Ludwigshafen. Wie tickt dieser Mann? Schlägt sein Herz für das Ludwigshafener Stammwerk? Seit 25 Jahren ist Markus Kamieth bei der BASF, seit sieben Jahren im Vorstand des Chemiekonzerns. Weil er in seiner steilen Karriere aber nur wenige Jahre in Ludwigshafen arbeitete, ist der neue BASF-Chef doch eher ein Unbekannter für viele Aniliner. Auch ist er keiner, der sich in den Vordergrund drängt- er wirkt souverän und zugewandt, aber zurückhaltend.
Markus Kamieth bezeichnet die BASF als sein "Zuhause"
An diesem Donnerstag tritt er sein Amt mit Ablauf der Hauptversammlung an. Im Gespräch wenige Tage davor lässt er an einem keinerlei Zweifel: an seiner starken Identifikation mit dem Unternehmen: „Die BASF ist mein Zuhause“, sagt er zum Beispiel. Und: „Ich bin froh, Vorstandsvorsitzender der BASF zu sein und nicht eines anderen Unternehmens.“ Immer wieder lobt er die weltweit 112 000 Mitarbeitenden, die große BASF-Familie - ihre Einsatzbereitschaft, ihre Kompetenz.
Ich bin ein Bergarbeiterkind aus dem Ruhrgebiet
Dass er so eng mit seinem Arbeitgeber verbunden ist, der ihn nun zu einem der mächtigsten Manager der deutschen Industrie macht, hängt vielleicht mit seiner Biografie zusammen. „Ich bin ein Bergarbeiterkind aus dem Ruhrgebiet“, sagt Kamieth, Jahrgang 1970. Er war der erste in der Familie überhaupt, der studiert (Chemie) und dann sogar promoviert hat. Und jetzt auch noch der Vorstandsvorsitz. . . Spricht Kamieth über die BASF, ist eine gewisse Dankbarkeit herauszuhören gegenüber dem Unternehmen, das ihn groß gemacht hat.
Dank seiner Herkunft sei er bodenständig geblieben, beschreibt er sich selbst, authentisch und nahbar. Und neugierig sei er, „ich bin ja Wissenschaftler“. Bei aller Rückbesinnung auf die Wurzeln gibt er sich gleichzeitig durchaus selbstsicher: „Die Firma hatte 25 Jahre Zeit, sich zu überlegen, ob ich der Richtige bin“, so Kamieth. Er bringe einige Eigenschaften mit, die der Chef eines großen Konzerns gut gebrauchen könne. Gestresst sehe man ihn zum Beispiel selten, erzählt er, „und wenn, dann würde ich das auch eher als positive Anspannung bezeichnen“.
Der neue BASF-Chef will verändern und gestalten
Veränderung, Transformation - das sind Worte, die Kamieth oft nennt. Kein Wunder, schließlich erlebt die Chemieindustrie einen historischen Wandlungsprozess. Die grüne Transformation der BASF hat sein Vorgänger Martin Brudermüller angestoßen, aber bis der Konzern von fossilen Rohstoffen auf erneuerbaren Energien umstellt, ist es noch ein langer und harter Weg. Dazu kommen eine schwache Nachfrage in Europa, hohe Energiepreise vor allem in Deutschland und dann noch eine EU, die immer mehr Vorgaben macht, Stichwort Green Deal.
„Ich kann große Veränderungsprozesse gut mit Menschen gestalten“, sagt Kamieth zu den künftigen Herausforderungen. Außerdem sei er - der Wissenschaftler - sehr optimistisch beim Kampf gegen den Klimawandel: Auf technischer Seite seien noch gar nicht alle Lösungen erfunden worden. Er beschreibt sich als positiven, veränderungswilligen Gestalter. In seinen bisherigen Karrierestationen sieht er sich da bestätigt: „Wo ich war, haben sich die Ergebnisse verbessert.“
Das Ludwigshafener BASF-Werk muss eine Milliarde Euro einsparen - "eine Kraftaufgabe"
Das soll nun in der neuen Funktion für den ganzen Konzern gelten: Jetzt gehe es darum, die Situation zu analysieren und zu entscheiden, „was wir nach vorne verändern müssen, dass die BASF wettbewerbsfähig bleibt“.
Dabei stehen Deutschland und das Ludwigshafener Werk im Fokus. BASF habe 2023 nur außerhalb Deutschlands gut verdient. Das Stammwerk schreibt rote Zahlen. Es muss zusätzlich zu bereits beschlossenem Stellenabbau und Anlagenschließungen eine Milliarde Euro einsparen. „Das wird eine ziemliche Kraftaufgabe. Da muss jeder Stein umgedreht werden“, sagt Kamieth.
Kamieth kann sich die BASF "ohne Ludwigshafen nicht vorstellen"
Kamieth soll in den kommenden Monaten ein Zielbild erarbeiten, um Ludwigshafen wieder profitabler, aber auch nachhaltiger zu machen. Er deutet an, dass weitere Anlagen geschlossen werden könnten. Aber er betont auch: „Ludwigshafen wird größter integrierter Standort der BASF bleiben. Ich kann mir eine BASF ohne Ludwigshafen nicht vorstellen. Aber das Werk muss wieder profitabel werden. Es muss Kernelement der grünen Transformation sein.“ Dabei, so Kamieth, würden sicher viele Investitionen nötig sein.
Investitionen für Ludwigshafen fordert auch Sinischa Horvat. Der BASF-Betriebsratschef möchte ihre jährliche Höhe gerne wieder in einer neuen Standortvereinbarung festschreiben. Kamieth dazu: „Standortvereinbarungen haben sich immer bewährt, haben uns immer gut getan.“
Der Brudermüller-Nachfolger hat keine Zweifel am China-Kurs
Kamieth hat zuletzt das Asien-Geschäft von Hongkong aus gemanagt. Bei der jüngsten China-Reise von Bundeskanzler Scholz war er dabei. Die Milliarden-Investitionen des Konzerns in den Wachstumsmarkt China hält er für richtig. „Wir müssen weiter in China und auch in Asien investieren.“
Wo findet man den künftigen BASF-Chef in seiner Freizeit? In einem schicken asiatischen Restaurant etwa oder in der Natur mit Frau und Hund. Und am Wochenende auf dem Rennrad, auf Touren durch die Pfalz oder den Odenwald. 60 Kilometer schafft er in zwei Stunden.
Eishockey-Fan Kamieth bedauert das frühe Ausscheiden der Mannheimer Adler
Früher hat Kamieth Eishockey gespielt, bis er sich zwischen der Sportleidenschaft und der Chemie-Promotion entscheiden musste. Klar, dass er sich schon einige Eishockey-Spiele in Mannheim angeschaut hat. „Es hat mich schon etwas geärgert, dass die Adler in dieser Saison so früh ausgeschieden sind.“
Seine Radtouren macht Kamieth grundsätzlich alleine, um „zu denken, zu reflektieren.“ Freiräume wolle er sich auch künftig erhalten - die brauche man, um gut zu sein.
URL dieses Artikels:
https://www.bergstraesser-anzeiger.de/wirtschaft_artikel,-regionale-wirtschaft-so-tickt-der-neue-basf-chef-markus-kamieth-_arid,2199822.html