Interview

Warum Alfons die Deutschen noch nicht ganz verstanden hat

Puschelmikro, Trainingsjacke, „frongsösische Accent“: So kennt man Alfons. Am 25. Oktober ist er mit seinem „Le Best Of“ im Mannheimer Capitol. Wir haben mit ihm (auch) darüber gesprochen

Von 
Martin Vögele
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Hat Trainingsjacke und Puschelmikro zu seinen Markenzeichen gemacht: Kabarettist Alfons. © Guido Werner

Mannheim. Puschelmikro, Trainingsjacke, „frongsösische Accent“: Kabarettist Emmanuel Peterfalvi hat mit Reporter Alfons eine Kultfigur geschaffen. Am 25. Oktober tritt er mit seinem Programm „Le Best Of“ im Mannheimer Capitol auf.

Alfons, „Keine Sorge, ich bin bald zurück – ich bleibe nur so lange, bis ich die Deutschen verstanden habe“, sollen Sie ihren Freunden gesagt haben, als sie Frankreich vor über 30 Jahren verließen. Sie sind offenkundig noch hier, haben Sie sie etwa nicht durchweg verstanden?

Alfons: Nein, zum Glück nicht. Die Deutschen sind viel mysteriöser und viel interessanter, als sie vielleicht von sich denken. Ich höre immer mal wieder Deutsche, die mir sagen, „Aber Du bist doch Franzose, warum kehrst du nicht zurück,du hättest doch viel mehr Spaß in Frankreich als in Deutschland, Ihr wisst, wie man ‘La joie de vivre’ genießt.“ Ich habe immer das Gefühl, dass die Deutschen sich sehr unterschätzen, was das angeht – und ich lebe letztendlich davon (lacht), ich lebe davon, euch zu kitzeln und nicht zu laut zu sagen: „Ihr seid echt in Ordnung“.

Mehrfach ausgezeichneter Kabarattist

  • Emmanuel Peterfalvi alias Alfons wurde 1967 in Paris geboren.
  • 1991 kam er nach Deutschland, wo er erst beim Pay-TV-Sender Premiere arbeitete.
  • Mit Co-Autor Ralf Schulze entwickelte er die Figur des Reporters Alfons, mit der er seit Mitte der 1990er Jahre in verschiedenen ARD-Formaten auftrat.
  • Seit 2006 moderiert er „Alfons & Gäste“ im SWR, 2009 folgte „Puschel TV“ in SWR/SR, WDR, NDR und ARD.
  • 2017 nahm Peterfalvi neben der französischen auch die deutsche Staatsbürgerschaft an.
  • 2019 wurde er mit dem Bayerischen Kabarettpreis, 2020 mit dem Deutschen Kleinkunstpreis ausgezeichnet. 2021 erhielt er für seine „Verdienste für die Kultur und Toleranz und Humanität“ das Bundesverdienstkreuz.
  • Mit seinem „Le Best Of“-Programm gastiert Alfons am Mittwoch, 25. Oktober, 20 Uhr, im Mannheimer Capitol.
  • Karten und Infos unter Tel. 0621/3367333 und www.capitol-mannheim.de.

„Le Best Of“ heißt Ihr aktuelles Programm. Was sind Ihre persönlichen Favoriten, die schönsten oder seltsamsten Marotten der Deutschen?

Alfons: Oh, es gibt immer wieder welche, das ist das Schöne, und auch das Schöne an diesem Programm „Le Best Of“ – es ist ein Programm, das sehr variiert, eigentlich von Abend zu Abend. Zum einen, weil es immer wieder Zuschauer gibt, die sich besondere Dinge wünschen. Das heißt, ich kriege ein paar Tage vorher eine Mail: „Hey, Alfons, du bist in Mannheim mit ‘Le Best Of’, könntest du mal den Film zeigen oder die Geschichte erzählen?“ Es ist ein sehr variables Programm. Und dann gibt es natürlich immer Dinge in der Aktualität, die ich wiedergebe. Im Moment hat die Aktualität nicht so viel Talent, könnte man sagen. Aber Ihr könnt auf mich zählen, ich finde trotz unglaublich schlechter Nachrichtenlage immer wieder schöne Geschichten, und die erzähle ich euch.

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Was können – ganz ernsthaft gesehen – beide Nationen voneinander lernen?

Alfons: Oh, eine Menge. Aber interessanterweise können auch viele Nationen von uns lernen. Das war mir lange Zeit nicht bewusst. Ich rede immer wieder über die deutsch-französische Freundschaft, und mittlerweile finden viele Leute – ich inklusive – das fast banal. Klar, wir sind Freunde! Was mir nicht klar war ist, dass die deutsch-französische Freundschaft eine viel universellere Botschaft hat. Ein Beispiel: Es gibt ein deutsch-französisches Institut im Irak. Ich habe das mitbekommen, als jemand aus dem Irak mir schrieb, der einen Text, den ich über diese Freundschaft auf YouTube gemacht hatte, gesehen hat. Irgendjemand hatte das auf Arabisch untertitelt. Er sagte, „Für uns ist die deutsch-französische Freundschaft nicht etwas kleines, nicht etwas banales“. Sondern man sehe da, wenn diese zwei Erzfeinde – und die wissen von der Geschichte – es schaffen, sich zu versöhnen, Freunde zu werden, dann ist das eine große Hoffnung, weil es bedeutet: Die Menschheit kann das.

Sie haben dieses Jahr auch das Projekt „Alfons spielt für Schulen“ gestartet. Worum geht es da?

Alfons: Das bezieht sich auf mein Programm „Alfons – Jetzt noch deutscherer“, ein Programm über meine Einbürgerung und auch über meine Großmutter, eine unglaublich tolle Frau, die nicht nur Auschwitz überlebt hat, sondern die es geschafft hat, die Deutschen nicht zu hassen. Das heißt, es ist nicht nur ein Programm über die Vergangenheit, letztendlich ist es eines über heute, über Toleranz, darüber, wie wir in Frieden miteinander leben können. Und das ist das Projekt: In ganz normale Vorstellungen kommen Schüler dazu, es gibt eine, zwei Reihen, die für sie reserviert sind. Und am nächsten Tag gehe ich zu denen in die Schule, und wir tauschen uns aus, über jetzt, über Toleranz, über Demokratie. Wenn es übrigens jemand gibt, der das liest und eine große Stiftung oder so hat – wir suchen Gelder, damit auch Schulen aus weniger privilegierten Gegenden sich die Theaterkarten leisten können.

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