Justiz

Südzucker: So ist der Stand bei den Kartellverfahren

Immer noch sind Kartellverfahren gegen den Mannheimer Südzucker-Konzern in der Welt. Zumindest in einem Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht Karlsruhe hat sich etwas getan

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Alexander Jungert
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© Manfred Rinderspacher

Mannheim. „Das wird alles Jahre dauern, mit vielen Kosten für die Unternehmen. Die Anwälte werden ihre Freude haben. Der Sachverhalt ist relativ schwierig - und damit auch eindeutige gerichtliche Urteile.“ Dieses Zitat stammt von einem Analysten aus dem Sommer 2015.

Neun Jahre später zeigt sich: Der Analyst lag goldrichtig. Immer noch sind Kartellverfahren gegen die Zuckerhersteller Südzucker (Mannheim), Nordzucker (Braunschweig) und Pfeifer & Langen (Köln) in der Welt. Vor dem Landgericht Mannheim laufen nach Angaben eines Sprechers derzeit 30 Verfahren. Wie hoch die Summe des geforderten Schadenersatzes insgesamt ist, vermag er nicht zu sagen. Unter den Klägern sind den Angaben nach Hengstenberg (Az. 14 O 97/18), die Chocoladefabriken Lindt & Sprüngli (Az. 14 O 106/18) und PepsiCo Deutschland (Az. 14 O 111/18). Aktuell beschäftigt sich sogar das Oberlandesgericht Karlsruhe mit dem Kartellstreit. Doch dazu später mehr.

Verbotene Absprachen, das Zuckerkartell und Schadenersatz in Millionenhöhe

Zunächst kurz die Vorgeschichte: Im Jahr 2014 hatte das Bundeskartellamt Bußgelder von insgesamt 280 Millionen Euro gegen Südzucker, Nordzucker und Pfeifer & Langen verhängt. Durch verbotene Absprachen sei Preiswettbewerb verhindert worden. Auf Südzucker entfiel mit 195,5 Millionen Euro der größte Batzen. Der Mannheimer Konzern akzeptierte die Strafe, „um Rechts- und Planungssicherheit“ zu erlangen. Ein Schuldeingeständnis gab es nicht.

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In der Folge war eine Prozesswelle in Gang gekommen: Industriekunden waren der Ansicht, durch das Kartell zu viel für Zucker gezahlt zu haben, und forderten Schadenersatz von allen oder einzelnen Herstellern. Unter den prominentesten Klägern: die Nahrungsmittelkonzerne Nestlé und Müller Milch.

Aus Nestlé und Müller machte das Landgericht Mannheim ein Pilotverfahren, um mithilfe eines Sachverständigen zu klären: Ist den Klägern überhaupt ein Schaden entstanden? Und wenn ja, in welcher Höhe?

Im Juni 2023 kam es in Mannheim zu einer aufsehenerregenden Entscheidung. Die Kartellkammer beim Landgericht hatte Südzucker, Nordzucker und Pfeifer & Langen dazu verurteilt, Schadenersatz in Millionenhöhe an den Süßwarenkonzern Nestlé und die Molkerei Müller zu zahlen. Nestlé standen laut Gericht rund 8,393 Millionen Euro zu, Müller rund 6,262 Millionen Euro. Hinzu kamen jeweils Zinszahlungen in ähnlicher Dimension, die teilweise bis Ende der 1990er Jahre zurückreichen (Az. 14 O 61/18 und Az. 14 O 103/18). Die Kammer kam zu dem Ergebnis, dass die Hersteller zwischen 1997 und 2009 durch verbotene Absprachen den Wettbewerb einschränkten. Demnach waren die Preise für Verarbeitungszucker in Deutschland wegen des Kartells um geschätzt rund zwei Prozent überhöht.

Parteien legen Berufung ein - aus unterschiedlichen Gründen

Doch mit den Urteilen des Mannheimer Landgerichts wollten sich die Parteien nicht zufrieden geben. Die Zuckerhersteller nicht, weil aus ihrer Sicht Kunden kein Schaden entstanden ist. Und die Industriekunden nicht, weil sie ursprünglich deutlich mehr Schadenersatz gefordert hatten. Allein Nestlé 50 Millionen Euro. Also legten die Parteien schon im vergangenen Jahr Berufung ein. Damit ging der Streit zur nächsthöheren Instanz, dem Oberlandesgericht Karlsruhe.

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Zumindest ein Berufungsverfahren (6 U 159/23, was 14 O 103/18 vor dem Landgericht Mannheim entspricht) ist mittlerweile vom Tisch. Es ist wahrscheinlich, dass die Parteien außergerichtlich Vereinbarungen getroffen haben. Wie sehen diese aus? Egal, wen man fragt - Südzucker, Pfeifer & Langen, Müller -, es kommt immer dieselbe Antwort: „Rechtsstreitigkeiten kommentieren wir grundsätzlich nicht.“ Von Nordzucker und Nestlé kommt keine Reaktion.

Das zweite Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht (6 U 160/23 bzw. 14 O 61/18) läuft noch, es habe bisher „keine maßgebliche Entwicklung gegeben“, wie ein Sprecher mitteilt. Vielleicht lohne es sich, im Oktober dieses Jahres erneut nachzufragen.

Redaktion berichtet aus der regionalen Wirtschaft

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