Bergstraße. Die Arbeit und zahllose Sitzungen sowie Gespräche der vergangenen Jahre von Politikern und Initiativen der Region mit der Deutschen Bahn haben sich ausgezahlt: Für die Schienenneubaustrecke Frankfurt-Mannheim wird nun der lange Tunnel in bergmännscher Bauweise von der Bahn favorisiert. Das teilt das Unternehmen beim 18. Beteiligungsforum in Gernsheim mit. Ursprünglich sollte der Tunnel in offener Bauweise gebaut werden. Das hätte bedeutet, dass das Erdreich von oben geöffnet worden wäre.
Der Verein „Mensch vor Verkehr“ ist seit 25 Jahren in dieser Frage aktiv und forderte die Tunnel-Lösung in bergmännischer Bauweise: „Damit bleiben Natur und Mensch von dem Bauprojekt unbelastet.“ Wie der stellvertretende Vorstandssprecher Jürgen Reiter mitteilt, habe man immer auf Gespräche mit Vertretern der Deutschen Bahn gesetzt: „Wir haben in den Zielen unseres Vereins klar formuliert, dass wir für den Neubau der Bahntrasse sind. Sie ist wichtig für die Verkehrswende und wird zur Entlastung älterer Strecken wie die Riedbahn benötigt. Es ging uns immer nur um das Wie.“
Erleichterung in Lampertheim
Und das Wie hat die Deutsche Bahn jetzt umrissen. Der Tunnel soll nördlich des Siedlungsgebietes von Einhausen am südlichen Ende des Jägersburgers Wald starten, würde dann die Weschnitz unterirdisch queren und nordwestlich an Lampertheim-Neuschloß vorbeiführen. Das Ende des Tunnels würde nach dieser Planung im Süden bei Mannheim-Blumenau liegen.
Landrat Christian Engelhardt spricht von einem „ausgezeichneten Tag für unsere Region“. Damit habe die Bahn eine der grundlegendsten Forderungen, die man über Jahre vehement vorgebracht habe, erfüllt. Zum einen gehe es um den Lärmschutz, aber auch um den Wald: „Denn durch diesen Tunnel können Waldzerschneidungen und Rodungen im Lorscher und Lampertheimer Wald vermieden werden. Außerdem bleiben wichtige landwirtschaftliche Flächen erhalten.“
In Lampertheim wurde die neue Planung der Bahn entsprechend mit Erleichterung aufgenommen. Seit Jahren gab es Befürchtungen der Bürgerinitiative Lampertheim – Lebensraum vor ICE-Trasse! (BILA) sowie der Stadtverwaltung, die ursprünglich geplanten Strecke könne die Lebensqualität empfindlich beeinträchtigen. Vor allem die Streckenplanung durch den Wald bei Neuschloß sorgte für Unmut. So gab es Befürchtungen, das Ökosystem Wald könnte – selbst mit einem Tunnel in offener Bauweise – leiden. Daher hatten Bürgerinitiative und Stadtverwaltung zuletzt bei der Bahn für den nun beschlossenen Tunnel in bergmännischer Bauweise geworben.
„Ich begrüße es, dass die Berechnungen der Bahn die Annahmen und Argumente der BILA und der Stadt bestätigt haben“, sagte Lampertheims Bürgermeister Gottfried Störmer (parteilos) am Montag auf Anfrage. „Wir sind darüber sehr glücklich“, fügte er hinzu. Im vergangenen Jahr hatte die Bahn Baugrunduntersuchungen zwischen Lorsch und Mannheim-Waldhof in Auftrag gegeben, die auch beide Tunnelvarianten für Lampertheim in Betracht ziehen sollten.
Auch für den Lorscher Bürgermeister Christian Schönung ist das Ergebnis ein großer Erfolg für die Stadt: „Man kann jetzt wieder ruhig schlafen!“ Das Schwimmbad und der Sportplatz könnten nun erhalten werden und auch der Welterbe-Status sei nicht mehr gefährdet.
Der Einhäuser Bürgermeister Helmut Glanzner wurde gestern von den neuen Planungen der Bahn überrascht. „Damit hatte niemand gerechnet“, sagte er im Gespräch mit dieser Redaktion. Das jahrzehntelange Engagement für einen langen bergmännischen Tunnel habe sich ausgezahlt. Dabei handele es sich jedoch keinesfalls um eine politische Entscheidung. Letztlich hätten die Zahlen und Fakten den Ausschlag gegeben. Bei aller Freude, dass Einhausen von einer vorbeiführenden Bahnlinie verschont bleiben wird, denkt Glanzner aber auch an die Einwohner von Langwaden. Man müsse sich jetzt für den Bensheimer Stadtteil einsetzen, um auch dort eine zufriedenstellende Lösung hinzubekommen. Die eigentliche Forderung der Region sieht einen Tunnel vor, der bereits nördlich vor Langwaden in der Erde verschwindet.
Im Bensheimer Rathaus haben die aktuellen Aussagen der Deutschen Bahn zur Neubaustrecke daher keine Begeisterung ausgelöst: Denn dass der bergmännische Tunnel am südlichen Ende des Jägersburger Walds endet und nicht über Langwaden hinaus fortgeführt wird, bezeichneten Bürgermeisterin Christine Klein und Erste Stadträtin Nicole Rauber-Jung als sehr problematisch. „Wir sind enttäuscht, dass Bensheim bei diesen Planungen komplett außen vor bleibt. Hier muss dringend nachgebessert werden. Wir setzen uns wie bisher in aller Deutlichkeit für die Belange der Anwohnerinnen und Anwohner in den betroffenen Stadtteilen ein.“
Noch Sorgen in Bensheim
Weiter führen die Bensheimer Rathauschefin und die Baudezernentin aus: „Die von der Deutschen Bahn vorgesehene Streckenführung führt zu einer erhöhten Lärmbelastung in Schwanheim und Fehlheim ist aus unserer Sicht nicht konsensfähig. Auch die Situation in Langwaden nehmen wir in den Blick. Wir halten die Verlängerung des bergmännischen Tunnels für dringend erforderlich, um die Anwohner in den betroffenen Stadtteilen zu schützen. Es ist den Bürgern nicht zu vermitteln, warum der Tunnel ausgerechnet vor deren Haustür endet. Wenn dies also bei den Betroffenen auf Unverständnis stößt, können wir das absolut nachvollziehen.“
Auch Landrat Engelhardt sieht noch Handlungsbedarf. Hier müsse ein Augenmerk auf den Lärmschutz gerichtet werden, der so ausgebaut werden müsse, dass neben dem Bahnlärm auch der bestehende Autobahnlärm reduziert werde. Aus Sicht des Bergsträßer Landrats sei „mehr zu tun“ als derzeit von der Bahn geplant. Das Unternehmen prüft noch, ob der aktive Schallschutz genüge oder ob passive Maßnahmen, wie Schallschutzfenster, nötig seien. In den Stadtteilen Fehlheim und Schwanheim bleibe die Lärmbelastung einem Gutachten zufolge unterhalb der gesetzlichen Grenzwerte.
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