Heidelberg. Einen letzten Freiwurf galt es noch zu überstehen, dann brachen bei den Rhein-Neckar Löwen alle Dämme: Als Lasse Andersson von den Füchsen Berlin den Ball in die Abwehrmauer des Mannheimer Handball-Bundesligisten warf, explodierten die Emotionen. Auf dem Feld. Und auf den Rängen. Die 3791 Zuschauer im ausverkauften Heidelberger SNP Dome flippten komplett aus.
Und das aus gutem Grund. Denn das, was sie zuvor von den Löwen gesehen hatten, war nicht nur ein heroischer Kampf, sondern eine überragende Energieleistung der Badener gegen den Vize-Meister. Der Lohn für diesen überragenden Auftritt war ein 30:29 (12:16)-Sieg und der Einzug ins Pokal-Viertelfinale, in dem die Mannschaft von Trainer Sebastian Hinze auf den Ligakonkurrenten ThSV Eisenach trifft. Gegen die Thüringer verloren die Löwen zuletzt dreimal in Folge. Sie sind ein Angstgegner.
Bei den Löwen kehrte nach auskuriertem Daumenbruch und wochenlanger Zwangspause Spielmacher Juri Knorr zurück in den Kader. Er nahm zunächst aber auf der Bank Platz und sah, wie seine Mannschaft von Beginn an ins Hintertreffen gelang. Füchse-Superstar Mathias Gidsel machte zunächst mit der badischen Abwehr, was er wollte.
Der Däne erzielte zwei Treffer und holte einen Siebenmeter heraus - schon führte der Hauptstadtclub mit 4:2 (5.). Anders als noch bei der Bundesliga-Niederlage im Oktober hatten die Löwen den starken Berliner Rückraum ansonsten aber ganz gut im Griff. Allerdings erlaubten sie sich zunächst zu viele einfache Fehler und nutzten ihre klaren Chancen zu selten.
Füchse nutzen Löwen-Fehler
Ivan Martinovic startete gleich mit einem Siebenmeter-Fehlwurf, Patrick Groetzki scheiterte von der Rechtsaußenposition und ließ auch seine nächsten drei Möglichkeiten aus. Die Füchse erhöhten auf 6:3 (9.), ehe die Mannheimer dank der Paraden von Torwart Mikael Appelgren den Rückstand verkürzten und sogar die Chance zum Ausgleich hatten. Doch Olle Forsell Schefvert scheitete im Gegenstoß, wenige Sekunden schlug es dafür wieder im Löwen-Tor ein - 6:8 statt 7:7 (15.). Oft werden Spiele in kleinen Momenten wie diesen entschieden, weil sie der Partie eine gewisse Richtung geben. Gerade auch in emotionaler Hinsicht. An diesem magischen Abend kam es allerdings anders. Doch das ist die Geschichte der zweiten Halbzeit.
Beim 10:13 (24.) bot sich den Mannheimern in Überzahl die Chance, den Rückstand zu verkürzen. Doch der eingewechselte Knorr spielte einen viel zu riskanten Pass an den Kreis, Berlin nahm Tempo auf und bestrafte die Löwen sofort mit dem nächsten Treffer. Auch im nächsten Angriff mit einem Mann mehr auf dem Feld kamen die Löwen zu keiner klaren Abschlusschance, anschließend warf Martinovic überhastet über das Tor. Berlin musste gar nicht viel machen, um auf 16:10 (27.) davonzuziehen. Der Hauptstadt-Club konnte sich nämlich auf die Aussetzer des zweifachen Meisters verlassen und führte zur Pause verdient 16:12.
Entscheidung in letzter Sekunde
"Wir machen zu viele leichte Fehler und bekommen dann die einfachen Gegentreffer. Ein Vier-Tore-Rückstand ist zu viel“, meinte Löwen-Torwart Appelgren beim Seitenwechsel. Mit zehn Paraden (Fangquote 40 Prozent) war er bis dahin der beste Spieler seiner Mannschaft - und auch der Hoffnungsträger für eine Wende, die dann auch kam.
„Jeder ist an seine Grenzen gegangen und vielleicht sogar darüber hinaus“, freute sich Löwe Sebastian Heymann, der überragend verteidigte. Und dann fingen die Mannheimer auch an, sich endlich für ihre gute Abwehrarbeit zu belohnen und glichen tatsächlich zum 20:20 (40.) aus. Appelgren konservierte seine Form aus dem ersten Durchgang, Knorr traf zum 22:21 (43.). Es war die erste Löwen-Führung überhaupt.
Die Partie entwickelte sich zu einem echten Krimi - und zwar zu einem mit einem glücklichen Ende aus Mannheimer Sicht. Nachdem der eingewechselte Torwart David Späth einen Siebenmeter gehalten hatte, erhöhten die Mannheimer auf 25:23 (46.). Berlin glich drei Minuten später aber wieder aus und in einer wilden Schlussphase versäumten es die Löwen, noch einmal auf zwei Treffer davonzuziehen. Es wurde gezittert - bis zum letzten Wurf von Andersson. Dann stieg die Party.
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