Wirtschaftsforum

BASF-Werksleiter Uwe Liebelt: Standort Deutschland zunehmend unattraktiv

Die Zeiten seien nach wie vor schwierig, sagt BASF-Werksleiter Uwe Liebelt beim Wirtschaftsforum der IHK Metropolregion Rhein-Neckar in Ludwigshafen. Was er am meisten kritisiert - und was ihm Hoffnung macht

Von 
Alexander Jungert
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Die BASF schließt am Stammsitz Ludwigshafen elf Fabriken und 14 Teilanlagen. © Uwe Anspach

Uwe Liebelt, Leiter des Ludwigshafener BASF-Werks, kommt gerade von einem zweitägigen Strategie-Workshop in St. Johann. Dort, im Studienhaus der BASF, einem kleinen Schlösschen inmitten der Pfalz, ging es hart zur Sache. Wie werden die Wertschöpfungsketten wieder konkurrenzfähig? Die Zeiten, Liebelt sagt das in deutlichen Worten, sind nach wie vor schwierig. „Die Rahmenbedingungen werden kontinuierlich schlechter. Der Standort Deutschland wird zunehmend unattraktiv.“

Das Gesellschaftshaus der BASF in Ludwigshafen: Die IHK Metropolregion Rhein-Neckar hat zum „MRN Wirtschaftsforum“ geladen. Zu Gast sind Vertreter der Industrie- und Handelskammern sowie Unternehmerinnen und Unternehmer. Auch Verkehrs- und Digitalisierungsminister Volker Wissing (FDP) ist da. Das Thema: „MRN 2030: Digitalisiert, vernetzt, gut angebunden?“

Im BASF-Gesellschaftshaus: Albrecht Hornbach (v.l.), Präsident der IHK Pfalz, mit Digitalisierungsminister Volker Wissing und BASF-Werksleiter Uwe Liebelt. © J. Lotz

Liebelt holt auf dem Podium erst einmal weiter aus, bevor er zur Digitalisierung kommt. Deutschland habe strukturelle Probleme, die nicht einfach über Nacht verschwinden, erklärt er. Und zählt auf: die hohen Energiepreise, der Fachkräftemangel, die im internationalen Vergleich verhältnismäßig stark mit Steuern und Abgaben belasteten Unternehmen, die ausufernde Bürokratie. Zusammen mit schwach wachsenden Märkten eine schwierige Lage. „Es braucht dauerhaft Restrukturierungen. Das ist natürlich sehr anstrengend.“

BASF schließt am Stammsitz mehrere Fabriken und Teilanlagen

Der Werksleiter spricht aus eigener Erfahrung. Immerhin schließt die BASF am Stammsitz Ludwigshafen elf Fabriken und 14 Teilanlagen, weil sie aufgrund der hohen Energiepreise, vor allem für Erdgas, in Deutschland nicht mehr wettbewerbsfähig sind. Liebelt stellt klar: „Ludwigshafen wird nicht verschwinden, so viel kann ich Ihnen sicher sagen.“ Auch der neue BASF-Chef Markus Kamieth hatte sich vor Kurzem mit einem Post auf LinkedIn zum Standort bekannt. Doch Liebelt sagt im gleichen Atemzug, dass man sich immer öfter die Fragen stellen müsse: Ergibt es Sinn, alte Anlagen für viel Geld zu transformieren? Oder sollen sie nicht besser gleich woanders gebaut werden? Liebelt räumt ein: Einige Investitionen in Deutschland würden eher aus Patriotismus als aus wirtschaftlichen Gründen getätigt.

Nun will Liebelt Hoffnung verbreiten und nennt als Vorstandsvorsitzender des Vereins Zukunft Metropolregion Rhein-Neckar (ZMRN) Beispiele aus der täglichen Arbeit. „Um den Herausforderungen zu begegnen, wollen wir gemeinsam in der MRN länderübergreifend Projekte vorantreiben und haben dazu einen Strategieprozess initiiert. So streben wir die Vernetzung von ungenutzten Energiequellen an, um ein regionales klimaneutrales Wärmenetzwerk aufzubauen. Wir wollen Verwaltungs- und Steuerungsdaten beispielsweise im Bereich der Notfallmedizin verknüpfen und Strukturen und Prozesse schaffen, um außereuropäische Fachkräfte für die Region zu begeistern.“ Im Januar 2025 soll eine breite Strategie vorgestellt werden.

Gemeinsam stark

Der KooperationsmarkeIHK Metropolregion Rhein-Neckar“ gehören die Industrie- und Handelskammern Rhein-Neckar, PfalzDarmstadt Rhein-Main-Neckar und Rheinhessen an.

Nach eigenen Angaben vertreten die Kammern die Interessen von insgesamt rund 160 000 Unternehmerinnen und Unternehmern.

Ziel ist es, gemeinsam die Region weiter zu stärken. Zu den Themenfeldern gehören etwa Verkehrsinfrastruktur, digitale Infrastruktur, Standortqualität, Innovation sowie Fachkräftesicherung und -gewinnung.

Wissing macht bei seinem Vortrag einen Rundumschlag: Sanierung der Riedbahn zwischen Mannheim und Frankfurt, „Digitale Zwillinge“ im Brückenbau, Genehmigungsbeschleunigungsgesetz, Gigabitstrategie zum Glasfaser- und Mobilfunkausbau. „Wir investieren in die Verkehrswege, wir sanieren und modernisieren sie. Zudem treiben wir die Digitalisierung von Wirtschaft und Verwaltung voran, tragen zum Ausbau der digitalen Netze bei und schaffen ein innovationsfreundliches Umfeld, um die Chancen der Künstlichen Intelligenz zu nutzen.“ Wissing verspricht: „Wir wollen den optimalen Rahmen schaffen, um private Investitionen zu fördern.“

Auf dem Podium diskutieren Unternehmerinnen und Unternehmer aus den drei Bundesländern der Metropolregion Rhein-Neckar mit Bundesminister Wissing. Dabei zeigt Christoph Schäfer, Direktionsleiter beim Baukonzern Strabag, auf, wie komplex Planungen bei Infrastruktur-Projekten sind. Mehr Standardisierung in den Prozessen sei ein wichtiger Schlüssel, um dringend erforderliche Infrastruktur schneller zu realisieren. Um die Chancen aus dem „Genehmigungsbeschleunigungsgesetz“ nutzen zu können, ist seiner Meinung nach eine verlässliche Finanzierung nötig.

Regulierung dürfe nicht zum Verlust von Innovationskraft und internationaler Wettbewerbsfähigkeit führen, findet Olga Mordvinova, geschäftsführende Gesellschafterin von incontext.technology aus Heidelberg. Das Geschäft des Unternehmens ist industrielle Automatisierung und Künstliche Intelligenz.

Start-up mahnt intelligentere Verwaltung an

Jonas Deichelmann, Gründer des Start-ups 8devs aus Worms, hebt hervor, dass Digitalisierung von der Führungsebene aktiv vorgelebt werden müsse. Abläufe in der Verwaltung dürften nicht einfach nur digitalisiert, sondern müssten grundlegend neu gedacht werden.

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Zum Abschluss betont Albrecht Hornbach, Präsident der IHK Pfalz, die Schlüsselrolle der Wirtschaft bei der Bewältigung der Herausforderungen in der Metropolregion Rhein-Neckar. Er drängt auf einen massiven und vor allem schnellen Bürokratieabbau - und eine ernstzunehmende Senkung der Energiekosten. „Nur wenn die Unternehmerinnen und Unternehmer wieder das Vertrauen haben, dass der Staat weniger reguliert und mehr ermöglicht, werden sie wieder mehr investieren und so die Wirtschaft ankurbeln."

Redaktion berichtet aus der regionalen Wirtschaft

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