Ich habe die Ausstellung auch schon in Rheinland-Pfalz gezeigt, da gab es kein Problem.
Mannheim. Am Ende spricht Manfred Binzer von einem Tumult. Der Mannheimer Künstler erzählt von einem Kollegen, der ab 12. Februar eine Ausstellung im Mannheimer Hafen eröffnen wird. Sicher ist: Dort, im Atelierhaus Altes Güteramt in der Güterhallenstraße 18 brodelt es deswegen.
Einige, zu ihnen gehören laut Binzer die Künstlerin Barbara Hindahl und der Künstler Claus Stolz, versuchen, die Ausstellung des albanisch-italienischen Künstlers Astrit Cobanaj zu verhindern. Der Vorwurf: Cobanaj wolle Nazi-Kunst zeigen. „Ich bin doch kein Nazi, und ich mache keine Propaganda. Ich hasse Nazis“, sagt Cobanaj im Gespräch mit der Redaktion am Freitagmorgen. Er wirkt ziemlich aufgeregt.
Binzer, der sich nach Aufgabe des Trafowerks in Mannheim-Käfertal einst um die Umwandlung des Alten Güteramts in ein Atelierhaus für die Künstlerszene kümmerte, holte Cobanaj dorthin. Seitdem hat der gebürtige Albaner dort seine Werkstatt und fertigt Skulpturen und Plastiken an. Cobanaj macht vorwiegend Helme und Hüte – auch Militärhüte sind dabei, und wer genau hinsieht, entdeckt darauf aktuell auch den Reichsadler und ein Hakenkreuz.
Doch der Hinweis an Cobanaj, dass es sich dabei um verfassungsfeindliche Symbole handle, deren Verwenden in Deutschland nach Paragraph 86a (1) „mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe“ bestraft wird, scheint Cobanaj nicht zu stören. Er verfolgt sein Ausstellungsprojekt weiter und sagt: „Ich habe die Ausstellung auch schon in Rheinland-Pfalz gezeigt, da gab es kein Problem. Das ist keine Freiheit. Ich bin enttäuscht.“
Wehrmachtshelm und Kippa in der gleichen Ausstellung?
Für Claus Stolz hingegen ist die Sache klar: „Nach der Holocaust-Ausstellung, nach Jonathan Meeses Hitlergruß und nach den in Antisemitismusverdacht geratenen Werken auf der Documenta im vergangenen Jahr geht das gar nicht.“ Man könne doch nicht einen Wehrmachtshelm mit Hakenkreuz und eine Kippa in der gleichen Ausstellung zeigen. „Das geht nicht, das müsste man erklären, kontextualisieren, von einem Historiker einordnen lassen. Ich will damit nicht in Verbindung gebracht werden. Ich muss mich fremdschämen.“
Es kommt jedoch eindeutig heraus: Stolz denkt dabei nicht nur an sich. Er will Cobanaj auch schützen, sagt, der Künstler laufe ins offene Messer, und bemerkt, dass die Helme aus Gips schließlich auch Gussvorlagen für echte Helme seien. „Man stelle sich nur vor, das kauft jemand und gießt dann echte Helme daraus – eine Katastrophe!“
Ist das eine Frage der Kunstfreiheit?
Der Ärger bahnte sich an. In einer gemeinsamen Sitzung Anfang der Woche haben die 13 Atelierhausmitglieder diskutiert. Alle waren gegen Cobanaj. Außer einem. Und Cobanaj selbst, der im Gespräch mit der Redaktion immer wieder darauf besteht, dass seine Ausstellung doch ein Mahnmal „gegen den Krieg“ auf der Welt sei und der seinen Vater zitiert, der selbst im Krieg war und gesagt habe: „Es gibt keinen guten Krieg!“
Ist das wieder eine Frage der Kunstfreiheit nach Paragraph 5 des Grundgesetzes? Kann Cobanaj sich am Ende auf einen Satz zurückziehen, mit dem vor Gericht auch Jonathan Meese seinen Hitlergruß exklusiv in die Sphären seiner Kunstfigur gerückt hat: „Ich würde doch nicht in einem Restaurant einen Hitlergruß zeigen, ich bin doch nicht bescheuert.“ Meese wurde freigesprochen. Bei Cobanaj gibt es ja keinen Kläger. Und seine Kollegen würden das auch niemals tun, sagt sein Kollege Stolz.
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