Mannheim. Für Uwe Gensheimer könnte der Tag momentan vermutlich gerne mehr als 24 Stunden haben. Denn der Sportchef der Rhein-Neckar Löwen ist gerade ein viel beschäftigter Mann. Der Ex-Profi bildet sich ständig für seine neue Aufgabe nach seinem Karriereende fort, verfolgt die Entwicklung des eigenen Teams und plant noch dazu die Zukunft des Handball-Bundesligisten, bei dem einige Personalentscheidungen anstehen.
Da hilft es natürlich ungemein, wenn es sportlich wieder läuft und er nicht auch noch als Krisenmanager und -kommunikator einspringen muss. Zuletzt gewannen die Mannheimer dreimal in Folge. Am Donnerstag (19 Uhr) können sich die Löwen mit einem Sieg über den VfL Gummersbach in der Verfolgergruppe der punktgleichen Spitzenreiter MT Melsungen und TSV Hannover-Burgdorf festsetzen.
Die wichtigste Personalie: Was wird aus Trainer Hinze?
Die aktuelle Phase „tut gut“, gibt Gensheimer zu. Denn sie sorgt für Ruhe. Auch in der Trainerfrage, die trotzdem beantwortet werden muss. Der Vertrag von Sebastian Hinze endet im Sommer 2025.
Nach den beiden Niederlagen in Lemgo und gegen den ThSV Eisenach Ende Oktober und Anfang November stärkte der Sportchef dem Trainer demonstrativ den Rücken. Fest steht: Die beiden schätzen sich. Sie liegen auf einer Wellenlänge. Und im Gespräch mit dieser Redaktion verdeutlicht Gensheimer, dass er gerne „so früh wie möglich“ eine Entscheidung bei dieser Personalie hätte. Weil davon eine Menge abhängt. „Es gab viele Gespräche und ich hoffe, dass es dann auch irgendwann Klarheit gibt. Ich habe meine Meinung schon kundgetan“, sagt Gensheimer. „Aber am Ende bin ich es nicht alleine, der die Entscheidung trifft.“
Auch der Aufsichtsrat ist beteiligt. Und es geht um die zentrale Frage: Sind die Löwen-Bosse davon überzeugt, dass der Weg mit Hinze der richtige ist und zum Erfolg führt? Geht es mit ihm also perspektivisch zurück in die Bundesliga-Spitzengruppe? Es steht eine Grundsatzentscheidung an. Und die Argumente liegen auf dem Tisch.
Die erste Saison mit Hinze lief mit Pokalsieg und Platz fünf nicht nur deutlich besser als erwartet, sondern sensationell gut. Darauf folgte die schlechteste Bundesliga-Spielzeit seit dem Aufstieg 2005. Und in dieser Runde haben die Löwen momentan ihr Zwischentief überwunden und gehören derzeit zu den Europapokalanwärtern. Einzelne Profis haben zudem die erhoffte Entwicklung genommen.
Das gilt allen voran für Gustav Davidsson. Der Schwede kam im Sommer 2023 zu den Badenern und spielte wirklich keine gute erste Saison. Technische Fehler, Ballverluste und Unsicherheiten reihten sich aneinander. Doch seit ein paar Monaten präsentiert sich der 24-Jährige ganz anders. In Abwesenheit von Juri Knorr übernahm er die Spielmacherrolle, die ihm deutlich mehr liegt als die Halbposition.
Dass Davidsson in der entscheidenden Phase im Pokalkrimi gegen Berlin auf dem Feld stand und stabil blieb, spricht für ihn. Dass die Niederlagen in Lemgo und gegen Eisenach nicht an der Angriffsleistung lagen, ebenfalls. „Ich finde es gut, wie er mit den Themen Spielkontrolle und Spielsteuerung umgeht. Er strahlt mittlerweile auch etwas aus auf dem Spielfeld. Man sieht das gestiegene Selbstvertrauen in seinen Aktionen. Er war ein Faktor gegen Berlin. Gustav füllt seine Rolle gut aus und hat in den zurückliegenden eineinhalb Jahren eine gute Entwicklung genommen“, urteilt Hinze.
Gensheimer teilt diese Einschätzung. Der 38-Jährige spricht von „deutlichen Fortschritten“ bei Davidsson, dessen Arbeitspapier bei den Löwen im Sommer 2025 endet. Der Sportchef verrät, schon mehrfach mit dem Spieler über eine Weiterbeschäftigung in Mannheim gesprochen zu haben: „Wann das finalisiert wird, kann ich momentan nicht beantworten.“ Es sieht aber ganz stark nach einer Vertragsverlängerung aus.
Tissier ein heißer Kandidat als Knorr-Nachfolger
Gesucht wird außerdem nach einem Nachfolger von Spielmacher Knorr, der im Sommer zum dänischen Erstligisten Aalborg wechselt. Momentan deutet viel darauf hin, dass Leif Tissier vom HSV Hamburg zu den Löwen kommt. Der 24-Jährige wäre im Sommer 2025 ablösefrei zu haben und wird den Verein laut „Bild“ verlassen. Nach Informationen dieser Redaktion werben die Löwen intensiv um Tissier, der in Hamburg geboren wurde und seit 2015 - also seit der Jugend – das HSV-Trikot trägt.
Mit den Hanseaten ging er den Weg von der 3. Liga in die Bundesliga. Der Spielmacher ist das Aushängeschild des Vereins. Im April machte er aber gegenüber der „Morgenpost“ deutlich, sich perspektivisch einen Abschied aus der Heimat vorstellen zu können. Die Lust auf etwas Neues kann sehr groß sein – das weiß auch Gensheimer, der die Löwen als Spieler mal für drei Jahre in Richtung Paris Saint-Germain verließ.
Jaganjac oder Forsell Schefvert - bleibt nur einer von beiden?
Tissier wurde gerade erst von Bundestrainer Alfred Gislason in den 35er-Kader für die Weltmeisterschaft Anfang 2025 berufen. Mit Blick auf seine Zukunftsplanung sagte der umworbene Mittelmann zuletzt dem Streamingdienst Dyn: „Ich möchte das nicht so lange rauszögern. Ich möchte jetzt in den nächsten Wochen eine Entscheidung haben für mich, dass ich da mit mir klar bin. Und dann werden wir sehen.“
Nicht ganz so einfach wird es für die Löwen bei den Rückraum-Rechtshändern Halil Jaganjac und Olle Forsell Schefvert, weil sich diese Personalien gegenseitig bedingen. Der Vertrag von Forsell Schefvert endet ebenso im kommenden Sommer wie der von Jaganjac, der nur vom polnischen Topclub KS Kielce ausgeliehen ist und eigentlich im nächsten Jahr zurück zu seinem Stammverein müsste.
Jaganjac sagt aber, dass er bei den Löwen bleiben möchte. Für ihn müssten die Badener eine Ablösesumme zahlen. Das größere Problem ist jedoch, dass die Mannheimer aktuell gar nicht einschätzen können, in welcher Verfassung der Kroate nach zweijähriger Verletzungspause zurückkehrt und wie belastbar seine lädierte Schulter dann tatsächlich ist.
Dass sich der zweifache Meister Jaganjac und Forsell Schefvert plus einen Knorr-Ersatz leisten kann und will, ist nach Informationen dieser Redaktion eher fraglich. Es läuft vermutlich auf die Frage hinaus: Jaganjac oder Forsell Schefvert?
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„Das ist keine einfache Gesamtsituation“, gibt Gensheimer zu: „Wir können momentan nicht realistisch einschätzen, in welchem Zustand Halil zurückkehrt. So ehrlich müssen wir sein. Wenn er wieder so spielt, wie wir ihn vor seiner Verletzung kennengelernt haben, ist er für jede Mannschaft ein Gewinn. Ich hoffe, dass er dieses Niveau wieder erreicht. Und dann ist er ein Spieler, den wir gerne in unserer Mannschaft hätten.“
Die Wörter „wenn“, „hoffe“ und „hätten“ unterstreichen allerdings die große Ungewissheit in dieser Frage. Wenngleich Gensheimer auch noch etwas anderes zu bedenken gibt: „Am Ende entscheiden ja nicht nur wir alleine.“
Bei Jaganjac hat Kielce ein Wörtchen mitzureden. Und Forsell Schefvert kann sich nach Vertragsende im Sommer seinen Arbeitgeber aussuchen. In Branchenkreisen wird über ein Interesse der MT Melsungen am Schweden spekuliert, da die Nordhessen am Saisonende Elvar Örn Jónsson an den SC Magdeburg verlieren. Dieser Wechsel wurde zwar noch nicht bestätigt, ist nach Informationen dieser Redaktion aber nur noch Formsache.
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Bergsträßer Anzeiger Plus-Artikel Kommentar Trainerfrage bei den Rhein-Neckar Löwen ist ein Frage der Überzeugung