Kommunalpolitik

Die Bensheimer Marketing- und Entwicklungsgesellschaft wird nicht aufgelöst

Der Beziehungsstatus ist kompliziert zwischen der Marketing- und Entwicklungsgesellschaft Bensheim (MEGB) und Teilen der Kommunalpolitik. Das hat Auswirkungen darauf, wie mit der städtischen Tochter künftig umgegangen werden soll.

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Dirk Rosenberger
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Eines der größten Projekte der MEGB in den nächsten Jahren ist der Umbau und die Modernisierung des ehemaligen Kaufhauses Krämer. © Thomas Neu

Bensheim. Der Beziehungsstatus ist kompliziert zwischen der Marketing- und Entwicklungsgesellschaft Bensheim (MEGB) und Teilen der Kommunalpolitik. Das hat vor allem Auswirkungen darauf, wie mit der städtischen Tochter in Zukunft umgegangen werden soll.

Die Stadtverordneten hatten bereits im Februar 2021 auf Initiative der BfB einen Prüfauftrag verabschiedet. Erarbeitet werden sollte vom Magistrat eine Entscheidungsgrundlage für eine Abwicklung, Neuausrichtung der Aufgabenänderung der MEGB. In der jüngsten Stadtverordnetenversammlung wurde nun über die Ergebnisse diskutiert, nachdem man sich zuvor bereits ausführlich im Haupt- und Finanzausschuss damit befasst hatte (wir haben berichtet).

Dabei standen neben der eigentlichen Vorlage aus dem Rathaus Änderungsanträge der Grünen sowie von BfB und FWG in einem gemeinsamen Vorstoß zur Abstimmung. Unterm Strich mehrheitsfähig war am Ende lediglich der ursprüngliche Beschlussvorschlag der Verwaltung. Demnach bleibt die Gesellschaft erhalten, eine Abwicklung ist vom Tisch. Eine Übertragung des Gebäudemanagements von der Verwaltung auf die städtische Tochter, ebenfalls ein Bestandteil der Untersuchungen in den vergangenen eineinhalb Jahren, wird es nicht geben.

Nicht zu den Akten gelegt

Zu den Akten gelegt ist das Streitthema damit jedoch nicht. Der Magistrat soll nun feststellen, ob das im Rathaus angesiedelte Stadtmarketing und die MEGB bei der Wirtschaftsförderung so große Schnittmengen haben, dass sich eine Zusammenlegung lohnt, Stichwort Synergien und mögliche Doppelstrukturen. Darüber hinaus soll ein Konzept erstellt werden zur Verwaltung der städtischen Sozialwohnungen durch die MEGB. Das schließt auch potenziell den Neubau von Sozialwohnungen durch die Gesellschaft ein.

Dem finalen Abstimmungsbarometer vorausgegangen war eine mehr als einstündige Debatte, in der die Fraktionen ihre Standpunkte deutlich klarmachten. Franz Apfel (BfB) sprach von weiteren Hausaufgaben, die der Bericht der Beratungsfirma Schülermann und Partner nach sich ziehe. Folglich soll man auch eine Abwicklung nicht gleich ausschließen, sondern als gleichwertige Option weiterverfolgen.

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Apfel erinnerte zudem an die schwierige Anfangszeit der Gesellschaft. „Die Stadt Bensheim musste mal rund 15 Millionen Euro als Einlage nachschießen. Mit einer Berufsakademie erlitt die MEGB Schiffbruch auf der ganzen Linie. Die MEGB musste vor der Insolvenz gerettet werden, um weiteren Schaden und Vertrauensschaden abzuwenden. Wäre die MEGB ein gut funktionierendes Unternehmen, dann hätte sie die Kapitaleinlage der Stadt Bensheim abzüglich Steuern zurückgezahlt.“

FWG-Fraktionschef Rolf Tiemann betonte, dass weiteren Klärungs- und Informationsbedarf bestehe, weshalb es im Haupt- und Finanzausschuss eine Mehrheit (bei sechs Enthaltungen) für eine Verschiebung des Tagesordnungspunkts in den Herbst gegeben habe. Jegliche Art von Vorfestlegung zu jetzigen Zeitpunkt erteilte Tiemann eine Absage.

Doris Sterzelmaier listete ebenfalls viele Fragen auf, die einer Antwort bedürfen. Darunter die Frage, ob das Handeln der MEGB stärker an die Entscheidungen der Stadtverordnetenversammlung gebunden werden kann oder wo es Überschneidungen, Doppelstrukturen gebe und welche Kosten, Abgaben und Steuern bei welcher künftigen Ausrichtung anfallen. Eine Entscheidung für den Erhalt der MEGB würde den Antworten auf die offenen Fragen vorgreifen.

„Irritationen und Unmut“

„Die Fraktionen sind im Beirat vertreten, der ist aber kein beschlussfassendes Gremium der MEGB. Dies hat in der Vergangenheit oft zu Irritationen und Unmut geführt“, kritisierte die Fraktionschefin der Grünen. Sie führte ebenso aus, welche Aufgaben der städtischen Tochter mittlerweile weggefallen sind, von der Vermarktung der Gewerbeflächen im Stubenwald bis zur Sanierung des Bürgerhauses. Ein Vorteil der MEGB gegenüber der Stadt, nämlich die Berechtigung zum Vorsteuerabzug, bestehe aufgrund einer Gesetzesänderung zum 1. Januar 2023 nicht mehr.

Feridun Bahadori (CDU) betonte in seiner Rede die Sinnhaftigkeit des Prüfantrags. Nun sei mit sehr viel Geld (genauer gesagt 40000 Euro)und Aufwand ein „hochinteressantes Gutachten“ erstellt worden. Dafür verdiene die Verwaltung Lob. „Das ist eine anständige Entscheidungsgrundlage.“

Viele Fragen seien beantwortet. Ob man effizienter und effektiver werde, wenn man die MEGB abwickele und die Aufgaben zurückführe, „daran mache ich ein ganz großes Fragezeichen“ , so Bahadori. Eine GmbH im Rahmen eines Wirtschaftsplans, auf den die Stadtverordnetenversammlung Einfluss habe, könne schneller und effizienter arbeiten. Die CDU sei nach langer Diskussion zur Entscheidung gekommen, dass man die Gesellschaft weiterführen sollte. Das Unternehmen arbeite und wirtschafte mittlerweile anständig. Das könne man den Zahlen entnehmen.

Die Übernahme des Sozialwohnungsbaus durch die MEGB sei ein interessanter Aspekt, den es zu prüfen gelte. „Eine Liquidierung macht keinen Sinn“, fasste Feridun Bahadori zusammen. Zudem müsse man aufpassen, mit der Diskussion nicht die Motivation und die Ambitionen der Mitarbeiter zu untergraben.

Für Jürgen Kaltwasser (SPD) stellte die Auflösung der MEGB ebenfalls keine Option dar. „Der soziale Wohnungsbau ist eine Herzensangelegenheit der SPD“, betonte der Fraktionschef. Eine Aufgabenübernahme durch die städtische Tochter könne möglicherweise ein hilfreicher Weg sein, den Bedarf an bezahlbaren Wohnungen wenigstens teilweise zu decken.

Im Namen seiner Fraktion gab er fünf Fragen zu Protokoll (unter anderem, welche Grundstücke der MEGB für Sozialwohnungen zur Verfügung stünden und wie viele Stellen die MEGB für diesen Bereich benötigen würden), die vom Magistrat mitgeprüft werden sollen.

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Thorsten Eschborn (FDP) mahnte einen „ergebnisoffenen und vorurteilsfreien Beschluss“ an, auch wenn die MEGB in der Vergangenheit für viele ein Reizthema gewesen sei. Er gab zu bedenken, dass man bei einer Liquidation eine wirtschaftlich gesunde Gesellschaft auflöse.

Auch sollten die laufenden Verträge der MEGB beachtet werden, in die die Stadt wohl teuer einsteigen müsste. Personell werde es ebenfalls keine Ersparnisse geben. „Beim Sozialwohnungsbau sehen wir Potenzial für die MEGB“, bemerkte der Fraktionsvorsitzende. Das bedeute nicht zwingend, Neubauten zu erstellen. Man könne auch Wohnungen oder Häuser kaufen. Man müsse nun abwarten, was die Prüfung durch den Magistrat ergebe.

Stadtrat Adil Oyan (Grüne) warf BfB-Fraktionschef Franz Apfel vor, den Eindruck zu erwecken, die MEGB würde Verträge im luftfreien Raum abschließen, auf die die Stadtverordneten keinen Einfluss hätten nehmen können. Oyan bezog sich dabei auf Kritik des BfB-Chef zu den Vermietungskonditionen für das Bürgerhaus. In der Gesellschafterversammlung und im Beirat sei der Vertrag beraten beziehungsweise darüber informiert worden. „Da hatten sie oder ein Vertreter ihrer Wählergemeinschaft die Möglichkeit gehabt, reinzugrätschen.“

Am Ende trudelte die Debatte ohne wegweisend neue Erkenntnisse ins Finale, garniert mit einem kleinen Abstimmungsmarathon, der am Ende sogar die Einberufung des Ältestenrats notwendig machte. Anlass war die Ablehnung der Änderungsanträge von FWG/BfB und der Grünen durch die Koalition.

Weil Einzelpunkte darin mehr oder weniger wortgleich auch in der ursprünglichen Verwaltungsvorlage zu finden waren, der wiederum das Dreier-Bündnis zustimmte, gingen Teile der Opposition leicht auf die Barrikaden. Der Erfolg blieb überschaubar, aber immerhin hatte so noch einmal Gelegenheit, die Standpunkte auszutauschen in einem warmen Sommerabend in der Weststadthalle.

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