Gewerbegebiet

Bensheimer BMV-Gebäude wird abgerissen

Nostalgische Gefühle verbieten sich eigentlich bei einem Gebäude, das seit fast 16 Jahren leersteht. Dennoch zählte das Möbelzentrum BMV fast 40 Jahre lang zu den Konstanten des Bensheimer Einzelhandels - bis zur Schließung Ende 2006.

Von 
Dirk Rosenberger
Lesedauer: 
Das leerstehende Gebäude des ehemaligen Möbelzentrums BMV soll abgerissen und durch einen Neubau ersetzt werden. Der Bauausschuss stimmte am Donnerstag in seiner Sitzung einer Änderung des Bebauungsplans zu. © Thomas Neu

Bensheim. Nostalgische Gefühle verbieten sich eigentlich bei einem Gebäude, das seit fast 16 Jahren leersteht und nicht erst seit gestern nach einer Veränderung schreit. Dennoch zählte das Möbelzentrum BMV fast 40 Jahre lang zu den Konstanten des Bensheimer Einzelhandels - bis zur Schließung Ende 2006.

Damals traten die Gesellschafterinnen einen, wie sie es nannten „geordneten Rückzug“ an, es war die Liquidation eines gesundes Unternehmens mit zwölf Mitarbeiterin angesicht deutlicher Veränderungen in der Branche. Eine nachhaltige Nachfolge gab es in der Immobilie an der Suzuki-Allee nicht, vielmehr wurde der Leerstand konserviert.

Nun gibt es neue Planungen. Das Haus mit immerhin 6000 Quadratmetern Ausstellungsfläche auf einem 12 000 Quadratmeter großen Gelände soll abgerissen werden. Ein Projektentwickler hat das Grundstück gekauft und strebt an Ort und Stelle einen Neubau an. Dafür muss allerdings der Bebauungsplan geändert werden. Der sieht bislang nur ein „Sondergebiet Möbelhaus“ vor - und dass Interessenten, die dort selbiges eröffnen wollen, in Zeiten von Ikea, Segmüller und Online-Shops nicht Schlange stehen, versteht sich von selbst.

Künftig sollen daher die gleichen Regelungen wie im direkt angrenzenden Gewerbegebiet Stubenwald für die ehemalige BMV-Heimat gelten. Entscheiden müssen darüber die Stadtverordneten. Im Bauausschuss am Donnerstagabend zeigte sich, dass Verwaltung und Investor mit einer breiten Mehrheit rechnen können.

Newsletter "Guten Morgen Bergstraße"

Bevor es jedoch zur Abstimmung kam, musste Erste Stadträtin Nicole Rauber-Jung (CDU) Fragen beantworten, die im Ortsbeirat West aufkamen und von der BfB-Fraktion in einem Änderungsantrag und einer schriftlichen Anfrage aufgeworfen wurden. Einerseits ging es um mögliche Nisthilfen für Fledermäuse. Die will man seitens der Verwaltung aber nicht festschreiben. Bei einer früheren Änderung wurde nicht untersucht, ob die nachtaktiven Tiere dort leben. Ein Gutachten liege nicht vor. „Es wurden keine Fledermäuse festgestellt“, so Rauber-Jung. Es gebe keinen Beweis.

Auch die Höhe des künftiges Gebäudes war ein Thema. Das alte Möbelhaus ist elf Meter hoch, bei einem Neubau liegt das Limit bei 16 bis 18 Metern, plus drei Meter für technische Anlagen. „Wir haben uns bei der Höhe an der Bebauung im Gewerbegebiet Stubenwald orientiert“, erklärte die Baudezernentin. Das sei eine Höhe, die man heute für gewerbliche Anlagen festlege. Wenn man eine solche Fläche revitalisiere, mache es Sinn, Höhe zuzugeben, weil man mehr Gewerbe auslagern könne - bevor an anderer Stelle dafür Grund und Boden versiegelt werden muss.

Bedenken und Detailfragen

Rudolf Volprecht (CDU) äußerte leise Zweifel ob der Höhe im Vergleich zum Bestandsgebäude. Darüber müsse man nachdenken, das könne schon eine Überraschung werden. Die möglichen Bedenken teilte sein Fraktionskollege Ferdin Bahadori jedoch nicht, der unter anderem anmerkte, dass die drei Meter für die Technik auf dem Dach dort auf eine Fläche von 25 Prozent begrenzt seien und sich de Gestaltung des Gebäudes auch an anderen Kennziffern orientiere.

Die weiteren Detailfragen drehten sich um die Versickerung von Oberflächenwasser. Auf dem Gelände ist dies nicht möglich, der Kanal ist aber laut Verwaltung ausreichend dimensioniert in diesem Bereich. Eine Überprüfung durch das Rathaus, ob der Investor die zugesagten Ersatzpflanzungen vornimmt, könne durch eigenes Personal nicht erfolgen. „Dafür haben wir keine Mitarbeiter. Eine Ordnung könnte ohnehin nur durch die Bauaufsicht des Kreises erfolgen. Und die haben auch keine Mitarbeiter dafür“, konstatierte Rauber-Jung. Man vertraue darauf, dass der Eigentümer sich an die Absprachen halte.

Eine Photovoltaik-Anlage soll es auf dem Neubau ebenfalls geben, festgeschrieben werden 50 Prozent. Den Grünen in Person von Hanns-Christian Wüstner war das zu wenig. „Warum legen wir nicht 100 Prozent der technisch möglichen Fläche fest?“, fragte er in die Runde. Die Erste Stadträtin plädierte jedoch deutlich dafür, eine konkrete Zahl zu nennen. Was technisch möglich sei, müsse überprüft werden können - und wer weiß, ob dann am Ende nicht sogar die 50 Prozent unterschritten werden.

Rauber-Jung verwies darüber hinaus auf die Dachbegrünung von 75 Prozent der Fläche und die Festlegung, dass bei den Neupflanzungen von Bäumen und Sträuchern ein Schwerpunkt auf bienenfreundliches Grün gelegt werden müsse. Abschließend kritisiert sie Intensität der Anträge und Nachfragen bei diesem Tagesordnungspunkt durch die Fraktionen. „Wir können froh sein, dass dieses Gewerbegrundstück revitalisiert wird. Es ist ein Grundstück mit einem Gebäude. Die ganzen Fragen und Anträge haben die Verwaltung zwei Tage gebunden von morgens bis abends.“

Könne man nicht der Verwaltung einfach vertrauen, dass diese das Bestmögliche an Artenschutzregelung aufnehmen, was rechtlich möglich ist und mehr Grün als früher üblich festsetzen? „Aber muss man eine Grundsatzdebatte bei einem Gebäude und einem Grundstück führen?“, fragt sie mehr rhetorisch denn in Erwartung einer Antwort. Man plane hier keinen Stubenwald IV und V.

Norbert Koller (BfB) merkte daraufhin an, dass die Anwesenheit der Ersten Stadträtin in der Sitzung des Ortsbeirats West womöglich dazu hätte beitragen können, Fragen abzuräumen, bevor sie umfangreich an die Verwaltung gestellt werden mussten. Das sah Rauber-Jung jedoch anders. „Ich bin gut, aber so gut bin ich nicht“, verwies sie auf besagte zwei Tage, die es die Verwaltung gekostet hatte, alle Informationen zusammenzutragen. Sie kenne auch nicht alle Details.

Freier Autor

Copyright © 2025 Bergsträßer Anzeiger

  • Winzerfest Bensheim