Mannheim. Wenn es nach der Staatsanwältin geht, müssen jene drei Männer und eine Frau, denen Vorwürfe wegen Einschleusens illegaler Arbeitskräfte aus Nicht-EU-Ländern zur Last gelegt werden, jeweils mehrere Jahre ins Gefängnis. Mit dem Schlussvortrag der Strafverfolgungsbehörde haben in dem Mitte Juni am Mannheimer Landgericht gestarteten Prozess die Plädoyers begonnen.
Den Vormittag widmet die Große Wirtschaftsstrafkammer der Beweisaufnahme. So werden Chats zwischen dem Geschäftsmann, der als Hauptangeklagter gilt, seinen gesondert verfolgten Eltern, die in den Unternehmen ebenfalls tätig waren, der angeklagten Bürokraft sowie anderen Mitstreitern verlesen. Es geht darum auszuleuchten, ob der Unternehmer die illegal aus Usbekistan, Kasachstan oder Tadschikistan eingereisten Arbeitskräfte ausgebeutet hat.
Videos von Sommerfesten sollen fröhliche Stimmung belegen
Es ploppen Chat-Aussagen auf, in denen von acht bis achteinhalb Euro als anfänglichem Stundenlohn die Rede ist. Ein Mann hat offenbar wissen lassen, dass er bei einer Glasfaserfirma zehn Euro bekommen würde. Und eine Frau bekundete, sich mit sieben Euro pro Stunde nicht zufriedenzugeben. Mehrere Chats drehen sich um Lohnabzüge – beispielsweise 300 bis 350 Euro monatlich für Unterkunft. Oder für Arbeitskleidung mit Firmenlogo.
Die Verteidigung hatte beantragt, Mini-Videos von Sommerfesten zu zeigen. Die fröhliche Stimmung bei Speis, Trank und Tanz soll zeigen, dass sich die entweder in den eigenen Firmen des Hauptangeklagten eingesetzten oder an Kunden verliehene Männer wohlgefühlt hätten. Zum Ende der Beweisaufnahme „verschlankt“ die Kammer mit Einverständnis der Verfahrensbeteiligten den Wust angeklagter Einzelvorwürfe. Beispielsweise werden verschiedene Urkundenfälschungen eingestellt.
Staatsanwältin Caillet bezeichnet die verbleibenden Anklagepunkte durch die Hauptverhandlung „als weit möglich bestätigt“. Ohnehin wurden Geständnisse abgelegt. Die Strafverfolgerin sieht den 39-jährigen Geschäftsmann als „Ideengeber“ und Kontrolleur des Modells illegaler Beschäftigung zwecks „finanziellem Profit“. Kernstück seien „total gefälschte“ Identitätskarten gewesen. Eine Bande, für die nach der Rechtsprechung ein Haupttäter und zwei Gehilfen reiche, liege auch aufgrund des arbeitsteiligen Wirkens vor.
1,6 Millionen Euro unrechtmäßige Gewinne sollen abgeschöpft werden
Für den bereits in U-Haft sitzenden Geschäftsmann fordert die Staatsanwältin mit Hinweis auf die Länge der Taten und „das hohe Maß der Verschleierung“ sechs Jahre und acht Monate. Die mit Lohnabrechnungen und Büro-Koordination betraute Betriebswirtin habe sehr wohl gewusst, dass die gefälschten ID-Karten für illegale Arbeitsaufnahme gedacht waren. Für die 53-Jährige – die einzige Nicht-Vorbestrafte auf der Anklagebank – schlägt die Staatsanwältin eine vierjährige Haftstrafe vor. Bei den aus Algerien stammenden Brüdern, die in der Türkei gefälschte Papiere besorgt haben, empfiehlt sie vier Jahre und acht beziehungsweise sechs Monate.
Neben der Strafzumessung geht es auch um das Abschöpfen unrechtmäßiger Gewinne. Im Falle des Hauptangeklagten verlangt die Staatsanwältin Wertersatz in Höhe von 1,6 Millionen Euro gesamtschuldnerisch mit den zwei von ihm betriebenen Unternehmen. Am Montag werden die Plädoyers fortgesetzt.
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