Festplatz

Bensheimer Zeltdorf wird winterfest gemacht

286 Personen leben zurzeit im Zeltdorf auf dem Festplatz in Bensheim - und es sieht nicht danach aus, als ob die provisorische Unterkunft demnächst ausgedient hätte.

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Dirk Rosenberger
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Das Zeltdorf für Geflüchtete auf dem Festplatz am Berliner Ring muss winterfest gemacht werden. Zurzeit sind dort 286 Personen untergebracht. © Thomas Neu

Bensheim. 286 Personen leben zurzeit im Zeltdorf auf dem Festplatz in Bensheim - und es sieht nicht danach aus, als ob die provisorische Unterkunft demnächst ausgedient hätte. Landrat Christian Engelhardt hatte im Kreistag bereits kurz vermeldet, dass die Zelte am Berliner Ring nun winterfest gemacht werden müssten.

Auf Nachfrage dieser Zeitung bestätigte das Landratsamt am Donnerstag das Vorhaben und nannte Details. „Es findet ein Umbau der Lüftung statt, zudem werden Kältebrücken beseitigt“, erläuterte der zuständige Kreisbeigeordnete Matthias Schimpf. Zusätzliche Heizungen müssen nicht installiert werden, diese seien schon von Anfang an vorhanden und bei Bedarf bereits in Betrieb.

Mit welchen Kosten die jahreszeitlich bedingte Aufrüstung verbunden ist, lässt sich noch nicht sagen. „Es werden derzeit Angebote für die beschriebenen Maßnahmen eingeholt“, so Schimpf. Die drei Großraumzelte können bis zu 1000 Personen aufnehmen. Das Camp wurde im Frühjahr als zentrale Anlaufstelle für Geflüchtete aus der Ukraine errichtet.

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Neben den Schlafzelten mit Stockbetten und Spinden gibt es ein Zelt für Catering, Betreuung und soziale Aktivitäten sowie ein Quarantänezelt. Im Eingangsbereich sind ein Info-Punkt und ein Pavillon für die Registrierung aufgestellt.

Hinzu kommen die Sanitärcontainer mit WC und Duschen, die hinter den Schlafstätten zum Sportpark West hin aufgebaut wurden. In weiteren Containern sind fest installiert 36 Waschmaschinen und 18 Trockner untergebracht.

Im Sommer hieß es zunächst, dass die Unterkünfte vorerst nicht mehr benötigt würden, sobald alle Bewohner nach Lindenfels in das ehemalige Luisenkrankenhaus umgezogen sind. Dies war Ende Juni, Anfang Juli der Fall. Leere Betten gab es auf dem Gelände danach allerdings nicht, das Zeltdorf blieb durchgängig belegt.

„Die Annahme, dass die Zahl der Menschen, die aus der Ukraine flüchtet, abnimmt, ist nicht eingetreten, auch ist derzeit keine Rückkehr der Menschen in ihre Heimat in größerem Umfang zu verzeichnen“, erläuterte der Dezernent die Hintergründe. Da derzeit Unterkünfte auf dem Markt schwer zu bekommen seien, sowohl größere als auch Wohnungen, sei die durchgehende Belegung notwendig geworden. Noch immer würden Wohnungen für die Menschen aus der Ukraine gesucht, die in der Miethöhe „den jeweiligen Kosten der Unterkunft des Job-Centers entsprechen sollten. Nach wie vor können solche Mietangebote an den Kreis herangetragen werden“, konstatierte Schimpf.

Mit einer Entspannung der Lage ist also nicht zu rechnen. Beim Ausländer- und Migrationsamt wurden seit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine bisher 3340 ukrainische Flüchtlinge registriert. In dieser Zahl enthalten sind auch Geflüchtete, die im Kreis registriert wurden, sich inzwischen aber wieder abgemeldet haben - durch Wegzug ins Ausland oder in eine andere Gemeinde. Über die Meldebehörden sind aktuell 2646 ukrainische Flüchtlinge im Kreis gemeldet. Davon wurden 990 Personen in Gemeinschaftsunterkünfte und Privatwohnungen untergebracht.

Abgesehen von den Menschen aus den Kriegsgebieten kommen wieder mehr Geflüchtete aus anderen Ländern nach Deutschland und damit auch in den Kreis Bergstraße. Im ersten Halbjahr waren es nach Auskunft aus dem Landratsamt 460 Asylbewerber, im dritten Quartal wurden 57 Personen vom Land zugewiesen, zusätzlich zu den Flüchtlingen aus der Ukraine.

Aus Wiesbaden wurde den Verantwortlichen in Heppenheim mitgeteilt, dass man künftig wöchentlich mit 50 Personen zu rechnen habe, die es unterzubringen gilt, plus 45 bis 50 Geflüchtete aus der Ukraine. Allerdings wurden diese Wochenzahlen mit 64 beziehungsweise 76 Menschen aktuell bereits überschritten.

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Die Zelte in Bensheim werden nach Auskunft von Matthias Schimpf wohl auch über den Winter hinaus benötigt. „Es ist feststellbar, dass der Immobilienmarkt erschöpft ist und es stetig schwieriger wird, Unterkünfte auf dem Markt zu akquirieren.“ Seit November 2021 sei es dennoch gelungen, für Asylbewerber neue Unterkünfte für rund 250 Personen zu akquirieren, allerdings gelinge dies nun immer weniger.

Parallel zur Belegung der Zeltstadt bemühe man sich weiterhin um Alternativen. Das wären größere Unterkünfte, die sind auf dem Markt jedoch kaum verfügbar. Für die Zelte, die vor mehr als einem halben Jahr unter Hochdruck beschafft werden mussten, wird eine Jahresmiete von 780 000 Euro fällig. Darüber hinaus hatte der Kreis 750 Stockbetten für 350 000 Euro gekauft.

Hinzu kommen Kosten für den laufenden Betrieb. Personal, Catering, Strom, Wasser müssen bezahlt werden. Betrieben wird die Einrichtung vom Deutschen Roten Kreuz. Der Verein Wir sind Bergstraße, das Familienzentrum und weitere ehrenamtliche Akteure kümmern sich von Anfang an um die Menschen auch in den Zelten und versorgen diese mit Spenden, unterstützen bei Behördengängen und helfen bei alltäglichen Anliegen (wir haben mehrfach berichtet).

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