Bensheim. Die Perspektiven schüren Zuversicht: Mit der Stiftung Kolping-Bildungswerk Württemberg hat die Liebfrauenschule Ende letzten Jahres einen neuen Träger gefunden, der mit einem soliden finanziellen Fundament und dem bewährten pädagogischen Konzept der Schule eine Zukunft geben und ihre christliche Ausrichtung fortführen will.
Das Bistum Mainz hatte zugestimmt, dem Nachfolger in den kommenden eineinhalb Jahren schrittweise die Trägerschaft zu übertragen. Als Verhandlungsführer für das Bildungswerk dankte Vorstand Markus Schwaigkofler jetzt der Stiftung Freunde der Liebfrauenschule sowie dem Förderverein und der Schulleitung für die Unterstützung auf Bensheimer Seite.
Es war die erste Sitzung des neuen Stiftungsrats gemeinsam mit dem Vorstand der Stiftung Liebfrauenschule und Vertretern des Trägers. Sie diente in erster Linie dem konstruktiven Austausch der Akteure, von denen sich einige bis dahin noch nicht persönlich gegenübergestanden haben.
"160-jährige Tradition und pädagogische Qualität"
Für den Stiftungsvorstand begrüßten Ernst-Ludwig Drayß und Claudia von Falkenhayn die Gäste in der LFS, die in Bensheim laut Schwaigkofler zurecht einen ausgezeichneten Ruf genieße - nicht nur wegen ihrer über 160-jährigen Tradition und der pädagogischen Qualitäten, sondern auch aufgrund des sozialen Engagements der gesamten Schulgemeinde. „Wir haben vor Ort viel Zustimmung erfahren“, kommentierte er die Gesprächsbereitschaft mit dem Bildungswerk und die hohe Solidarität mit dem katholischen Mädchengymnasium.
Schwaigkofler betonte, dass man als Träger in erster Linie administrative und strategische Belange managen und der Schulleitung mehr Raum für die pädagogische Arbeit ermöglichen will, die ausdrücklich in den Händen der LFS bleiben soll.
Auch am Selbstverständnis der Schule soll sich zumindest in der nächsten Zeit nichts ändern. Das betrifft auch den Charakter als Mädchengymnasium. Daran will man vorerst festhalten, wenngleich dieses Thema mit der Leitung auch weiterhin diskutiert werden müsse. Letztlich gehe es um den Bedarf in der Region und das grundsätzliche Interesse an einem solchen Gymnasium.
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Laut Bildungswerk soll die LFS ihre Stärken am Standort ausspielen und sich als attraktive Bildungseinrichtung positionieren. Der Träger mit Hauptsitz in Stuttgart wolle einen Beitrag leisten, um die renommierte Schule und damit ein Stück Privatschulkultur in Bensheim zu erhalten. Als Mitglied eines großen Verbunds mit bundesweit rund 150 Schulen werde die Bensheimer Schule künftig die Synergien eines großen Schulträgers nutzen können, sagte der neue LFS-Geschäftsführer Peer-Arne Kniep, der auch das Englische Institut Heidelberg und das Mannheimer Kurpfalz-Gymnasium betreut - beides staatlich anerkannte Privatschulen in freier Trägerschaft.
Beim Treffen vor Ort teilte Markus Schwaigkofler außerdem mit, dass (aus Platzgründen und finanzieller Planungssicherheit) der Realschulzweig schrittweise auslaufen wird. Schülerinnen des Realschulzweiges können aber regulär ihre Schulzeit an der Liebfrauenschule beenden, heißt es.
Allerdings sei die Absage an den Realschulzweig als aktuelle Entscheidung nicht dauerhaft in Stein gemeißelt. Bezüglich der langfristigen Perspektiven der LFS will sich das Bildungswerk offenbar ein gewisses Maß an Flexibilität offenhalten. „Es gibt keine Denkverbote.“ Niemand könne klar sagen, wohin die Reise in den kommenden Jahren gehen wird, so der Vorstand.
Aktuell soll das Schulgeld nicht erhöht werden
Auf die Frage nach dem Schulgeld wurde er konkreter: Hier sei aktuell keine Erhöhung geplant. Der 2019 vom Bistum Mainz aufgrund sinkender Einkünfte eingeführte Beitrag in Höhe von monatlich 90 Euro für das erste Kind werde vorerst beibehalten. Eine „moderate Anpassung“ auf etwa 110 Euro für neue Fünftklässler wollte er aber nicht ausschließen.
In keiner der vom Bildungswerk getragenen Schulen rangiere der Elternbeitrag bei mehr als 160 Euro. „Wir sind gemeinnützig“, betonte Schwaigkofler in Bensheim. Offiziell spricht man von einem Bestandsschutz für das Schulgeld im Rahmen der normalen Preissteigerungen.
Die Liebfrauenschule war immer eine Privatschule, die als sogenannte Ersatzschule im Wesentlichen über staatliche Zuschüsse finanziert worden ist. Das soll nach dem Willen aller Beteiligten auch in Zukunft so bleiben. Nach dem hessischen Ersatzschulfinanzierungsgesetz sollen die staatlichen Zuschüsse nur den wesentlichen Teil der Kosten einer Ersatzschule abdecken. Den Rest müsse der Schulträger aus anderen Quellen, in der Regel durch Schulgeld, aufbringen.
Stiftungsratsvorsitzender Christian Schuerr begrüßte neben Schulleiterin Ursula Machnik die ehemalige Schulleiterin Sabine Nellessen-Kohl (Mitglied des Stiftungsrats) sowie die Zustifter GGEW in Person von Marketingleiterin Susanne Schäfer, Josef Rösch aus dem Vorstand der Kolpingsfamilie Bensheim und Torsten Wienold, stellvertretender Vorstand der Sparkasse.
Er blicke nun zuversichtlich auf die kommenden Jahre. Es sei ein wichtiges Signal, dass sich lokale Unternehmen und Institutionen an der Stiftung beteiligen. Die Krise der Schule habe ein hohes Maß an Solidarität und Zusammenhalt ausgelöst. Das Bildungswerk mit einem Umsatzvolumen von rund 100 Millionen Euro im Jahr wird die LFS offiziell zum August 2023 übernehmen. Bis dahin managt Peer-Arne Kniep die Übergangsphase.
Die Vergangenheit wurde beim Treffen nur knapp gestreift: Nachdem das Bistum Mainz und die International School on the Rhine den Prozess des Trägerschaftswechsels vor den Sommerferien 2021 ergebnislos beendet hatten, wurden die folgenden Monate intensiv genutzt, um eine tragfähige Lösung zu finden. Ursula Machnik ist damit zufrieden. Die Schulleiterin äußerte sich positiv über die weitere Zukunft mit dem Fokus aus einer hochklassigen Mädchenbildung auf christlichen Fundamenten.
Keine existenzielle Abstürze zu erwarten
Man fühle sich gut unterstützt von den beteiligten Gremien und arbeite nun an neuen Angeboten und Projekten, die in das Konzept einfließen sollen. Brit Krüger vom Förderverein kündigte an, die Inhalte und Ziele der Schule künftig noch stärker in die Öffentlichkeit zu transportieren, um die Schülerzahlen auf hohem Niveau zu etablieren.
Ernst-Ludwig Drayß betonte, dass es für die LFS neben der bewährten pädagogischen Ausrichtung auch weiterhin ein effizientes Finanzmanagement geben wird. Der Verein der Freunde der Liebfrauenschule und die Stiftung wollen dem neuen Träger über die satzungsgemäß definierte finanzielle Unterstützung zur Seite stehen.
Drayß wies darauf hin, dass das gestiftete Kapital (derzeit rund 1,5 Millionen Euro) nicht angegriffen werden darf. Das ist der große Unterschied zu einem Förderverein, der Spenden unmittelbar verwenden kann. Eine Stiftung darf nur Kapitalerträge nutzen.
Daher appellierte er an die Zustifter, die Stiftungsbeiträge eher gering zu halten und sich stattdessen mehr auf Spenden zu konzentrieren. Zumal die Stiftungsarbeit aufgrund des weiterhin niedrigen Zinsniveaus „einer Gratwanderung“ gleichkomme. Was die Zukunft der Liebfrauenschule angeht, sind existenzielle Abstürze derzeit wohl nicht mehr zu erwarten.
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