Mannheim. Das Wörtchen „zufrieden“ impliziert ja eigentlich immer, dass es auch noch ein bisschen besser geht. Doch wenn Olle Forsell Schefvert über seine Karriere als Handball-Profi spricht, geht Zufriedenheit eher mit Dankbarkeit einher. Der Rückraumspieler der Rhein-Neckar Löwen ist ausgesprochen glücklich mit dem, was er aus seinem Talent gemacht hat. „Ich war in meiner Jugendmannschaft nicht der größte Star, ich bin ein Spätzünder“, sagt der 31-jährige Schwede über seine Anfänge, in denen sich früh abzeichnete, dass Forsell Schefvert weder ein Wunderkind noch ein Senkrechtsrater sein wird.
Wechsel nach Melsungen mit Chance auf die Champions League
Der Rechtshänder musste sich immer alles hart erarbeiten, die Fortschritte erfolgten langsamer. Aber stetig. Und es waren die kleinen Schritte, mit denen er es weit nach oben schaffte. Was der Schwede extrem zu schätzen weiß: „Nicht alle Handballer dürfen in der Bundesliga spielen. Und zwar vollkommen unabhängig davon, wie viel sie gekämpft und trainiert haben.“ Forsell Schefvert hingegen wird in wenigen Wochen seine achte Saison in der besten Liga der Welt hinter sich haben. Fünf Jahre bei der HSG Wetzlar, drei bei den Löwen. Und ab Juli folgen zwei weitere Jahre bei der MT Melsungen, die sich die Dienste des Vorzeigeprofis gesichert hat und die in der nächsten Saison vielleicht sogar in der Champions League aktiv ist.
„Wenn alles glatt läuft, werde ich dann zehn Jahre in der Bundesliga gespielt haben. Als ich jung war, habe ich das niemals erwartet. Erst recht nicht mit meiner Verletzungshistorie“, sagt Forsell Schefvert, der bereits im Herbst des vergangenen Jahres von den Verantwortlichen der MT kontaktiert worden und gefragt worden war, ob er sich einen Wechsel vorstellen könne. „Sie haben mir einen guten Plan aufgezeigt“, erklärt der Schwede seine Beweggründe für den Weggang – und gibt zu, sich vom Werben der Nordhessen auch ein wenig geehrt zu fühlen: „Wenn eine Topmannschaft mich haben will, zeigt das, dass ich eine gute Saison spiele.“ Was der 31-Jährige zweifelsohne macht. Er gehört zu den wichtigsten Spielern des badischen Bundesligisten.
„Es fällt mir schwer, über meine eigene Leistung zu sprechen. Ich habe mehr Verantwortung im Angriff bekommen. Zehn Würfe pro Spiel – das hatte ich früher nie und das merke ich jetzt an meiner Schulter“, witzelt der Rechtshänder, der sich in neuer Rolle „total wohl“ fühlt. Nach dem verletzungsbedingten Ausfall von Sebastian Heymann ist der Schwede nicht mehr nur als Abwehrchef und Organisator des Umschaltspiels gefragt, sondern muss auch im Positionsangriff Akzente setzen. Was ihm seit Monaten in herausragender Konstanz gelingt. Und auch auf der für ihn ungewohnten Linkshänderposition im Rückraum hilft der 31-Jährige aus, da Ivan Martinovic mit gleich zwei Patellasehnenverletzungen in diesem Jahr praktisch gar nicht zur Verfügung stand.
Mit bislang 65 Assists ist der Schwede in dieser Saison bester Vorlagengeber bei den Löwen, seine Wurfquote von 67 Prozent (70 Tore) ist für einen Rückraumspieler sehr stark. Hinzu kommt, dass Forsell Schefvert kaum Fehler macht, sich seiner hohen Verantwortung für den Ball stets bewusst ist und richtige Entscheidungen trifft. Kurzum: Ballverluste kommen bei ihm kaum vor, was ihn zu einer unverzichtbaren Größe macht und die Frage aufwirft, ob die Löwen ihn in der nächsten Saison trotz durchaus beachtlicher Transferoffensive tatsächlich ersetzt bekommen.
Doch das kann Forsell Schefvert egal sein. Er spürt, dass nun der richtige Zeitpunkt für einen Abschied gekommen ist. „Ich bin dankbar, dass ich hier spielen durfte. In der SAP Arena, in der große Spieler große Sachen erlebt und erreicht haben“, sagt der Schwede und zählt ein paar Profis auf, deren Namen als höchste Form der Ehrerbietung auf einem Banner unter dem Hallendach hängen: Andy Schmid, Bjarte Myrhol, Alexander Petersson, Uwe Gensheimer, Gedeón Guardiola. Auch für die Meisterschaften (2016, 2017) und die DHB-Pokalsiege (2018, 2023) hängen Banner unter dem Arena-Dach, beim überraschenden Pokalerfolg 2023 war Forsell Schefvert als ein entscheidender Spieler dabei: „Ein kleiner Teil der Fahne gehört mir. Das macht mich unglaublich stolz. Ich war dabei, als Uwe Gensheimer bei seiner zehnten Final-Four-Teilnahme zum ersten Mal gewonnen hat.“
Keine Frage: Der Noch-Löwe denkt gerne an den Erfolg zurück, sieht den Verein aber zum aktuellen Zeitpunkt auch am Limit angekommen. „Ich habe in den drei Jahren das erreicht, was möglich war. In der ersten Saison Bundesliga-Fünfter und Pokalsieger, in der zweiten Dritter in der European League und jetzt waren wir wieder beim Final Four um den DHB-Pokal dabei. Wenn man unsere Ausfälle bedenkt, spielen wir eine solide Saison“, meint der Rechtshänder und legt sich fest: „Wir haben in den drei Jahren das Maximale herausgeholt.“
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