Handball

Das kann sich Ex-Nationalspieler Uli Roth mit den Rhein-Neckar Löwen vorstellen

Ex-Nationalspieler Uli Roth ist das bekannteste Gesicht der SG Leutershausen. Was er sich künftig zusammen mit den Rhein-Neckar Löwen vorstellen kann, erzählt der 62-Jährige im Interview

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Marc Stevermüer
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„Zwischen 2. und 3. Liga liegen in finanzieller Hinsicht Welten“, sagt Uli Roth. © Schilling

Leutershausen. Herr Roth, zur neuen Saison wird die Handball-Spielgemeinschaft Saase³Leutershausen, bestehend aus den vier Vereinen SG Leutershausen, TV Germania Großsachsen, SG Hohensachsen sowie TSG Lützelsachsen, an den Start gehen. Sie haben diesen Zusammenschluss zur „S³L“ seit Jahren angeregt. Warum hat es so lange gedauert?

Uli Roth (lacht): Es lagen keine Steine, sondern Felsbrocken im Weg. Und die mussten erst einmal weggeräumt werden. Gerade auch emotional.

Wie fühlt sich das für Sie persönlich als SGL-Urgestein an?

Roth: Je näher die Spielgemeinschaft kam, desto klarer wurde mir, dass es die Handballer der SG Leutershausen in der bisherigen Form nicht mehr geben wird. Ich erinnere mich an unsere erste Präsentation zur Spielgemeinschaft, damals in der Sachsenhalle. Es waren etwa 400 Interessierte da. Und ich habe zu Beginn meiner Begrüßung gesagt: „Leute, ganz ehrlich: Mir fällt das auch wahnsinnig schwer, weil in mir rot-weißes Blut fließt. Und nicht mehr die Roten Teufel zu sein, das ist schon schwierig.“ Ich habe alle Jugendteams bei der SGL durchlaufen, dann in der ersten Mannschaft gespielt und kam später noch einmal zurück, weil die SGL immer mein Heimatverein war. Wir wurden 1992 Vizemeister, haben 1993 das Halbfinale im Europapokal erreicht. Diese lange Zeit hat mich geprägt. Und wenn sich dann die Handballabteilung in eine Spielgemeinschaft begibt, ist der Name SG Leutershausen für die Handballer erstmal weg. Das ist etwas Historisches.

Uli Roth – das Urgestein der SG Leutershausen

 

  • Uli Roth wurde am 15. Februar 1962 in Heidelberg geboren.
  • Gemeinsam mit seinem Zwillingsbruder Michael begann er bei der SG Leutershausen mit dem Handballspielen.
  • Bis 1982 blieb der Kreisläufer bei der SGL, dann wechselte er zur MTSV Schwabing nach München.
  • Von 1987 bis 1990 trug Roth das Trikot des TV Großwallstadt, dann kehrte er zur SGL zurück und wurde mit seinem Heimatverein 1992 deutscher Vizemeister.
  • Roth gewann mit dem MTSV Schwabing den DHB-Pokal (1986). Mit Großwallstadt gewann er diesen Titel 1989 erneut und wurde ein Jahr später mit den Mainfranken Meister.
  • Das Leutershausener Urgestein bestritt 151 Länderspiele und gewann mit der deutschen Nationalmannschaft 1984 in Los Angeles Olympia-Silber.
  • Nach seiner aktiven Handball-Karriere managte er bis 2017 die Musikgruppe „Pur“. Mit seiner Agentur „Nummer 10“ vermittelt, berät und vermarktet er seit einigen Jahren Profisportler. In verschiedenen Funktionen bringt er sich außerdem seit langer Zeit bei der SGL ein.

Warum ist diese Entscheidung trotzdem richtig?

Roth: Wenn man Kompromisse eingeht, kommt man einen Schritt voran. Es ist eine Entscheidung für die Zukunft. Die demografische Entwicklung führt dazu, dass immer weniger Kinder Handball spielen. Es fehlt die Quantität. Und damit auch die Qualität. Von der Bergstraße haben sich zuletzt immer mehr Kinder in Richtung Schwetzingen und Kronau orientiert, weil wir keine passende Perspektive bieten konnten. Das soll sich ändern, wir wollen eine Institution an der Bergstraße sein. Und das geht nun mal nur, wenn man die Kräfte bündelt. Denn dann wird man stärker, kann eigene Spieler ausbilden und sie an die erste Mannschaft heranführen. Das war zuletzt kaum noch möglich. Weder bei uns noch in Großsachsen.

Also ist der Zusammenschluss jetzt eher eine Vernunft- oder eine Herzensentscheidung?

Roth: Zunächst einmal finde es wahnsinnig toll, wie viele junge Menschen sich ehrenamtlich bei der Umsetzung dieses Projekts eingebracht haben. Das hat mich beeindruckt. Es sind sehr viele vernünftige Entscheidungen getroffen worden mit sehr vielen vernünftigen Menschen. Entsprechend ist daraus nach vielen guten Gesprächen eine Herzensentscheidung geworden. Weil alle erkannt haben: Allein wird es nicht funktionieren. Wenn es um die Sache geht, müssen Farben, Namen, Eitelkeiten und andere Dinge, die am Ende nicht so wichtig sind, hintanstehen.

Um die Dimension dieser Spielgemeinschaft zu verstehen: Wie groß ist die Rivalität zwischen Großsachsen und Leutershausen?

Roth: Das fing schon in den 70er Jahren an, als durch die Vereinigung zwischen Großsachsen und Leutershausen die Gemeinde Hirschberg entstand. Da gab es große politische Diskussionen und Widerstände. Aber auch das hat man gelöst bekommen. So wie jetzt mit der Spielgemeinschaft. Die Rivalität existiert natürlich trotzdem noch, weil Leutershausen das größere und das bekanntere Dorf ist. Im Handball stand die SGL auch lange Zeit vorm TVG. Aber wir müssen ebenso ganz klar sagen: Als wir 2006 in die Insolvenz gingen mit der SGL, da waren wir ganz klein. Es hat nicht viel gefehlt und die SG Leutershausen würde es heute gar nicht mehr geben. In dieser Zeit war Demut angesagt.

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Immerhin gab es nach dem Neustart einige direkte Duelle gegen Großsachsen. Erst in der Oberliga, dann in der 3. Liga.

Roth: Die Derbys waren toll, die Hallen jeweils voll. Aber so ehrlich muss man sein: Von den Einnahmen konnte doch auch keiner der beiden Vereine ein ganzes Jahr leben. Und schon damals reifte in mir die Erkenntnis, dass zwei Drittligisten in einer 10 000-Einwohner-Gemeinde sich gegenseitig im Weg stehen. Ob das Spieler sind, ob das Sponsoren sind, ob das Hallenbelegungen sind - man hat sich gegenseitig alles weggenommen. Dieses Problem gibt es jetzt nicht mehr.

Mit welchen Effekten?

Roth: Es gibt eine Spielgemeinschaft, ein Sponsorenkonzept. Leutershausen, Großsachsen, Lützelsachsen und Hohensachsen finden jetzt nicht mehr nur für sich in ihrem Ort statt, sondern auf einer viel größeren Fläche. Deswegen sage ich noch einmal: Dieser Zusammenschluss macht so unglaublich viel Sinn.

Die SGL hat nach ihrer Insolvenz und der Rückkehr in die 2. Liga im Jahr 2014 keine neue Lizenz für die 2. Liga gestellt und ist aus Kostengründen freiwillig abgestiegen. Ist die 2. Liga künftig auch für eine Spielgemeinschaft nicht finanzierbar?

Roth: Zwischen 2. und 3. Liga liegen in finanzieller Hinsicht Welten. Wenn man da mitmachen will, benötigt man ein entsprechendes Finanzkonstrukt. Natürlich kann man den Spielern nicht verbieten, aufzusteigen. Aber in solch einem Fall gäbe es - Stand jetzt - nicht mehr Geld. Das war übrigens damals mit der SGL auch schon so. Ich bin aber ohnehin kein Freund davon, zufällig aufzusteigen.

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Wann gibt denn den gezielten Aufstieg?

Roth (lacht): Wir wollen uns jetzt erstmal sortieren und aufstellen. Dafür brauchen wir eine gut organisierte Geschäftsstelle, wir investieren in erster Linie in die Struktur. Das haben wir in der Vergangenheit eher nicht so gemacht. Da hat man das Geld lieber in den Sport gesteckt. Aber sportlicher Erfolg ist nur dauerhaft möglich, wenn auch die Strukturen wachsen und professionalisiert werden. Dafür werden wir uns zwei Jahre Zeit nehmen. Und dann, das steckt natürlich in unserer DNA, kann man mittel- oder langfristig über Zweitliga-Handball sprechen. Aber klar ist auch: Dafür benötigen wir den einen großen Hauptsponsor, der uns eigentlich schon immer bei der SGL gefehlt hat. Ich glaube aber, dass uns diese Spielgemeinschaft neue Möglichkeiten eröffnet. Mal ganz abgesehen davon, dass mir seit Jahren eine andere Idee im Kopf herumschwirrt.

Welche?

Roth: Ich bin davon überzeugt, dass wir als Zweitligist ein sehr gutes Farmteam für die Rhein-Neckar Löwen wären.

Warum?

Roth: Weil den Löwen ein Glied in ihrer Verbindungskette fehlt. Sie haben die eigene Drittliga-Mannschaft und die Profis. Dazwischen fehlt aber etwas: Und zwar ein Zweitligateam. Man kann in der 2. Liga sehr gut eigene Talente entwickeln, anstatt Spieler aus dem Ausland zu holen.

Die Bezeichnung Farmteam geht aber weit über eine Kooperation hinaus.

Roth: Ich weiß. Da geht es dann auch nicht mehr um das eine oder andere Zweitspielrecht, sondern um eine gewisse Form der Unterwerfung. Denn es entscheidet der Trainer der Bundesliga-Mannschaft, wie das Spielkonzept für alle aussieht. Wichtig ist dabei eine gute Organisation zwischen dem Trainer der Erstliga-Mannschaft, dem Trainer des Zweitligisten, dem Trainer des Drittligateams und dem Trainer der A-Jugend. Das ist die Kette, die ich meine.

Also ein Modell, wie es die Füchse Berlin mit dem VfL Potsdam praktizieren?

Roth: Ja, genau. Diese Idee habe ich den Löwen schon vorgestellt, als ihr Manager noch Thorsten Storm (2007-2014, Anm. d. Redaktion) hieß. Und ich glaube nach wie vor daran, dass so etwas funktionieren und allen helfen kann. Wenn es denn beide Seiten wollen. Bislang kam es nicht dazu, vielleicht wird es irgendwann aber einmal passieren.

Sie sind doch eng mit Uwe Gensheimer, dem künftigen Sportchef der Löwen, verbunden. Auf diesem Wege müsste sich das doch lösen lassen.

Roth (lacht): Das ist erst einmal eine ideologische Frage, die jeder Club für sich klären müsste. Ich halte das für ein schlüssiges Konzept. Und es macht mich fast ein wenig stolz, dass ich die Idee schon hatte, bevor sie Bob Hanning (Geschäftsführer der Füchse, Anmerkung der Redaktion) in Berlin und Potsdam umgesetzt hat (lacht).

Redaktion Handball-Reporter, Rhein-Neckar Löwen und Nationalmannschaft

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