Rhein-Neckar. Bundesweit gibt es 2,64 Millionen 20- bis 34-Jährige, die ohne formale Qualifikation verbleiben und die sich komplett aus der Bildungsbiografie zu verabschieden drohen. Der Anteil der jungen Menschen ohne Schulabschluss sowie derjenigen mit Migrationshintergrund ist hierbei besonders hoch. Manche haben die Schule abgebrochen, andere haben zwar einen Schulabschluss, aber sonst keine Ausbildung gemacht oder diese nicht zu Ende geführt.
Betriebe kennenlernen
- Für das Azubi-Speed-Dating am 19. April 2024 von 13 bis 16 Uhr in der Max-Hachenburg-Schule in Mannheim ist keine Anmeldung erforderlich.
- Schülerinnen und Schüler haben die Chance, gleich mehrere Ausbildungsbetriebe kennenzulernen.
- In zehnminütigen Gesprächen können sie sich selbst vorstellen und Näheres über den Betrieb und die Ausbildung erfahren.
- Im besten Fall erhalten sie anschließend eine Einladung zum Probetag, Praktikum oder Vorstellungsgespräch.
- Bewerbungsunterlagen können ebenfalls vor Ort abgegeben werden. sba
„Diese große Gruppe muss uns zu denken geben, die Gefahr, dass wir die jungen Menschen nicht mehr erreichen, ist groß“, sagt Frank Neises vom Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB). Besonders kritisch ist der Übergang von einem System ins andere, also dann, wenn die jungen Menschen die Schule - mit oder ohne Abschluss - verlassen.
Einfache Dienstleistungen gelten als unbeliebt
Um frühzeitig in Kontakt zu kommen, ist beispielsweise die Mannheimer Arbeitsagentur seit ein paar Jahren stärker an den Schulen präsent, indem Berufsberater feste Bürozeiten vor Ort anbieten. „So ist ein einfacher und barrierearmer Zugang möglich, wer spontan eine Frage hat, muss keine Hotline wählen oder eine Behörde aufsuchen, sondern findet einen Berater in der Schule“, betont Denny Krupp, Teamleiter Berufsberatung der Mannheimer Agentur für Arbeit.
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Eine andere Schwierigkeit sind sogenannte Passungsprobleme: Ausbildungsstellen sind vorhanden, aber nicht in den Berufen, die junge Menschen machen möchten. Bereiche einfacher Dienstleistungen wie Verkaufen, Reinigen, Lagern gelten als unattraktiv, und da nützt es auch nichts, dass das Image oft schlechter als die Realität oder die Bezahlung häufig gut ist. Auch regional gibt es Unterschiede, im ländlichen Raum ist es für junge Menschen oft schwierig, einen Ausbildungsplatz zu finden, während in Ballungsgebieten die Unternehmen nicht alle Plätze besetzen können. Insgesamt führen beide Phänomene dazu, dass bundesweit 13 Prozent der angebotenen Ausbildungsstellen, rund 70 000, unbesetzt bleiben.
„Assistierte Ausbildung“ und andere Programme
Grundsätzlich wirbt Neises dafür, den jungen Menschen positiv zu begegnen. „Mit Blick auf die Fachkräftesicherung liegt hier ein großes Potenzial, das müssen wir erkennen und die jungen Menschen mit ihren Wünschen und Talenten wahrnehmen.“ Häufig stehe das Defizitäre im Vordergrund, ein schlechtes Schulzeugnis, mangelnde Sprachkenntnisse, kein Schulabschluss. Doch es gebe Hilfen, beispielsweise die „Assistierte Ausbildung“ oder Programme, bei denen schwächere Jugendliche während ihrer Ausbildung begleitet werden, um Abbrüche zu vermeiden. Das komme dann den Auszubildenden zugute, die auf diese Weise eine reguläre Ausbildung aufnehmen können und nicht in Sonderstrukturen des Übergangsbereichs - in Praktika oder berufsvorbereitenden Programmen - hängenbleiben, und den Ausbildungsbetrieben, die auf die neuen Fachkräfte angewiesen sind.
Die Rolle der Eltern darf bei der Berufswahl im Übrigen nicht unterschätzt werden. „Eltern kommt eine Schlüsselfunktion zu, zumal wenn diese selbst Akademiker sind und sich dann auch ein Studium für ihre Kinder wünschen“, sagt Dagmar Straub, Expertin für Berufsausbildung und Fachkräftesicherung bei der IHK Rhein-Neckar. Oftmals gehe das jedoch an den Fähigkeiten und Interessen der Kinder vorbei. „Das oberste Ziel muss nicht das Abitur sein, damit ist nicht jeder Jugendliche gut bedient.“ Der Glaube, nur ein hoher Abschluss garantiere einen gut bezahlten Job, sei jedoch nach wie vor weit verbreitet.
Mit einer Beratung auf den neuesten Stand bringen lassen
Viele Eltern seien überdies nicht auf dem neuesten Stand, was heutige Ausbildungsmöglichkeiten angehe. „Dinge verändern sich, viele Berufe wurden in den vergangenen Jahren neu geordnet oder sind dazugekommen“, so Straub. Zum Beispiel die Kaufleute für E-Commerce oder der Gestalter für immersive Medien (Virtual Reality, VR). Daneben gebe es zahlreiche Weiterbildungsmöglichkeiten für ausgebildete Fachkräfte, die Aufstiege bis zum Bachelor- oder Master-Abschluss möglich machten beziehungsweise diesen gleichgestellt seien. „Deshalb empfehlen wir den Eltern, sich an die Arbeitsagenturen oder IHKen vor Ort zu wenden und sich beraten zu lassen“, sagt Straub.
Am Ende müssten die Jugendlichen aber selbst die Entscheidung treffen. „Der Beruf muss zu ihnen passen, deren Fähigkeiten entsprechen und nicht den Eltern gefallen.“
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