Für Fürsten, Filmstars und James Bond - das Karlsbader Hotel Pupp

2006 entsteht im Karlsbader Hotel Pupp der James-Bond-Klassiker „Casino Royale“ – einer der vielen Höhepunkte in der Geschichte dieser Nobelherberge, die im Jahre 1701 beginnt. Damit ist dieses Haus eines der ältesten Grandhotels weltweit und Spiegelbild seiner Zeit

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Konstantin Groß
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Hell erleuchtet präsentiert sich das Grandhotel Pupp und entfaltet damit auch im Dunkel seine ganz Pracht. © Konstantin Groß

Karlsbad. Über Gästebücher verfügen viele Hotels. Doch die Art, wie das Grandhotel Pupp in Karlsbad seine berühmten Besucher verewigt, das ist einzigartig: auf Metalltafeln, die ins Straßenpflaster am Haupteingang eingelassen sind. Zwischen einem dicken Bentley und (meinem) Ford Fiesta lese ich auf dem Boden zum Beispiel: „Giacomo Casanova 1785“, „Karl Marx 1847“, „John Travolta 2013“. Das Pupp ist eben nicht nur eines der größten, sondern auch eines der ältesten Grandhotels überhaupt.

Auf Grund seiner Heilquellen ist das böhmische Karlsbad seit dem Mittelalter als Kurort beliebt. Auch König August der Starke ist Stammgast. Auf dem Grundstück des heutigen Hotels, einer Wiese am Fuße des Berghangs, lässt er 1701 für Festivitäten ein „Lusthaus“ errichten – eine Party-Location, würde man heute sagen. Genannt wird sie „Sächsischer Saal“, ist August doch Landesherr Sachsens. 1715 baut der Besitzer der Wiese, der Bürgermeister von Karlsbad, ein zweites Gasthaus und nennt es „Böhmischer Saal“ – Zeichen des aufkommenden tschechischen Nationalbewusstseins.

Goethe ist begeistert

1767 siedelt sich ein 24 Jahre junger Bäcker namens Johann Georg Pupp in der aufstrebenden Kurstadt an. Hier findet er Arbeit in einer Konditorei und seine Frau. Mit ihrem Geld erwirbt er sukzessive Anteile am Böhmischen Saal, bis ihm 1778 diese prosperierendste Gastwirtschaft der Kurstadt ganz gehört.

Sie hat prominente Gäste. 1807 verewigt Goethe die beiden Gasthäuser in einem Bild. „Was ich dort gelebt, genossen/Was mir all dorther entsprossen/Welch Freude, welche Kenntnis/Wär ein allzu lang Geständnis“, schwärmt er über seinen Besuch. 1812 spielt Ludwig van Beethoven hier auf, 1828 gibt der Geigengott Nicolo Paganini, auf Kur, ein Konzert – obwohl ihn Zahnschmerzen quälen, wie überliefert ist.

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Mitte der 1870er Jahre sind hier bereits 160 Kellner, Köche, Konditoren und Verwalter beschäftigt. Man nennt sich weltmännisch auf Französisch „Etablissement Pupp“. Das alles gilt zunächst nur für den Böhmischen Saal, den Sächsischen erwerben die Pupps erst 1890.

Neubau nach der großen Flut: Seit 1893 hat das Hotel sein heutiges Aussehen

Im gleichen Jahr bricht eine große Flut über die Stadt herein, lädiert die Hotels. Die Reparaturkosten wären immens. So entschließen sich die Pupps zu einem großen Wurf: einem Neubau. Zu seiner Finanzierung gründen sie eine Aktiengesellschaft, kurz darauf beginnen der Abriss der beiden Säle und der Neubau eines Hotels, wie es sich äußerlich bis heute präsentiert – im Stil des Historismus mit deutlichem Akzent auf dem Jugendstil. Die Zimmer verfügen über fließendes kaltes und warmes Wasser, elektrisches Licht, Toilettenspülung, Telefon. Die Fahrstühle liefert die Firma Otis aus New York.

Allerdings bleibt der Kurhotel-Charakter sichtbar: Noch immer ist das Haus nur in der Saison vom 1. April bis 15. Oktober geöffnet. Erster Hotelgast im Neubau ist 1893 der Sultan aus Johor. In der Blütezeit der k.u.k.-Monarchie geben sich Fürsten die Klinke in die Hand. 1900 ist der Schah von Persien zu Gast, 1904 Kaiser Franz-Joseph von Österreich.

Karlsbad bereitet ihm einen großen Empfang. Die Straßen sind mit Triumphbögen geschmückt. Die Juniorchefs des Pupp, Heinrich, Karl und Julius, reihen sich vor dem Hotel auf, um Seine Majestät zu begrüßen. Im Festsaal genießt er ein Essen mit 200 Gästen, dem ein Nickerchen in der luxuriösesten Suite folgt.

Drei Jahre später stirbt Seniorchef Anton Pupp. Für den Ruf und die Bedeutung seines Hotels mag zeugen, dass die Nachricht von seinem Tode am 10. Oktober 1907 sogar in der „New York Times“ erscheint.

Das prachtvolle Interieur des Hotels Pupp vor dem Ersten Weltkrieg, hier bei einer Zusammenkunft der Eigentümer-Familie Pupp im Jahre 1912. © Hotel Pupp

Der Erste Weltkrieg und die Nachkriegszeit bedeuten für das Pupp eine tiefe Zäsur. Das Haus liegt nun nicht mehr im Kaiserreich Österreich-Ungarn, das untergeht, sondern in der neu entstandenen Tschechoslowakischen Republik.

Damit gerät das Hotel mitten in die politischen Auseinandersetzungen über die von Deutschen besiedelten Gebiete der Tschechoslowakei, die nach der Machtübernahme der Nazis in Deutschland 1933 von diesen bewusst geschürt werden – und entsprechende Reaktionen der Prager Regierung provozieren.

So erlässt die Tschechoslowakei folgendes Gesetz: Ist die Aktienmehrheit eines Unternehmens in ausländischer Hand, dann stellt die Regierung einen Vertreter im Aufsichtsrat. Das wollen die Pupps nicht. Um die „tschechische“ Mehrheit im Gremium zu erreichen, wird Hoteldirektor Heinrich Gerlach, Angehöriger der Familie Pupp, 1938 Staatsbürger der Tschechoslowakei, verbunden mit der Wehrpflicht.

Auch in Karlsbad wird der Krieg immer spürbarer

Doch ist eine gefährliche Zeit, die der Sudetenkrise: 1938 fordert Hitler von der Tschechoslowakei die Abtrennung der von Deutschen besiedelten Gebiete. Es droht Krieg. In einem solchen will Gerlach aber nicht kämpfen oder gar sterben, so macht er sich aus dem Staub nach Wien.

Mehr erfahren über das Hotel Pupp

Anreise: Von Mannheim nach Karlsbad sind es 450 Kilometer, mit dem Auto also vier Stunden Fahrzeit. Per Zug dauert es sechs Stunden und ist mühsam – mit dreimaligem Umsteigen; auch 33 Jahre nach Ende der Spaltung Europas gibt es hier keine bequeme West-Ost-Verbindung.

Hotel Pupp: Während der Corona-Pandemie komplett renoviert, wobei das historische Flair des Grandhotels erhalten blieb. 228 Zimmer, je nach Wochentag schon ab 120 Euro – dank der weit niedrigeren Lebenshaltungskosten in Tschechien.

Literatur: Zur Geschichte des Hotels gibt es einen prachtvollen Band aus 2010 – im DIN-A-4-Format mit 165 Seiten und vielen historischen Fotos. Autor Stanislav Burachovic hat Fehler früherer Veröffentlichungen korrigiert, Legenden entzaubert und dennoch ein spannendes Werk verfasst. Für 25 Euro im Hotel zu erhalten.

Filme: Das Pupp war Drehort vieler bekannter Streifen, so für „Der Ring aus Stein“ (1996) mit Michael York und Nastassja Kinski und die Komödie „Noch einmal Ferien“ (2006) mit Gérard Dépardieu und Queen Latifah. Der Festsaal ist zu sehen im Film „Edith Piaf“ (2007), das Pupp selbst Vorlage für das „Grand Hotel Budapest“ in der gleichnamigen Tragikomödie (2014) von Wes Andersen.

James Bond: Am bekanntesten ist das Pupp jedoch dank des James-Bond-Klassikers „Casino Royale“ mit Daniel Craig als „007“ und Eva Green als Begleiterin Vesper Lynd. Man sieht die beiden in der Bar, im Lift und auf dem Parkplatz. Das Pupp heißt im Film „Splendide“ und liegt in Montenegro. Doch der groß gewachsene Portier ist echt: Peter Brodsky. -tin

Doch der Krieg bleibt aus: Die Westmächte lassen die Tschechoslowakei fallen, die ihre deutsch geprägten Gebiete nun kampflos abtreten muss. Gerlach kann nach Karlsbad zurückkehren, „in das von Hitler ,befreite’ Zuhause“, wie seine Frau vieldeutig schreibt. Gerlachs Neffe Egon von Mattoni-Pupp ist Gegner der Nazis. Als Homosexueller und unter dem Vorwand von Devisenvergehen wird er im KZ Groß-Rosen bei Breslau inhaftiert.

Im Laufe der Zeit wird auch zuhause in Karlsbad der Krieg immer spürbarer. Für Speisen im Hotel müssen die Gäste ihre entsprechende Lebensmittelmarken mitbringen. Schließlich werden die Kaffee-Bestände des Hotels, 5000 Kilogramm, beschlagnahmt; deutsche U-Boot-Besatzungen trinken fortan Kaffee aus dem Pupp. Ab 1944 verwandelt sich das Hotel in ein Lazarett für Offiziere. Auf dem Dach wird eine weiße Plane mit rotem Kreuz platziert.

Nach der Kapitulation gehört Karlsbad zur sowjetischen Besatzungszone. Rotarmisten besetzen das Hotel und fordern von Hoteldirektor Gerlach mit vorgehaltenen Waffen den Schlüssel für den Weinkeller. Was folgt, lässt sich denken.

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Nach dem Krieg verstaatlicht

Aus dem KZ zurückgekehrt, muss Egon von Mattoni-Pupp die Übergabe des Hotels an den wieder erstandenen tschechoslowakischen Staat abwickeln. Nach 180 Jahren endet seine Hotel-Dynastie. Das Haus mit seinen 520 Betten in 400 Zimmern wird nun von Bauern und Arbeitern genutzt. „Anständig zu leben und zu essen, ist nicht mehr das Vorrecht der Reichen“, jubelt die örtliche Parteizeitung: „Die heutigen Gäste im Pupp tragen nicht mehr einen Monokel, sondern sie tragen im Kopf die letzten Beschlüsse des Zentralkomittees der Kommunistischen Partei der Tschechoslowakei“. 1951 wird das Pupp denn auch in Moskva (Moskau) umbenannt.

Doch Mitte der 1950er Jahre wird es als Grandhotel reaktiviert, um Devisen zu gewinnen: 400 Angestellte servieren 180 Gerichte, Gäste aus 65 Staaten sind verzeichnet, darunter Henry Fonda und Gina Lollobrigida beim Filmfestival 1968 – bevor die Niederschlagung des Prager Frühlings Kontakte erneut unterbricht.

1989 jedoch wird die demokratische Revolution ein Erfolg, das Pupp wieder privatisiert – als AG – und erhält den alten Namen zurück. Dafür verpflichten sich die neuen Besitzer vertraglich, „allen Mitgliedern der Familie Pupp einen kostenlosen Aufenthalt im Doppelzimmer mit Frühstück zu gewähren“ – an 40 Tagen pro Kalenderjahr. „Nicht ausgenützte Aufenthalte werden ins nächste Jahr übertragen“ – sogar dieses Detail wird also geregelt.

Eintrag von Daniel Craig („Danke für die Gastfreundschaft“), Eva Green („Es war ein Vergnügen“) und Kollegen im Hotel-Gästebuch 2006. © James-Bond-Museum Nybro

1992 kommt Gorbatschow zur Kur, Filmstars folgen zu den Festivals. Aber das Pupp ist auch selbst Drehort, so etwa 2006 im Bond-Klassiker „Casino Royale“. Darin lässt sich Daniel Craig im Rolls-Royce vorfahren – auf dem eingangs erwähnten Platz vor dem Pupp.

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