Handball

Nach Sieg im Pokal: Wie gut sind die Rhein-Neckar Löwen?

Überragende Siege gegen Topteams - aber auch immer wieder Aussetzer. Die Rhein-Neckar Löwen sind ein Team der Extreme. Doch wie wollen sie das verändern?

Von 
Marc Stevermüer
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Jubel bei den Löwen Gustav Davidsson (von links), Juri Knorr, Mikael Appelgren und David Späth. © Max Krause

Mannheim. Als sich die überschäumende Freude ein wenig gelegt hat, kehren die Spieler der Rhein-Neckar Löwen tröpfchenweise zurück aus der Kabine in den Innenraum des Heidelberger SNP Domes und schauen gespannt auf die Mitte des Spielfeldes. Dort beginnt gerade die Auslosung des Viertelfinales im DHB-Pokal.

Und auch der Mannheimer Handball-Bundesligist befindet sich nach dem sensationellen 30:29-Sieg über die Füchse Berlin in einer Loskugel, die wenige Minuten später unter dem großen Jubel der 3791 Zuschauer gezogen wird.

Rhein-Neckar-Löwen: Es scheint so, als gebe es diese Mannschaft zweimal

Kurz danach geht ein Raunen durch das Publikum. Und auch die Löwen machen große Augen, als der Gegner feststeht. Es geht am 18. oder 19. Dezember in eigener Halle gegen den ThSV Eisenach. Also genau gegen jene Mannschaft, die Torwart Mikael Appelgren anschließend als „unseren Endgegner“ bezeichnet. Eine durchaus treffende Formulierung. Denn seit dem Aufstieg der Thüringer in die Bundesliga hat der zweifache Meister und Pokalsieger alle drei Spiele gegen den ThSV verloren. Zuletzt vor zwei Wochen in der Mannheimer SAP Arena.

In einer ersten Reaktion spricht Trainer Sebastian Hinze davon, dass ihm das erneute Duell mit den Eisenachern „egal“ sei. Fast wirkt es so, als reagiere er auf diesen Gegner ein wenig allergisch. Was nachvollziehbar wäre. Denn bislang stellte der ThSV die Löwen immer vor unlösbare Rätsel - und löste damit auch Diskussionen um Hinze aus. Doch die Badener sind nun gewillt, diesem Fluch ein Ende zu setzen. „Wir haben viel Lehrgeld (gegen Eisenach: Anmerkung der Redaktion) bezahlt“, gibt Hinze zu: „Und vielleicht ist das Viertelfinale ein guter Zeitpunkt, um alles zusammenzuführen. An dem Tag wäre es ganz schön, Eisenach zu schlagen.“

Alles beginnt immer im Kopf und mit der Haltung, also damit, wie wir in ein Spiel gehen.
Juri Knorr Löwen-Spieler

Spielmacher Juri Knorr geht fest davon aus. Er zweifelt nicht. „Keine Angst, gewinnen wir“, legt sich der 24-Jährige kurz und knapp fest und lebt damit das vor, was er von allen Löwen künftig einfordert: „Wir können mit breiterer Brust auftreten.“ Genau das sei zuletzt aber nicht der Fall gewesen. Die „Körpersprache“ habe „gefehlt“, was „schade“ sei, meint Knorr mit Blick auf die Niederlagen in Lemgo und gegen Eisenach: „Alles beginnt immer im Kopf und mit der Haltung, also damit, wie wir in ein Spiel gehen.“

Der Mittelmann ist vom Leistungsvermögen seiner Mannschaft überzeugt. Und doch stellt sich die Frage: Wie gut sind diese Löwen denn wirklich? Die Antwort darauf lautet: Momentan weiß man das nicht so genau. Denn zwischen Maskenfall und Maskenball liegt bei den Mannheimern nicht sehr viel. Mal zeigen sie ihr ganzes Talent. Und mal verstecken sie es. Man könnte meinen, es gebe diese Mannschaft zweimal. Denn auf der einen Seite stehen Siege über Bundesliga-Spitzenreiter MT Melsungen, Rekordmeister THW Kiel und Champions-League-Teilnehmer Füchse Berlin. Und auf der anderen Seite gibt es da eben auch die genannten Aussetzer.

Handballspieler Juri Knorr glaubt an die mentale Stärke der Rhein-Neckar-Löwen. © dpa

„Wir sind eine gute Mannschaft“, sagt Knorr dennoch voller Überzeugung. Er schränkt allerdings ein, dass „wir beides sein“ können. Also auch eine schlechte. Was aus den Mannheimern ein Team der Extreme macht. Sie können gegen jeden gewinnen, aber auch verlieren. Und das sagt viel über das Potenzial, aber auch den Ist-Zustand aus.

Konstanz ist eben ein Qualitätsmerkmal. Wahrscheinlich sogar eines der allerwichtigsten. Es müssen nicht immer überragende Auftritte sein, doch eine Spitzenmannschaft - und die wollen die Löwen wieder werden - zeichnet ein verlässliches und immer abrufbares Grundniveau aus.

Das weiß auch David Späth, weshalb es kein Zufall ist, dass der ehrgeizige Torwart kurz nach der Gala gegen Berlin davon spricht, dass „wir nach solch einem Hoch die Leistung stabilisieren“ müssen. Schon am Sonntag (15 Uhr/live bei Dyn) beim punktlosen Tabellenletzten VfL Potsdam, wo es erneut darauf ankommt, mit der richtigen Haltung und entsprechend selbstbewusst in die Partie zu gehen. Es geht also nicht nur darum, wie die Löwen spielen, sondern es kommt auch darauf an, was sie ausstrahlen.

Fans feierten die Rhein-Neckar-Löwen

„Gegen Berlin hatten wie die Energie auf dem Feld, die wir auch zu Saisonbeginn gezeigt haben“, sagt Sebastian Heymann, der das selbst wie kein anderer Löwe auf dem Feld vorlebte. Giftig und gallig, entschlossen und emotional. Oder wie es der mit zehn Treffern überragende Ivan Martinovic nach dem Schlusspfiff völlig erschöpft zusammenfasst: „Wir haben jede gelungene Abwehraktion wie ein eigenes Tor gefeiert.“ Es war ein permanenter Ausschlag an Emotionen. Die Löwen brannten - und entfachten ein Feuer. Auf dem Feld. Und auf den Rängen.

Der ausverkaufte SNP Dome wurde zu genau dem Hexenkessel, den sich die Badener gewünscht hatten. Auch das Viertelfinale gegen Eisenach wird der zweifache Meister in dem engen Heidelberger Schmuckkästchen austragen, wo die Löwen in der vergangenen Saison auch keines ihrer acht Spiele in der European League verloren haben. Das nennt man wohl Heimvorteil.

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„Hierhin kann jeder kommen. Mit dieser Unterstützung werden wir ins Final Four einziehen“, legt sich Späth fest. Und bei der Pokal-Endrunde in Köln ist bekanntlich immer alles möglich. Keiner weiß das besser als die Löwen selbst. 2023 holten sie den Pokal. Vor dem Triumph verloren sie vier Ligaspiele, danach noch einmal drei - also sieben in Serie. Wenn man so will, waren die Badener schon damals eine Mannschaft der Extreme.

Redaktion Handball-Reporter, Rhein-Neckar Löwen und Nationalmannschaft

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