nannte Siefert nicht. Im Februar hatte der Konzern angekündigt weltweit zwischen acht und zehn Prozent seiner Arbeitsplätze abzubauen.  

„Der Stellenabbau ist unvermeidlich“

  • Im Februar hatte die Konzernführung von Dentsply Sirona in den USA über Pläne zur Restrukturierung informiert. Vorgesehen sei, durch Veränderungen in der Organisation das Unternehmen schlanker aufzustellen, die Effizienz zu steigern und so die Grundlage für künftiges nachhaltiges Wachstum zu schaffen.
  • Mit den geplanten Kosteneinsparungen wolle man die Finanzierung erfolgskritischer Investitionen im laufenden und den nachfolgenden Jahren sichern, hieß es weiter. Ausgangspunkt für die geplanten Änderungen sei eine umfassende Überprüfung des Geschäfts und des Organisationsmodells gewesen.
  • Ebenfalls berücksichtigt worden sei das aktuelle Markt- und Wettbewerbsumfeld. Einhergehend mit der Umsetzung der geplanten Maßnahmen werde ein Abbau von Arbeitsplätzen unvermeidlich sein, hieß es im Februar. mir

Zum Umfang der Kurzarbeit sagte Siefert: „Theoretisch betroffen könnten rund 900 Mitarbeiter sein, praktisch werden es aber weniger sein.“ Als Grund für die Kurzarbeit vor allem in den Bereichen Logistik und Produktion nannte er die schlechte Auftragslage. Dentsply Sirona rüstet Zahnarztpraxen mit vielerlei Geräten aus. Die rückläufige Nachfrage „zwingt uns dazu, unsere Kapazitäten anzupassen“, erklärte Siefert.  

Kurzarbeitergeld auf 75 Prozent aufgestockt

Seit Ende August habe man sich von Leasingarbeitnehmern getrennt und auch befristete Arbeitsverhältnisse auslaufen lassen. Beides sind Voraussetzungen für die Beantragung von Kurzarbeit. Die Kurzarbeit in Bensheim wurde vom 1. Oktober diesen Jahres bis 31. März kommenden Jahres beantragt. Faktisch hat sie am 1. November begonnen. Die schwache Auftragslage ist nach Sieferts Angaben ein branchenweites Phänomen. Wettbewerber nutzten Kurzarbeit schon seit mehr als einem halben Jahr.  

Den Mitarbeitern in Bensheim wird das Kurzarbeitergeld auf 75 Prozent des Gehalts aufgestockt. Nach dem Gesetz erhalten Beschäftigte 60 Prozent (Eltern mit Kindern 67 Prozent) des vorherigen Nettogehaltes vom Arbeitsamt für die durch Kurzarbeit bedingte ausgefallene Arbeitszeit. Diesen Betrag stockt Sirona auf. Zu Corona-Zeiten, damals gab es auch Kurzarbeit in Bensheim, wurde auf 90 Prozent des Gehalts aufgestockt.  

Investitionsbereitschaft der Zahnärzte hält sich in Grenzen

Beide Phasen könne man aber nicht vergleichen, so Siefert. Bei Corona war der ganze Standort Bensheim für Wochen quasi geschlossen. Das sei diesmal nicht der Fall. Die Kurzarbeit werde im Schnitt rund ein Drittel der Arbeitszeit eines Mitarbeiters ausmachen. Kurzarbeit zu 100 Prozent, das heißt, Mitarbeiter arbeiten überhaupt nicht, schloss Siefert aus. Die Kurzarbeit könne auch von Woche zu Woche angepasst oder auch ausgesetzt werden, je nach Auftragslage. „Wir wollen sie auf jeden Fall auf ein Minimum beschränken.“ Es könnte aber auch länger dauern. „Wenn wir wüssten, es ist in vier Wochen vorbei, hätten wir es nicht beantragt“, machte er klar.

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 „In Deutschland wirken sich zudem die eingefrorenen Budgets der gesetzlichen Krankenkassen für Zahnarztpraxen belastend aus.“ Je mehr Patienten ein Arzt habe, desto weniger bekomme er für den Einzelnen, rechnet Siefert vor. Hinzu kommen, wie auch auf dem gesamten europäischen Markt, deutlich höhere Betriebs- und Personalkosten in den Zahnarztpraxen. Und Verbraucher, die das Geld zusammenhalten und auf nicht unbedingt notwendige Zahnbehandlungen verzichten. Angesichts dieser Gemengelage hält sich die Neigung der Zahnärzte in einen neuen Behandlungsstuhl oder ein Röntgengerät (die wichtigsten Produkte von Dentsply Sirona) zu investieren, in engen Grenzen.  

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Rote Zahlen bei Dentsply Sirona

Für das dritte Quartal des laufenden Geschäftsjahres meldet Dentsply Sirona konzernweit einen Verlust von 266 Millionen Dollar. Die Jahresprognosen zu Umsatz und Gewinn wurden gesenkt. In den nächsten Monaten will das Unternehmen Aktien zurückkaufen, kündigte das Unternehmen an. Zu den Zahlen sagte Konzernchef Simon Campion laut einer Mitteilung „Trotz des schwierigen externen Umfelds, das sich negativ auf den Quartalsumsatz auswirkte, haben wir ein bereinigtes Wachstum beim Gewinn je Aktie von 20 Prozent erzielt.“ Schwierig war die Lage vor allem in Deutschland und den USA, wie aus einer Präsentation zu einer Analystenkonferenz gestern hervorgeht. Die Margensteigerung resultierte aus Kostensenkungen der Restrukturierungen. „Wir sind zuversichtlich, dass unsere Anstrengungen uns in die Lage versetzen werden, langfristig erhebliche Werte zu schaffen“, so Campion weiter.

Nach Angaben von Bensheim-Geschäftsführer Jan Siefert konnte sich das Unternehmen im dritten Quartal den Auswirkungen der anhaltend schwierigen Marktlage nicht entziehen. „Kurzfristig müssen wir davon ausgehen, dass die Lage insbesondere in Europa herausfordernd bleibt. Wir haben frühzeitig Maßnahmen ergriffen, um gegenzusteuern, unter anderem zur Absatzförderung, sowie seit Anfang November vorübergehend Kurzarbeit am Standort Bensheim.“ (siehe Artikel auf dieser Seite)

Für das dritte Quartal wird konzernweit ein stabiler Umsatz von 947 Millionen Dollar gemeldet. Unter dem Strich steht ein Verlust. Der kommt durch Abschreibungen auf Firmenwerte (Goodwill) und andere immaterielle Vermögensgegenstände mit einer Gesamtsumme von 302 Millionen Dollar zustande. Als Gründe wurden eine schwache Nachfrage besonders auf den europäischen Märkten und die gestiegenen Zinsen aufgeführt.

Ausgehend von den Quartalszahlen hat der Konzern seine Jahresprognose für 2023 gesenkt. Statt eines Umsatzwachstums von drei Prozent soll die Kennzahl nun bei einem Prozent liegen. Der bereinigte Gewinn je Aktie soll bis zu 1,85 Dollar betragen. Bisher wurden bis zu 2,02 Dollar avisiert. Deutliche besser sieht das Bild ohne die Abschreibungen in Sachen Liquidität aus. Der Cashflow (Mittelzufluss) ist im dritten Quartal um rund ein Fünftel gestiegen. Hier waren eine höhere Profitabilität, geringere Lagerbestände sowie Veränderungen im Rechnungswesen die Gründe. Für das vierte Quartal sind Aktienrückkäufe von 150 Millionen Dollar angekündigt. mir

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