Ukraine

Bensheimer Familienzentrum hilft Geflüchteten aus der Ukraine

Von 
Gerlinde Scharf
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Im Familienzentrum Bensheim treffen sich aus der Ukraine geflüchtete Menschen zum Sprachkurs mit Alina Kumbi (re.). © Zelinger

Bensheim. Schnell und unbürokratisch hat das Familienzentrum gehandelt, als immer mehr Geflüchtete aus der Ukraine - zum Großteil Frauen mit Kindern - nach Bensheim kamen.

„Wir wollen den Menschen mit Herz und Verstand dabei helfen, sich einzugewöhnen und die fremde Sprache zu lernen“, bestätigen die Vorsitzende Birgit Siefert und Katharina Naegele von der Geschäftsleitung: „Wir haben die Not gesehen und machen einfach. Die Finanzierung des Projekts stand für uns erst einmal an zweiter Stelle. Jetzt wird es aber dringlich und wir brauchen dringend Unterstützung und hoffen auf Spenden. Wir stoßen an unsere Kapazitätsgrenzen.“

Schlimme Schicksale

Auf staatliche Fördermittel darf das Familienzentrum derzeit nicht hoffen, denn Gelder fließen nur dann, wenn sich die Maßnahme noch in der Planungsphase befindet und nicht am Start ist. „Solange wollten und konnten wir nicht warten. Die schlimmen Schicksale bewegen uns sehr“, versichern Siefert und Naegele übereinstimmend.

Viele der geflüchteten Frauen und Kinder sind traumatisiert und wollen nicht über ihre Männer und Väter sprechen, die in der Ukraine geblieben sind und dort für ihr Land kämpfen. Die beiden berichten über eine Frau, die sich mit ihrem Neugeborenen auf die Flucht begeben hat: „Sie wollte unbedingt, dass das Kind in der Ukraine geboren wird, damit der Vater es noch sehen kann. Erst dann ist sie geflüchtet.“

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Seit etwa vier Wochen finden einmal pro Woche Vernetzungstreffen in den Räumen des Familienzentrums statt, bei denen sich ukrainische Familien kennenlernen, untereinander austauschen und miteinander kochen. Regelmäßig kommen etwa 40 bis 70 Personen, „alle sind privat bei Gastfamilien und in Hotels in Bensheim untergebracht“.

Mit dabei sind einige Personen, die bereit sind oder überlegen, Wohnraum für die Kriegsflüchtlinge bereitzustellen und zunächst das Prozedere abklären wollen. „Ein älterer Herr hat den Kühlschrank mit Lebensmitteln vollgepackt und wartet jetzt, dass die Geflüchteten einziehen“, verrät die Vorsitzende. Jeweils donnerstags treffen sich die Frauen mit ihren zumeist kleinen Kindern im Café Storch zum Sprachkurs: „Sie sind sehr wissbegierig und wollen unbedingt Deutsch lernen“, bekräftigt Birgit Siefert. Das Angebot beinhalte zwar keinen zertifizierten Kurs, aber es mache die Menschen mit der Alltagssprache vertraut, so dass sie die Anfangshürden in der Fremde meistern können.

Ansprechpartner und Koordinator

Während die Erwachsenen mit Alina Klumbis die fremde Sprache büffeln, werden die Kinder im Alter von sieben bis zwölf Jahren solange im benachbarten Gebäude betreut. „Unsere Mitarbeiterinnen verständigen sich mit Händen, Füßen und Mimik. Das gelingt recht gut“, versichert Katharina Naegele.

Das Familienzentrum versteht sich als Ansprechpartner und Koordinator, auch zwischen den Gastfamilien. „Wir beraten nicht“, macht die Geschäftsführerin deutlich, „und wir sind auch keine Sammelstelle für Sachspenden. Wir suchen bedarfsgerecht nach Kleidung für Kinder, Frauen und Männer, nach einem Laufrad, einem Roller oder Schreibwaren, Katzen- und Hundefutter.“ Was aktuell gebraucht wird, erfährt man auf Plakaten im Spenden-Fenster des Familienzentrums.

Um das Angebot für Geflüchtete aufrechtzuerhalten - das derzeit noch auf den Schultern vieler Ehrenamtlicher lastet - und möglicherweise zu erweitern, bittet das Familienzentrum vor allem um Geldspenden: „Wir brauchen Spenden von den Bensheimern und bitten um Vertrauen. Wir haben eine extra Kostenstelle eingerichtet, die gewährleistet, dass die Gelder nur für die Kriegsflüchtlinge Verwendung finden“, versichern Siefert und Naegele, die sich deutlich gegen Ausgrenzung jedweder Art zur Wehr setzen: „Wir haben auch acht russische Übersetzer und setzen uns für Frieden für Familien ein. Wir wollen, dass es allen gut geht.“ Gesucht werden zudem dringend weitere Übersetzer für Ukrainisch und Lehrer.

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Klare Worte findet die Vorsitzende zum Thema Unterbringung der Kriegsflüchtlinge: „Ich finde es sehr schade, dass in Bensheim eine Zeltstadt für die geflüchteten Frauen und Kinder, die aus einem Kriegsgebiet kommen, ihr Männer und Väter zurückgelassen und alles verloren haben, aufgebaut wird.“ Es müsse doch möglich sein, so Siefert weiter, für die Geflüchteten eine menschenwürdige Unterkunft zu finden, entweder in Sporthallen, leerstehenden Hotels, freien Hoteletagen oder bei Privatpersonen. Es brauche mehr Informationen und eine bessere Vernetzung.

Vergleichbare Angebote für ukrainische Familien wie in Bensheim bietet das Familienzentrum auch in seiner Außenstelle in Lampertheim an.

Freie Autorin Seit vielen Jahren "im Geschäft", zunächst als Redakteurin beim "Darmstädter Echo", dann als freie Mitarbeiterin beim Bergsträßer Anzeiger und Südhessen Morgen. Spezialgebiet: Gerichtsreportagen; ansonsten alles was in einer Lokalredaktion anfällt: Vereine, kulturelle Veranstaltungen, Porträts. Mich interessieren Menschen und wie sie "ticken", woher sie kommen, was sie erreiche haben - oder auch nicht-, wohin sie wollen, ihre Vorlieben, Erfolge, Misserfolge, Wünschte etc.

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