Bensheim. Bei ihrem neunten und damit vorletzten Saisonkonzert konnten die Kunstfreunde bereits zum dritten Mal nach 2014 und 2017 das englische Gould Piano Trio im Parktheater begrüßen. Die Gäste spielten in neuer Besetzung: Neben Ensemblegründerin Lucy Gould (Violine) und dem langjährigen Pianisten Benjamin Frith war an diesem Abend erstmals der 2018 für Alice Neary gekommene Cellist Richard Lester in Bensheim zu erleben (einst übrigens Mitglied des ähnlich renommierten, inzwischen aber aufgelösten Florestan-Trios).
Mitgebracht hatten sie keineswegs überpräsentes Repertoire: Stücke von Haydn und Korngold gar als echte Kunstfreunde-Premieren, dazu mit Brahms’ opus 87 das wohl am wenigsten aufgeführte seiner drei Klaviertrios.
Höchstes stilistisches Niveau
Dass auch die neue Gould-Besetzung höchstes stilistisches und gestalterisches Niveau garantiert, bestätigte sich schon im angenehm unprätentiös und entspannt eröffnenden g-Moll-Trio Hob. XV:19 (1794) von Joseph Haydn. Benjamin Friths virtuos hervortretender Klavierpart erschien dabei dank kluger Differenzierungskunst nie unangemessen dominant, bestens ergänzt durch die schlanke Artikulation der Geigerin und den trotz eher begleitender Rolle stets fein akzentuierenden Cellisten. Geistvoll in den Andante-Auftaktvariationen, sehr gesanglich im Es-Dur-Adagio, spielfreudig im Presto-Finale: Frith, Gould und Lester überzeugten als veritable Haydn-Kenner.
Spektakuläre Wunderkind-Genialität offenbarte das 1910 vollendete D-Dur-Klaviertrio opus 1 des damals kaum 13-jährigen Wieners Erich Wolfgang Korngold, der später als Opernkomponist („Die tote Stadt“) und Pionier der Hollywood-Filmmusik (Oscar 1939 für „Robin Hood“) eine gleichermaßen schillernde Karriere machte.
In diesem ersten von mehreren Kammermusikwerken bietet der mit allen künstlerischen Wassern gewaschene Jungkomponist tönenden Jugendstil par excellence, dessen überbordende Fülle an Einfällen und (harmonischen) Raffinessen oft wie eine originelle Mischung aus Max Reger und Richard Strauss klingt.
In den ausladenden Ecksätzen allerdings führt Korngolds schwerlich zu bändigender Ideenreichtum doch zu gewissen Längen, die auch das Gould Piano Trio trotz höchst emphatischen und kultivierten Zugriffs kaum überspielen konnte. Faszinierend aber gelangen das herrlich burschikose Scherzo-Kabinettstück und vor allem der exquisite langsame Satz, der Korngolds melodisches Genie bereits ebenso unverkennbar wie unwiderstehlich leuchten ließ. Nur hartnäckige Kostverächter dürften da widerstanden haben.
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Beileibe kein Kostverächter war Johannes Brahms, dessen 1882 fertiggestelltes C-Dur-Trio opus 87 manchem als eher sprödes und undankbares Werk gilt. Die britischen Gäste bewiesen mit ihrer von plakativen Brahms-Klischees wohltuend freien, dafür von einnehmender Wärme und Noblesse geprägten Interpretation das Gegenteil. Dabei wirkten alle drei Parts einmal mehr klanglich bestens ausbalanciert und ausdrucksmäßig genauestens aufeinander abgestimmt. Besonders gut getroffen war das charakteristisch ungarische Kolorit der schwärmerischen a-Moll-Variationen (Andante con moto) und des wahrhaft „giocoso“ befeuerten Finalsatzes. Brahms-Liebhaber kamen hier voll auf ihre Kosten.
Dem kräftigen Schlussbeifall der rund 200 Konzertbesucher ließ das gewinnende Ensemble mit dem „Andante grazioso“-Herzstück aus KV 542 (E-Dur) noch einen der schönsten Triosätze Mozarts als Zugabe folgen.
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