Fußball-EM

Baumgartner: Rangnicks Musterschüler und Österreichs Hoffnungsträger

Christoph Baumgartner ist von Österreichs Nationaltrainer Ralf Rangnick zum Schlüsselspieler für diese EM auserkoren worden. Der frühere Hoffenheimer verkörpert viel von dem, was Rangnick bei einem Spieler sehen will

Von 
Frank Hellmann
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Sein Trainer Ralf Rangnick bezeichnet ihn als „Unterschiedsspieler“: Christoph Baumgartner. © Georg Hochmuth/dpa

Für flotte Sprüche ist Ralf Rangnick immer noch zu haben. Der Mann mag es, markig zu formulieren. So wie zur Konstellation in jener Gruppe, die Österreich bei dieser EM in Deutschland erwischt hat. „Gehen Sie in ein Wettbüro und fragen Sie, wie die Quoten für die vier Länder in der Gruppe aussehen. Ich glaube nicht, dass wir unter den Top Zwei der Gruppe sind.“

Tatsache ist, dass Rangnicks Auswahl mit Frankreich und den Niederlanden zwei Gegner aus den Top Acht der Weltrangliste erwischt hat - und daher nun im zweiten EM-Gruppenspiel gegen Polen an diesem Freitag (18 Uhr/live in der ARD und bei Magenta-TV) ziemlich unter Druck steht.

Kleiner Vorteil für Österreicher: Sie bestreiten nach der Auftaktniederlage gegen Frankreich (0:1) zwei Heimspiele im Berliner Olympiastadion, denn nun kommt die Lage ihres Stammquartiers im Schlosshotel Grunewald voll zum Tragen. Nur 15 Minuten sind es mit dem Bus bis zum Stadion.

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Wohlgefühlt hat sich die österreichische Delegation in der Hauptstadt vom ersten Tag an. „Teamgeist“ soll zudem bei den Rot-Weiß-Roten mehr als nur der Titel einer Doku-Reihe über den Weg zu dieser Endrunde sein. „Man merkt bei der Nationalmannschaft, wie sich jeder unfassbar darauf freut, hierherzukommen. Da rennt der Schmäh. Das macht uns sehr, sehr stark“, sagte Christoph Baumgartner gleich beim Einzug. Der 24-Jährige gehört zur zwölfköpfigen Gruppe, die Erfahrung aus der deutschen Bundesliga einbringt - und er ist derjenige, der vielleicht am meisten von Rangnick profitiert hat.

Torschütze beim Prestigeerfolg gegen Deutschland

Als Prototyp des flinken Pressingspielers, der sich für keinen Weg gegen den Ball zu schade ist - und dann beim Umschalten gedankenschnell in die freien Räume stürmt. Dass sein Nationalcoach dem FC Bayern abgesagt habe, sei das Beste gewesen, „was dem österreichischen Fußball passieren konnte. Er bringt unfassbar viel Expertise mit, er investiert extrem viel Zeit und Energie und er erwartet das auch von jedem Spieler und Betreuer“, erzählt die Offensivkraft von RB Leipzig.

Baumgartner (links) scheint nach seiner vergebenen Großchance fassungslos. Fast im Gegenzug fällt das Siegtor für die Franzosen. © Fabian Strauch/dpa

Rangnick steht im Gegenzug auf Akteure wie den blonden Quirl, die bereitwillig umsetzen, was ihr Lehrmeister vorgibt: fortwährend unterwegs sein, wiederholt Unruhe stiften. Ein Musterschüler, der in 39 ÖFB-Einsätzen schon 15 Tore erzielt hat. Übrigens auch beim Prestigeerfolg gegen Deutschland, als im November vergangenen Jahres der Wiener Prater bebte.

Rangnick wundert sich, dass Baumgartner in Leipzig kein Stammspieler ist

Österreichs Nummer 19 steht in der Hierarchie mittlerweile vor Marko Arnautovic, der als Österreichs Rekordnationalspieler (113 Einsätze/36 Tore) nur noch zweite Wahl ist. Der Wandervogel verkörpert einen Stürmertyp, auf den Rangnicks Schablone nicht richtig passt. Der 35-Jährige muss sich bei seinem letzten Turnier als Joker begnügen, denn Rangnick bezeichnet Baumgartner als „Unterschiedsspieler“, der „absolut gesetzt“ sei.

„Er strotzt vor Selbstvertrauen, ist wirklich auch ein Spieler, der vorangeht.“ Man könne sich eigentlich kaum vorstellen, dass er in Leipzig kein Stammspieler sei, „wenn man ihn hier bei uns sieht“, findet Rangnick, der ehemalige RB-Projektleiter. 24 Millionen Euro Ablöse zahlten die Sachsen, um den Niederösterreicher von der TSG Hoffenheim loszueisen.

Stürmer hadert mit vergebener Großchance gegen Frankreich

Baumgartner hatte im Vorlauf der EM in fünf Länderspielen in Folge getroffen, was zuvor nur Hans Krankl schaffte. Auch gegen die favorisierten Franzosen tat sich eine einmalige Gelegenheit auf. Doch anstatt den Ball in der 36. Minute einfach ins Tor zu schießen, traf er Torhüter Mike Maignan. Eine Minute später fiel das Gegentor - und Österreichs Trainer regte sich furchtbar darüber auf, dass der spanische Schiedsrichter Jesus Gil Manzano keinen Eckball gegeben hatte.

Der Spieler haderte hingegen mit seiner Großchance. „Ich habe einen Tick zu lange gewartet“, sagte Baumgartner bei Servus TV. Er habe den Ball über den Fuß des Keepers lupfen wollen. „Es ist bitter. Wir hatten Möglichkeiten, das Spiel auf unsere Seite zu ziehen.“ Gegen Polen ist es an der Zeit, es besser zu machen.

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