Mannheim. Den Führerschein zu machen, ist ein teurer Spaß: Etwa 2500 bis 4400 Euro kann er kosten, schätzt der ADAC. Allein in den letzten drei Jahren sind die Preise um rund 30 Prozent gestiegen und damit fast doppelt so stark wie die allgemeine Inflation.
2023 gab es einen Anstieg um 7,6 Prozent, hat das Statistische Bundesamt ermittelt. Wer allerdings in Mannheim seinen Führerschein machen will, kann gut dran sein.
46.800 Fahrlehrer bundesweit registriert
Denn hier ist der Konkurrenzkampf unter den Fahrschulen ungewöhnlich heftig, stärker als in anderen Regionen im Südwesten, berichtet der Vorsitzende des Fahrlehrerverbands Baden-Württemberg (flvbw), Jochen Klima. In Mannheim gebe es einen hohen Wettbewerb, „das gehört zum Geschäft dazu“, bestätigt Felix Ferrenberg, in zweiter Generation Inhaber der gleichnamigen Fahrschule in der Quadratestadt. „In der Stadt ist der Wettbewerb immer höher als auf dem Land.“
Bundesweit gab es Anfang dieses Jahres rund 46 800 Fahrlehrer. Innerhalb der letzten zehn Jahre hat sich die Zahl nach der Statistik des Kraftfahrt-Bundesamts kaum verändert. Der Frauenanteil steigt, ist aber mit rund zwölf Prozent immer noch niedrig.
In Baden-Württemberg ging die Zahl der Fahrlehrer seit 2015 um 4,6 Prozent auf 4900 zurück. Die meisten Fahrlehrer sind bei einer der rund 10 000 Fahrschulen in Deutschland angestellt, nur ein Teil ist selbstständig. In Baden-Württemberg gibt es nach Angaben von Klima 1365 Fahrschulen - Tendenz rückläufig, weil ältere Fahrschulinhaber keine Nachfolger finden.
Mannheimer Fahrschulen nennen im Internet selten Preise
Wie viel der Führerschein kostet, hängt insbesondere von zwei Faktoren ab: Wie viele Fahrstunden sind nötig- und was kostet die einzelne Fahrstunde? Nur für wenige staatliche Gebühren sind die Preise fix. Für die meisten Leistungen kann sie die einzelne Fahrschule frei festlegen. Allerdings ist vorgegeben, wofür sie Geld verlangen kann. Sie muss feste Preise nennen; ein Pauschalpreis ist nicht zulässig.
Eher selten ist bei Fahrschulen in Mannheim auf der Internetseite eine Übersicht über die Preise zu finden. Das erschwert für Kunden den Vergleich, spricht aber für die Konkurrenz. Ferrenberg ist da eine Ausnahme: Da lässt sich errechnen, dass bei 22 normalen Fahrstunden ohne Gebühren etwa 3000 Euro herauskommen. „Wir bieten nicht den günstigsten Führerschein“, sagt der Inhaber. „Wir wollen das beste Preis-Leistungs-Verhältnis bieten.“
Der Grundbetrag
Der ADAC schätzt ihn auf 350 bis 565 Euro; in Baden-Württemberg waren es Ende 2023 laut flvbw-Geschäftsbericht im Schnitt 345 Euro. Damit ist der theoretische Unter-richt abgegolten: zwölf Doppelstunden (90 Minuten) für den Grundstoff plus zwei für den Zusatzstoff. Das Lernmaterial geht immer extra: Für Bücher, Online-Medien und -Zugänge zu Führerschein-Apps sind 88 bis 119 Euro fällig.
Die Fahrstunden
Sie sind das Teuerste: Der ADAC rechnet mit 55 bis 77 Euro pro normaler Fahrstunde à 45 Minuten; in Baden-Württemberg nennt der Fahrlehrerverband für Ende 2023 durchschnittlich 65,40 Euro. Wie viele nötig sind, hängt sehr vom Einzelfall ab - und vom Wohnort: Auf dem Land sind es meist weniger als in der Stadt. Der ADAC geht in seinen Beispielrechnungen von 15 bis 25 Stunden aus. Klima nennt als Faustformel auf dem Land das 1,3-Fache der Lebensjahre, in der Stadt das 1,8-Fache. Für 18-Jährige wären das 23 bis 32 Stunden. Hinzu kommen immer noch zwölf Sonderfahrten über Landstraßen, Autobahnen und bei Dunkelheit.
Sie kosten laut ADAC jeweils 60 bis 95 Euro; in Baden-Württemberg werden durchschnittlich etwa 75 Euro verlangt. Zudem berechnet die Fahrschule Pauschalen für die Vorstellung zur Prüfung.
Weitere Kosten
Obligatorisch sind ein Erste-Hilfe-Kurs (50 bis 55 Euro) und ein Sehtest (bis zu 6 Euro). Dazu kommt ein Passfoto (10 Euro). Die Gebühren für die Prüfung durch Tüv oder Dekra sind amtlich vorgegeben: 25 Euro für die theoretische und 130 Euro für die praktische Prüfung. Zudem verlangt die Fahrerlaubnisbehörde etwa 40 Euro.
Automatik
Werden die Fahrstunden nur auf einem Automatikauto gemacht, darf anschließend nicht mit einem Schaltwagen gefahren werden. Allerdings gibt es seit 2021 die Möglichkeiten, zehn Stunden mit einem Schaltfahrzeug nachzuweisen und die Prüfung mit Automatik zu machen. Dann darf beides gefahren werden.
Daher haben Fahrschulen meist zwei Autos. Das nennt Klima als einen Grund für steigende Preise, daneben unter anderem höhere Löhne und Energiekosten. „Gutes Personal kostet Geld“, ergänzt Ferrenberg. Das Preisniveau sei jahrelang zu niedrig gewesen.
Sparmöglichkeiten
Wer als Mitfahrer bewusst am Verkehrsgeschehen teilnimmt, lernt bereits, sich im immer komplexer werdenden Verkehr zu bewegen. Klima beobachtet allerdings das Gegenteil: Jugendliche kümmern sich als Beifahrer nicht mehr um den Straßenverkehr, sondern nur noch um ihr Handy.
Zudem sollte die Ausbildung zügig gemacht werden, um das Wissen nach längeren Pausen nicht auffrischen zu müssen. Mehrkosten hat zwangsläufig auch, wer durch die theoretische oder praktische Prüfung fällt. Im zweiten Fall gibt es neben den Wiederholungsgebühren von Tüv oder Dekra auch Kosten für zusätzliche Fahrstunden; der Fahrlehrerverband nennt etwa 600 Euro.
Zu wenig Fahrlehrer
Ihr Durchschnittsalter ist im Südwesten mit 52 Jahren relativ hoch. Die Branche klagt schon lange über Nachwuchsmangel. Fahrlehrer ist häufig ein Weiterbildungs- oder Umschulungsberuf. Das zeigt schon das Mindestalter von 21 Jahren. Voraussetzung sind eine Lehre oder Abitur. Die Ausbildung dauert samt obligatorischem Praktikum ein Jahr. Allein eine anerkannte Ausbildungsstätte verlangt etwa 15 000 Euro, dazu kommt noch der Lebensunterhalt.
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