Landwirtschaft

Südzucker Offstein: Hochbetrieb bei der Rübenernte

Im Südzucker-Werk Offstein wird während der Rübenernte rund um die Uhr gearbeitet, um Tausende Tonnen Zuckerrüben zu verarbeiten. Doch ein kleines Tier bereitet den Landwirten große Sorge

Von 
Alexander Jungert
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Anbaugebiete von Zuckerrüben für das Werk Offstein sind Hessisches Ried, Odenwald, Pfalz, Rheinhessen, Taunus und Wetterau. © Stefan Sauer/dpa

Mannheim/Offstein. Ein Lastwagen nach dem anderen rollt derzeit in das Südzucker-Werk Offstein. Rund um die Uhr, voll beladen mit Zuckerrüben. Alles ist auf die Minute geplant. Mit festem Liefertermin, um lange Standzeiten zu vermeiden.

Die Lastwagen halten an einer mächtigen Waschanlage und kippen ab. Von einer Kabine aus lenkt ein Mitarbeiter einen Wasserstrahl auf die Rüben, damit auch alle von der Ladefläche rutschen. Nach dem Waschen werden sie auf einem Förderband zur Weiterverarbeitung transportiert.

Pro Tag werden mehrere Tausend Tonnen Rüben verarbeitet

Das 1883 gegründete Werk Offstein in Rheinland-Pfalz - mit dem Auto braucht man von Mannheim aus eine gute Dreiviertelstunde -, ist eines der traditionsreichsten Werke des Südzucker-Konzerns. In der Kampagne, also der Rübenernte, werden pro Tag mehrere Tausend Tonnen Rüben angeliefert und zu Dicksaft und Zucker verarbeitet. Offstein nimmt damit einen der vorderen Plätze unter den Werken ein.

Etwa 270 Menschen arbeiten hier. Nimmt man die Beschäftigen der Tochtergesellschaft Beneo und der Zentralabteilung Forschung, Entwicklung und Services dazu, sind es am gesamten Standort rund 700. Das zentrale Archiv der Südzucker befindet sich ebenfalls hier.

Blick von oben: In der Zuckerfabrik Offstein werden jährlich 300 000 bis 360 000 Tonnen Zucker erzeugt. © Gerald Schilling/Südzucker

Produkte für den Lebensmitteleinzelhandel werden im Werk Offstein nicht hergestellt. Ein Großteil des erzeugten Zuckers wird als Rohstoff in weiterverarbeitenden Betrieben des Werks verwendet, etwa zur Produktion von Invertzuckersirup und dem Zuckeraustauschstoff Isomalt.

1300 Landwirte aus dem Umkreis beliefern das Werk

Während der Rübenernte ist auf dem Gelände Hochbetrieb. Nach dem Waschen werden die Rüben geschnitzelt und bei etwa 70 Grad gekocht, bis sich der Zucker löst. Nach der Verdampfung folgt die Trennung der Zuckerkristalle vom Sirup in der Zentrifuge.

Der so entstehende Zucker wird nochmals in Wasser gelöst und kristallisiert, um so besonders reinen und weißen Zucker zu erhalten. Übrig bleiben die Rübenschnitzel, die entweder noch frisch als Viehfutter verwendet oder mittels Trocknung zu Pellets verarbeitet werden. In der Produktion wird also die gesamte Rübe genutzt.

© MM-Grafik

„Der Verbundstandort Offstein ist ein bedeutender Arbeitgeber und Wirtschaftsfaktor in der Region, von dem die Gemeinden, lokale Lieferanten und die heimische Agrarwirtschaft gleichermaßen profitieren“, erklärt Werkleiter Steffen Hammer. Nach Angaben von Südzucker generiert jeder Arbeitsplatz in den deutschen Zuckerfabriken im Durchschnitt zehn weitere Arbeitsplätze in anderen Wirtschaftsbereichen. 1300 Landwirte aus dem direkten Umkreis beliefern das Werk.

Die Beschäftigten in der Zuckerfabrik haben eigentlich zwei Jobs. Während der Kampagne, die in der Regel im September beginnt, haben sie alle Hände voll mit der Zuckerproduktion zu tun. Außerhalb der Kampagne warten sie die zahlreichen Produktionsanlagen.

Das Geschäft ist momentan alles andere als leicht. Vor allem der seit bald drei Jahren anhaltende Ukraine-Krieg führt zu starken Schwankungen im Agrarsektor und auch auf dem Zuckermarkt. Um die vom Krieg gezeichnete Ukraine zu stützen, werden ihr Exporte auch von Zuckerrüben in die Europäische Union ermöglicht, was zeitweise massiv auf die Preise drückte. Derzeit liegt der Preis für eine Tonne Zucker um 500 Euro, das ist deutlich weniger als vor einem Jahr - und das trotz einer mauen Zuckerernte, die unter normalen Umständen eigentlich Preissteigerungen nach sich ziehen würde.

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Wie gut eine Saison verlaufen ist, bemisst sich vor allem am Zuckergehalt der Rüben. Und der liegt in Offstein deutlich unter dem langjährigen Durchschnitt. „Die Vegetation verlief auch bei uns regenreich und sonnenarm“, erklärt ein Sprecher von Südzucker. Sorgen macht den Landwirten aber vor allem die Ausbreitung der Schilf-Glasflügelzikade. Das Anbaugebiet Offstein ist nahezu flächendeckend davon betroffen.

Das Insekt mit dem sperrigen Namen überträgt zwei durch Bakterien ausgelöste Krankheiten, die zu massiven Ertragseinbußen führen können. Bei den Krankheiten handelt es sich um das „Syndrome Basses Richesses“ (SBR) - zu Deutsch etwa „Syndrom der niedrigen Zuckergehalte“ - sowie Stolbur oder auch Gummirübenkrankheit, die die eigentlich festen Feldfrüchte biegsam macht.

Was viele nicht wissen: Längst ist bei Südzucker nicht alles nur Zucker. Der Mannheimer Konzern will aus regional angebauten Ackerbohnen Proteine gewinnen, die an Kunden aus der Nahrungs- und Futtermittelindustrie verkauft werden.

Dafür entsteht derzeit für rund 50 Millionen Euro eine Anlage am Standort. Sie soll nach Angaben des Südzucker-Sprechers im Frühjahr 2025 in Betrieb gehen, nach 20 Monaten Bauzeit. Bis zu 25 Arbeitsplätze entstehen.

Anbau von Ackerbohnen wird deutlich ausgeweitet

Die Wahl ist auf Offstein gefallen, weil dort auch die Südzucker-Tochtergesellschaft Beneo aktiv ist. Beneo stellt Inhaltsstoffe für Nahrungsmittel her. Bislang werden pflanzliche Proteine vor allem aus Weizen und Reis gewonnen. Nun wird der Anbau von Ackerbohnen deutlich ausgeweitet.

Die jüngste Investition passt zur Strategie „2026 Plus“, die das Management ausgerufen hat. Sie beinhaltet neben anderen Punkten, dass Südzucker verstärkt auf proteinhaltige Produkte setzt. Der Bedarf an pflanzlichem Eiweiß steige mit dem Wachstum der Weltbevölkerung und einer Abkehr der Verbraucher vom Fleischkonsum aus Gründen von Klimaschutz und Tierwohl, so das Unternehmen.

Redaktion berichtet aus der regionalen Wirtschaft

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