Handball

Darum ist Gislason ein Bundestrainer auf Bewährung

Die deutschen Handballer spielen um die Olympia-Teilnahme. Trainer Alfred Gislason möchte im Sommer unbedingt nach Paris reisen. Es geht aber noch um viel mehr

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Marc Stevermüer
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Alfred Gislason trifft mit der DHB-Auswahl am Donnerstag auf Algerien. © Federico Gambarini/dpa

Hannover. Alfred Gislason hat keine Lust auf Urlaub. Zumindest nicht im Sommer. Im Juli und August möchte er zwar nach Paris reisen, dies allerdings nicht aus touristischen Gründen. Und deshalb auch keinesfalls zum Vergnügen. Die Olympischen Spiele in der französischen Hauptstadt sind das Ziel.

Mit der deutschen Handball-Nationalmannschaft bestreitet der Bundestrainer in dieser Woche das Qualifikationsturnier für die Spiele in Paris. In Hannover trifft die Auswahl des Deutschen Handballbundes (DHB) auf Algerien (Donnerstag, 17.45 Uhr, live bei Sport1), Kroatien (Samstag, 14.30 Uhr, live im ZDF) und Österreich (17. März, 14.10 Uhr, live in der ARD) und muss mindestens Zweiter werden. Gelingt das nicht, findet Olympia ohne die Deutschen statt. Und Gislason ist seinen Job los. Denn er ist momentan ein Bundestrainer auf Bewährung.

Einen Plan B gibt es beim DHB nicht

Seine Vertragsverlängerung bis 2027 bleibt nur bestehen, wenn der 64-jährige Isländer seine Mannschaft nach Frankreich führt. Eine skurrile Konstellation, die der DHB in der vergangenen Woche öffentlich machte. Was durchaus für Diskussionen sorgte.

Sportvorstand Axel Kromer glaubt indes, dass man in diesen wegweisenden Tagen „vielleicht mit noch mehr Fragen“ zur Zukunft des Bundestrainers konfrontiert worden wäre, wenn sich der DHB gar nicht geäußert hätte. „Jetzt haben wir Klarheit geschaffen. Für den Verband und Alfred ist das der richtige Schritt gewesen“, verdeutlicht er am Montag und betont, dass alle mit dieser Lösung gut umgehen können und es „keine Diskussionen“ zwischen DHB und Gislason gegeben habe.

Das Gegenteil lässt sich schwerlich beweisen. Kromer ist allerdings auch keinesfalls dafür bekannt, nicht die Wahrheit zu sagen. Im Gegenteil: Der Sportvorstand gilt als ehrliche Haut. Und doch lässt das Vertragswerk Raum für Interpretationen. Fehlt etwa das ultimative Vertrauen in den Bundestrainer, wenn man eine Verlängerung des Arbeitspapiers von der Reise nach Paris abhängig macht?

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Kromer nennt das Olympia-Qualifikationsturnier einen „Leistungsnachweis“, der sehr weit vor dem geplanten Vertragsende 2027 liege. Deshalb sei es sinnvoll, eine „Option zu definieren“. Nämlich das sofortige Ende der Zusammenarbeit bei einem Scheitern in Hannover. Weshalb sich der DHB im schlimmsten Fall in der nächsten Woche tatsächlich auf die Suche nach einem neuen Bundestrainer machen muss. Was den Verband übrigens erst einmal vor ein Problem stellen würde. Denn einen Plan B gibt es nicht. Eine entsprechende Frage beantwortet Kromer unmissverständlich: „Nein!“

Die Gegner in Hannover haben es auf jeden Fall in sich, gegen zwei von ihnen blieb der EM-Vierte beim Heim-Turnier im Januar sieglos. Das - wenn auch sportlich bedeutungslose - Hauptrundenspiel gegen Kroatien ging deutlich mit 24:30 verloren, nur mit sehr, sehr viel Glück kam ein schmeichelhaftes 22:22-Unentschieden gegen Österreich heraus.

Deutsche Handball-Nationalmannschaft hat etwas gutzumachen

„Wir haben etwas gutzumachen. Es ist doch ganz gut, wenn wir mit Wut im Bauch spielen können“, meint Nationalspieler Christoph Steinert. Sportvorstand Kromer spricht wiederum von einer „großen Aufgabe“, die „maximal herausfordernd“ sei: „Wir haben gegen diese zwei Gegner im Januar nicht gewonnen und noch einen Schritt zu gehen. Wir trauen uns das aber zu.“

Besonders das Duell mit den Kroaten birgt Brisanz, bei der gewohnt spielstarken Mannschaft vom Balkan um Superstar Domagoj Duvnjak vom THW Kiel sitzt nämlich Gislasons Landsmann Dagur Sigurdsson seit wenigen Wochen auf der Bank. Und der kennt die Deutschen nicht nur ganz genau, sondern ist noch dazu der Mann, der letztmalig etwas mit dem DHB-Team gewann: EM-Gold im Januar 2016 und Olympia-Bronze nur wenige Monate später.

Einer von Sigurdssons Co-Trainern war übrigens damals ausgerechnet Kromer, der sich jetzt auf das Wiedersehen mit dem langjährigen Wegbegleiter freut: „Wir haben viele Sachen gemeinsam erlebt. Jetzt hat er eine Mannschaft übernommen, die schon ohne ihn gut gespielt hat. Aber auch mit ihm habe ich jetzt vor Kroatien nicht mehr Angst als vorher.“

Auch Golla angeschlagen

Nachdem sich am Wochenende die zwei Kreisläufer Johannes Golla (Flensburg) und Jannik Kohlbacher (Rhein-Neckar Löwen) bei Bundesliga-Einsätzen für ihre Clubs verletzt hatten, gaben nun beide Entwarnung. „Wir haben keine riesigen Sorgenfalten auf der Stirn“, geht Kromer davon aus, dass Kohlbacher und Golla schon am Donnerstag gegen Algerien einsatzbereit und voll belastbar sind. Vorsichtshalber kontaktiere Gislason am Sonntag aber Hendrik Pekeler. Der Kieler hatte im Januar eigentlich seine Karriere im DHB-Dress beendet, sich aber bereiterklärt, im Notfall auszuhelfen. Momentan sieht es jedoch danach aus, dass der 32-Jährige zuhause bleiben kann. Immer vorausgesetzt, dass niemand aus dem Duo Golla/Kohlbacher ausfällt.

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„Wir planen keine Veränderungen. Es ist nicht notwendig, drei Kreisspieler hier zu haben“, sagt Kromer, der eine Qualifikation für Paris nicht zur Pflicht erklären will: „Das wäre das falsche Wort. Aber wenn wir Olympia nicht erreichen, werden wir von einer großen Enttäuschung sprechen.“ Und von der Suche nach einem neuen Bundestrainer.

Redaktion Handball-Reporter, Rhein-Neckar Löwen und Nationalmannschaft

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