Mannheim/Berlin. Seit rund einem halben Jahr gehen sehr spezielle Kochboxen aus Mannheim auf Reisen durch ganz Deutschland. Darin finden sich zum Beispiel Gänseleber, weißes Kimchi, Perlhuhn oder fermentierter Spargel - alles zum schnellen Aufbereiten für ein Nobelmenü zu Hause. Verschickt werden diese sogenannten Gourmetboxen von dem mit zwei Michelin-Sternen ausgezeichneten Restaurant Opus V um Chefkoch Dominik Paul. Bestellungen und Logistik laufen über das Berliner Start-up voilà.
Die Menüs mitten aus den Quadraten kommen von Rügen bis zum Bodensee offenbar gut an: „Die Nachfrage war sehr zufriedenstellend, unser angebotenes Kontingent wurde wöchentlich ausverkauft“, sagt David Stern. Auch die neue und aufwendige Logistik habe reibungslos funktioniert. Stern ist Manager bei der Engelhorn Gastro GmbH, die wiederum zur Modegruppe Engelhorn gehört. „Mehrere Hundert Gäste“ seien mit den Boxen bedient worden, heißt es bei dem Partner voilà. Einen Nachfrage-Schwerpunkt hat voilà-Mitgründer Julius Wiesenhütter in Berlin-Brandenburg ausgemacht.
Bei Preisen von bis zu 100 Euro ist die Zielgruppe klar: ein „gehobenes Publikum“, das sich als Feinschmecker versteht und sich - gerade in Pandemiezeiten - Sterneküche nach Hause holen möchte. „Bei uns geht es um mehr als die reine Bedürfnisbefriedigung, es geht um das Erlebnis“, sagt Wiesenhütter, der mit Co-Gründer Julian Berg in Mannheim Betriebswirtschaft studiert hat.
Corona-Schub für Lieferservices
Die Corona-Krise, da ist sich der Gründer mit Experten einig, hat den Lieferdiensten einen großen Schub gegeben. Sie heißen Gorillas, Flink, Knuspr, Bringmeister, Flaschenpost oder Getir und tummeln sich in dem noch kleinen, aber rasant wachsenden Online-Markt für Lebensmittel. Gorillas etwa zählt zu einem der erfolgreichsten Start-ups in Deutschland. Und mit dem erst im November gegründeten Alpakas will sich ein nachhaltiger Unverpackt-Lieferdienst etablieren. Kochbox-Anbieter HelloFresh hat es im Herbst 2021 sogar in die erste Börsenliga, den Dax, geschafft.
In dem Markt ist also jede Menge Bewegung, kein Wunder, dass es inzwischen auch eine Online-Nische für Gourmet-Angebote gibt. Bei den meisten ist es ein einzelner, mehr oder minder prominenter Koch, der als Anbieter der Menüs fungiert. Das Konzept von voilà dagegen basiert auf ganz unterschiedlichen Restaurants, die auch vor Ort Gäste empfangen. Sie finden sich in Berlin, Düsseldorf, Köln oder auch im Fränkischen. Die Zahl der Partner - Sterneküchen oder „Trendsetter“ -, die über die Webseite getvoila.com ein festes Kontingent ihrer Kreationen quer durch Deutschland schicken, wächst. Zahlen etwa zum Umsatz nennt Wiesenhütter nicht. Auch wie hoch die Provision der Partner ist, wird generell nicht verraten. Der voilà-Gründer spricht von „einer enormen Nachfrage“ an den Menüs, die längst unabhängig von der Pandemie zu betrachten sei. Lieferdienste seien zum Standard geworden.
Kreativpause im Februar und März
Auch bei Engelhorn war die Idee für einen „Home Fine Dining Service“ in der Pandemie entstanden, als die Gastronomie wochenlang geschlossen hatte. Die Opus-V-Menüs seien aber nur im Mannheimer Stadtgebiet angeboten worden. Mit der voilà-Kooperation sollten Kunden angesprochen werden, für die ein Besuch in der sechsten Etage des Modehauses doch zu weit ist. Der finanzielle Aspekt sei anfangs nebensächlich, erklärt Gastro-Manager Stern. Zuerst sei es darum gegangen, die Produktionsabläufe zu klären, die Verpackungen zu optimieren. „Wichtig war uns, dass unsere Produkte versendet werden können, um alle Gäste deutschlandweit zu beliefern“, sagt Stern. Prestige vor Profit also.
Aktuell macht Opus V Pause bei getvoila.com. Stern verweist auf ein sehr anstrengendes Weihnachtsgeschäft vor Ort trotz Pandemie und die jährliche Kreativpause im Februar und März. Im April soll es weitergehen. Engelhorn wolle die Kooperation mit dem Start-up auf jeden Fall weiterführen: „Trotz der langanhaltenden Pandemie wurden uns hier neue innovative Wege gezeigt.“
Man könne sich auch vorstellen, das Liefer-Angebot auf Le Corange auszuweiten. Das Ein-Sterne-Restaurant ist das zweite von vier Gastro-Varianten bei Engelhorn. Bei den übrigen Gastro-Angeboten wolle Engelhorn sich aber erst einmal auf die Gäste vor Ort konzentrieren, so Stern. Schließlich steigen Stern zufolge in allen Restaurants vor Ort die Besucherzahlen stetig, trotz 2G-Kontrollen.
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