Mannheim. Um das Einschleusen illegaler Arbeitskräfte aus Nicht-EU-Ländern wie Usbekistan oder Kasachstan geht es (wie berichtet) in dem am Landgericht Mannheim Mitte Juni gestarteten Prozess mit drei in U-Haft sitzenden Männern auf der Anklagebank und einer Frau. Das Befragen von Zeugen erweist sich als knifflig – juristisch wie sprachlich.
Der Bereichsleiter eines Unternehmens für Betonfertigteile schildert die Zusammenarbeit mit dem Hauptangeklagten als „klassische Arbeitnehmerüberlassung“. Nach den für die Hilfskräfte an Leihfirmen überwiesenen Stundenlöhne gefragt, gibt er 26 bis 28,50 Euro an. Ausweise und Versicherungskarten seien vorab elektronisch übermittelt worden. „Haben Sie die Dokumente vor Ort überprüft?“, hakt die Kammervorsitzende Christiane Loos nach. „Nein“, so die Antwort.
Schleusungsfall vor Landgericht Mannheim: Bis zu 18 Männer gleichzeitig im Einsatz
Von dem Mannheimer Arbeitskräfteverleiher seien bis zu 18 Männer gleichzeitig im Einsatz gewesen. Man habe auch mit anderen Vermittlern kooperiert. Zu hören ist von einem Walldorfer Personalanbieter, der wegen „starker Probleme mit dem Finanzamt“ nun von Polen aus agiere. Bei den Aussagen kommen Bedenken, ob der Zeuge verstanden hat, nicht antworten zu müssen, wenn er sich selbst belasten könnte. Die abgebrochene Befragung soll später mit juristischem Beistand fortgesetzt werden.
Als ein Usbeke gehört werden soll, zeigt sich, dass dieser kein Deutsch versteht. Die herbei telefonierte Dolmetscherin scheint aus der Freizeit geholt worden zu sein – jedenfalls kommt sie mit Schlappen und „Tom & Jerry“-Shirt in den Verhandlungssaal. Da nur eine Zulassung für Georgisch vorliegt, wird sie zunächst vom Gericht auf Russisch vereidigt. Das Übersetzen offenbart sich als mühsam, weil der Zeuge die angelernte Sprache bar jeder Grammatik verwendet, wie die Dolmetscherin erläutert.
Warum ein Schengen-Visum nicht zum Arbeiten berechtigt
Der 25-Jährige ohne Ausbildung, der zunächst im lettischen Riga jobbte und per Bus nach hierherkam, berichtet, in einer Internetgruppe von gut bezahlter Arbeit in Deutschland erfahren zu haben. Der Usbeke zeigt sich erstaunt, ja empört, nach nur zwei Monaten auf einem Bau in Bruchsal festgenommen worden zu sein. „Ich hatte doch ein legales Visum!“, übersetzt die Dolmetscherin. In dem Prozess taucht mehrfach jenes „Schengen-Visum“ auf, das zwar Einreise samt 90-Tage-Aufenthalt gewährt, aber in Deutschland nicht zum Arbeiten berechtigt.
Die Frage ploppt auf, ob angeworbene Arbeitskräfte dies überhaupt realisieren. Bei der Anhörung des Usbeken, der häufig „weiß nicht“ antwortet, geht es auch um den Vorwurf, Leiharbeiter seien ausgebeutet worden. Der 25-Jährige hat für täglich acht Stunden bei freiem Wochenende monatlich 2004 Euro bekommen. Neben 300 Euro für Unterkunft gab es weitere Abzüge vom Lohn, beispielsweise 650 Euro.
„Wahrscheinlich für die Karte“, so der Leiharbeiter und meint wohl den gefälschten Ausweis mit bulgarischer Identität. Das Gericht befragt auch den Geschäftsführer der Unternehmensgruppe für Betonfertigteile, um Licht in Abläufe zu bringen. Der Zeuge sagt aus, an den eingescannten Papieren, die an Betriebsrat und Personalbüro weitergeleitet wurden, nie gezweifelt zu haben.
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