Bensheim. Wenn die Mutter der Tochter weitere Aufgabe zuweist, kann das mitunter zu familiären Spannungen führen. Bei der städtischen Marketing- und Entwicklungsgesellschaft Bensheim (MEGB) braucht man jedoch nicht mit trotziger Abwehrhaltung zu rechnen, wenn sie demnächst für Stadtmarketing, Wirtschaftsförderung und sozialen Wohnungsbau zuständig sein soll (wir haben berichtet).
Allerdings zeigte sich im Haupt- und Finanzausschuss, als es darum ging, die entsprechende Verwaltungsvorlage abzusegnen, dass nicht alle in der „Großfamilie“ von den Plänen restlos begeistert sind. Wirklich überraschend kommt das nicht, schließlich gibt es um die MEGB gefühlt schon öffentliche und kommunalpolitische Debatten, seit sie gegründet wurde.
FWG vermisst ein Konzept
Rolf Tiemann (FWG) betrachtet die Übernahme des sozialen Wohnungsbaus mit Skepsis. Das könne man schon als Beschäftigungs- und Versorgungsprogramm sehen. Zumal ihm ein „sinnvolles Konzept“ hinter dieser Planung fehle. Hinsichtlich vernünftiger Strukturen sollte man darüber noch einmal nachdenken, sagte Tiemann – und wollte von Bürgermeisterin Christine Klein wissen, wie viele Sozialwohnungen sich überhaupt in städtischer Hand befinden.
Für die Antwort brauchte man kein Mathematikstudium: null. Darüber hinaus hat die Stadt 74 Wohnungen in verschiedenen Immobilien angemietet. „Wir wollen aber künftig für die Wohnungen dauerhaft die Belegungsrechte haben und nicht immer auf andere angewiesen sein“, erläuterte die Rathauschefin. Konzeptlos sei man nicht, diese würden vorgelegt, wenn ein Vorhaben konkret wird.
Franz Apfel (BfB) erinnerte an die längere Vorgeschichte und den Prüfauftrag seiner Fraktion 2021, der die Angelegenheit ins Rollen gebracht hatte. Erarbeitet werden sollte vom Magistrat eine Entscheidungsgrundlage für eine Abwicklung, Neuausrichtung oder Aufgabenänderung der städtischen Tochter.
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Das Thema werde nun im Sinne seiner Fraktion fortgeführt. Es dürfe aber nicht darum gehen, die MEGB aufzublähen und Doppelstrukturen aufzubauen, meinte Apfel mit Blick auf den sozialen Wohnungsbau. In diesem Bereich agiere bereits die Wohnbau Bergstraße, außerdem gebe es private Investoren und mit dem Energieversorger GGEW einen weiteren lokalen Akteur. Die Wohnbau müssen beispielsweise kein Personal einstellen (weil es vorhanden ist), die MEGB benötige die Expertise Dritter.
Apfel warnte zudem eindringlich vor einer „erneuten Überschuldung“. Man habe die Gesellschaft schließlich schon einmal mit viel Geld retten müssen. Diese Möglichkeit werde nicht ernstgenommen. Auf die MEGB kämen erhebliche Kosten zu mit dem Umbau des ehemaligen Kaufhauses Krämer, vielleicht auch am Marktplatz, abhängig von den dortigen Plänen. „Und wenn man dann noch was im sozialen Wohnungsbau bewegen will: Wie viele Millionen sollen das sein?“
Beim sozialen Wohnungsbau muss sich etwas tun
Bürgermeisterin Klein betonte, dass jedes Projekt von der Stadtverordnetenversammlung beschlossen werden müsste. Das sei in der Satzung festgeschrieben. Sie sehe daher die Verantwortung beim Stadtparlament. Beim neuen Aufgabengebiet gehe es zunächst um die Eröffnung von Optionen.
Tobias Heinz (CDU) begrüßte die nächsten Schritte. Wenn es die MEGB nicht gäbe, müsste man sie erfinden. Die Gesellschaft habe eine Bedeutung für die Verwaltung, nach dem aktuellen Beschluss solle sie in ruhigeres Fahrwasser kommen. Unstrittig war für den Fraktionsvorsitzenden, dass man im sozialen Wohnungsbau etwas unternehmen müsse – vor allem, weil sich viele Investoren aus diesem Geschäftsfeld zurückziehen würden. „Und auch kein Allheilmittel sind.“
Die Frage sei aber, wer es stattdessen machen soll oder kann. „Ich bin da skeptisch, ob es zwingend die MEGB machen muss.“ Diese Frage könne man aber bei einer konkreten Vorlage klären. Seine Fraktion stimme der nun angestrebten Neuausrichtung trotzdem zu, weil die Verwaltung und die Vermietung der Sozialwohnungen als Aufgabe im Rathaus bleibe und es nur um den Bau gehe.
Entscheidend sie vielmehr auch die Bündelung der anderen Aufgaben bei der Tochtergesellschaft. Dass die Wirtschaftsförderung dort konzentriert werde, sei wichtig für den Standort. Mit dem Stadtmarketing gebe es Synergieeffekte, es sei gut, dies zusammenzuziehen. Das mache Sinn.
Aus den Reihen der Grünen gab es keine generellen Bedenken. Fraktionschefin Doris Sterzelmaier sprach sich für die Umsetzung aus und hob die Vorteile für das Stadtmarketing und die Wirtschaftsförderung hervor. Dass sich die MEGB mit dem Bau von Sozialwohnungen befasse, sei sinnvoll.
"Die MEGB wird durch die Änderungen gestärkt"
Tobias Fischer (FDP) wertete die anstehende Entscheidung als ein gutes Signal für die Mitarbeiter, die nun sicher in die Zukunft blicken könnten. Mit der Anpassung des Gesellschaftervertrags stelle man große Transparenz her. Feridun Bahadori (CDU) warf Franz Apfel vor, mit der Schulden-Thematik ein Gefahrenszenario zu skizzieren. Durch die Änderungen werde aus seiner Sicht die MEGB aber gestärkt. Hanns-Christian Wüstner (Grüne) lobte das „starke politische Signal“, das von der Beschlussfassung ausgehe. Den sozialen Wohnungsbau in die Hände der MEGB zu geben, sei ein erster Schritt in die richtige Richtung.
Die Abstimmung fiel entsprechend den Redebeiträgen aus. Bei fast allen Punkte herrschte Einstimmigkeit, lediglich beim sozialen Wohnungsbau gingen FWG und BfB nicht mit und votierten dagegen.
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