Forschung

Wie Südzucker in Mannheim an der klimarobusten Rübe forscht

Längere Trockenzeiten, neue Schädlinge: Der Klimawandel macht der Zuckerrübe zu schaffen. Auf seinem Versuchsgut in Mannheim steuert der Zuckerkonzern gegen

Von 
Tatjana Junker
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Das Versuchsgut von Südzucker in Kirschgartshausen bewirtschaftet rund 300 Hektar Fläche. © Südzucker

Mannheim. Gemächlich zieht der kleine grüne Roboter seine Runden auf dem Feld. In regelmäßigen Abständen lässt er dabei eine Saatpille in die dunkle Erde fallen. Die selbstfahrende Maschine merkt sich, wo das Saatkorn genau abgelegt ist. Wenn sie ein paar Wochen später dann wieder über den Acker fährt, zum Beispiel, um Unkraut zu hacken, weiß sie bereits, an welchen Stellen eine Nutzpflanze steht - und hackt automatisch um sie herum.

Neue Technologien wie diese werden hier, ganz im Mannheimer Norden in Kirschgartshausen, immer mal wieder getestet. Denn hier hat das Versuchsgut des Mannheimer Südzucker-Konzerns seinen Sitz. Dort testet das Unternehmen nicht nur neue Technologien, sondern beschäftigt sich insgesamt mit landwirtschaftlicher Forschung. Schließlich stellt Südzucker seine Produkte aus landwirtschaftlichen Rohstoffen her, allen voran die Zuckerrübe. Ein Thema, das dabei immer wichtiger wird: der Klimawandel. Denn egal ob Starkregen oder Hitzeperioden: Extremwetter, wie wir sie durch den Klimawandel immer häufiger erleben, stellen die Landwirtschaft vor große Herausforderungen.

Das Versuchsgut

  • Das Versuchsgut in Kirschgartshausen wird schon seit 1862 von dem Mannheimer Unternehmen Südzucker bewirtschaftet.
  • Insgesamt werden dort rund 300 Hektar landwirtschaftliche Fläche genutzt.
  • Neben der Zuckerrübe werden in der Fruchtfolge auch Getreide und Raps angebaut, vor einiger Zeit sind außerdem Bohnen dazugekommen.
  • Die Erkenntnisse aus dem Versuchsgut gibt Südzucker zum Beispiel in Workshops an Landwirte weiter, die für den Konzern Rüben anbauen.
     

„Der Klimawandel heißt für uns im Zuckerrübenanbau, dass wir tendenziell eine etwas frühere Aussaat haben, was prinzipiell positiv ist, weil sich dadurch die Vegetationszeit verlängern kann“, erklärt Peter Risser, der das Versuchsgut in Kirschgartshausen seit 2018 leitet. „Nachteilig ist, dass wir regelmäßig auch im Frühjahr stärkere Trockenphasen haben. Und wir haben dann natürlich auch das Problem bei länger anhaltender Sommertrockenheit, dass die Ertragsbildung gestört ist.“

Neue, resistentere Sorten werden auf dem Feld getestet

Damit die Zuckerrüben schön groß würden und auch einen ordentlichen Zuckergehalt hätten, brauche es vor allem regelmäßige Niederschläge, erklärt der Agrarexperte. Doch gerade diese gleichmäßige Verteilung von Niederschlägen übers Jahr dürfte es in Zukunft wegen des Klimawandels nicht mehr so selbstverständlich geben wie in der Vergangenheit.

Peter Risser leitet das Versuchsgut seit 2018. © Südzucker

Neben längeren Trockenperioden macht den Landwirten in der Region eine weitere Folge des Klimawandels zu schaffen: Weil es bei uns immer wärmer wird, breiten sich auch manche Schädlingsarten stärker aus, zum Beispiel die sogenannte Schilfglasflügelzikade. Sie überträgt laut Risser verschiedene Krankheitserreger, darunter das SBR-Syndrom. Es führt dazu, dass die Rüben nicht nur deutlich weniger Zucker enthalten, sondern auch eine gummiartige Konsistenz entwickeln - was wiederum problematisch ist für die Verarbeitung.

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Dass die Schilfglasflügelzikade in der Region immer häufiger auftritt, ist laut Risser eindeutig eine Folge des Klimawandels. Das lasse sich am Ausbreitungsgebiet des Schädlings gut nachvollziehen: „Das ging los um unsere Zuckerfabrik in Offenau, in der Nähe von Heilbronn, hat sich dann über den Kraichgau und in den Rheingraben hin ausgebreitet und ist jetzt mittlerweile schon auf der Höhe Frankfurt angekommen. Also wir sehen hier klar eine der Klimazone folgende Ausbreitung des Schädlings“, sagt er.

Dazu kämen gerade im Rheingraben verstärkt Probleme mit Pilzkrankheiten, zum Beispiel die Blattkrankheit Cercospora. Risser: „Auch das ist eine Folge des Klimawandels, dass diese Krankheit immer früher auftritt, dadurch mehrere Zyklen draußen im Feld durchlaufen kann und dadurch natürlich auch stärker die Pflanzen und damit die Rüben schädigen kann.“

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Wie also gegensteuern? Genau daran wird in Kirschgartshausen unter anderem geforscht. Zum Beispiel, indem in kleinen Parzellen neu gezüchtete Rübensorten testweise angebaut werden, denen die Schädlinge nicht so viel anhaben können. Auch mit verschiedenen Fruchtfolgen - also dem Wechsel zwischen mehreren Kulturen auf einem Feld - wird in Kirschgartshausen experimentiert.

Schwankungen bei der Ernte werden größer

Auch dadurch lasse sich das Risiko reduzieren, dass sich bestimmte Schädlinge stark ausbreiten. „Gerade Schädlinge, die auf eine bestimmte Kultur, wie die Zuckerrübe oder das Getreide sehr spezifisch sind - wenn die über längere Jahre diese Kultur nicht haben, dann hungere ich die auch ein bisschen aus“, sagt Risser.

Auch wie der Rübenanbau an längere Trockenphasen angepasst werden kann beschäftigt Risser und sein Team. Hier geht es dann zum Beispiel darum, wie der Boden möglichst wassersparend bearbeitet werden kann - zum Beispiel, indem man die Erde nicht wendet und Mulch, also Pflanzenreste, an der Oberfläche liegen lässt. „Das reduziert die Verdunstung, so dass wir länger Feuchtigkeit im Boden halten können. Der ist dann auch weniger anfällig für Erosion, sei es durch Wind oder auch durch Wasser.“

Klar ist laut Risser, dass der Klimawandel unter dem Strich deutliche Auswirkungen auf die Zuckerrübenernte hat. So falle beim jährlichen Erfassen der Erträge auf, dass die Ernten zwar insgesamt auf einem hohen Niveau sind, die Ausschläge nach oben oder unten aber stärker werden. „Wir haben nicht mehr dieses gleichförmige, ansteigende Niveau, das wir die letzten zehn bis 20 Jahren hatten.“ Grund für die großen Schwankungen seien die unterschiedlich ausgeprägten Trockenphasen in den einzelnen Jahren. Zwar können man solchen Perioden teilweise mit Bewässerung begegnen. Auch das habe aber irgendwann seine Grenzen, so Risser.

Redaktion Wirtschaftsreporterin

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