Handball

Das denkt Gislason über Löwen-Krise und Juri Knorr

Bei der Olympia-Quali braucht die Handball-Nationalmannschaft Juri Knorr von den Rhein-Neckar Löwen in Topform. Doch der spielt nicht so gut wie in der Vorsaison. Der Bundestrainer sieht die Gründe weniger bei ihm

Von 
Marc Stevermüer
Lesedauer: 
Bundestrainer Alfred Gislason (links) weiß, dass er Juri Knorr (rechts) in Topform braucht. © dpa/Weller

Hannover. Wenn man von der deutschen Handball-Nationalmannschaft spricht, ist immer vom Potenzial die Rede. Es geht also um die Qualitäten, die in diesem Team stecken, momentan zum Teil aber noch nicht komplett entwickelt sind. Was mit Blick auf die vielen jungen Kräfte in der Auswahl des Deutschen Handballbundes (DHB) eine legitime Perspektive ist. Die Begabungen sind unübersehbar, aber eben auch noch nicht ausgereift.

Die Junioren-Weltmeister David Späth, Renars Uscins, Nils Lichtlein und Justus Fischer (alle 21 Jahre alt) gelten als die großen Hoffnungsträger einer außergewöhnlichen Generation. Sie alle gehörten auch schon zum Kader bei der EM im Januar, sind Stammspieler bei ihren Vereinen, was in der Bundesliga, der stärksten Liga der Welt, nicht nur eine gewisse Aussagekraft hat, sondern als Gütesiegel gilt.

Handball

Darum ist Gislason ein Bundestrainer auf Bewährung

Veröffentlicht
Von
Marc Stevermüer
Mehr erfahren

Vom verletzten Fischer einmal abgesehen, weilt der Rest des Quartetts auch in dieser Woche bei der Nationalmannschaft. Dort werden sie flankiert von den zwei Jahre älteren Juri Knorr und Julian Köster, die schon jetzt zu den großen Stützen dieses hoffnungsvollen Teams zählen. Weshalb die Schwärmereien von Rückraum-Linkshänder Christoph Steinert - mit 34 Jahren der Senior im Team - verständlich sind: „Wir haben so viel Talent in der Truppe. Das kann nur immer besser werden, deswegen stimmt mich die ganze Nationalmannschaft optimistisch für alle weiteren Turniere.“

Doch das Team der Zukunft muss jetzt in der Gegenwart liefern. Bei der Olympia-Qualifikation in Hannover zählt in dieser Woche einzig und allein der Ist-Zustand dieser Ansammlung an Hochbegabten. Und nicht das, was diese Auswahl irgendwann zeigen kann. Zur Wahrheit des Profisports gehört nämlich auch, dass kurzfristige Ergebnisse stets einen höheren Rang einnehmen als langfristige Pläne und Perspektiven. Es geht ums Hier und Jetzt. Um die Teilnahme an den Olympischen Spielen in diesem Sommer.

Bundestrainer Gislason wirkt angespannt

Anders als noch im Januar sind die Deutschen diesmal der Favorit. Eine neue Rolle für die Rasselbande, die es am Samstag (14.30 Uhr/live im ZDF) mit Kroatien und am Sonntag (14.10 Uhr/live in der ARD) mit Österreich zu tun bekommt. Gegen beide Nationen gewann die DHB-Auswahl bei der EM allerdings nicht (Niederlage gegen Kroatien, Unentschieden gegen Österreich). „Das werden knallharte Spiele“, sagt Bundestrainer Alfred Gislason, dessen Mannschaft zum Auftakt am Donnerstag (17.45 Uhr/live bei Sport 1) auf Algerien trifft.

Mindestens Zweiter müssen die Deutschen werden. Ansonsten war es das mit der Reise nach Paris - und auch für Gislason als Bundestrainer. Bei einem Scheitern ist der Isländer seinen Job los. „Druck“ verspüre er aber trotz dieser Konstellation „überhaupt keinen“, behauptet der Coach. Allerdings passen seine Worte in diesem Moment nicht ganz zu seinem Auftreten.

Im Gegensatz zur EM wirkt der 64-Jährige ein wenig unentspannt, nachdem er sich kurz nach dem Turnier schon einen verbalen Schlagabtausch mit dem ehemaligen DHB-Vize Bob Hanning geliefert hatte. So etwas fällt bei einem normalerweise stets in sich ruhenden Menschen wie Gislason sofort auf, weil er sonst als ausgeglichen und als extrem kritikresistent gilt.

Doch es ist eben auch sein größter Wunsch, seine Arbeit fortsetzen zu dürfen. Das hat er in der Vergangenheit mehrfach betont. Und Gislason wiederholt es auch jetzt wieder: „Unter den Spitzenmannschaften sind wir die jüngste. Ich gehe davon aus, dass wir mit mehr Erfahrung immer besser werden.“ Er sieht - genau - das Potenzial.

Das Augenmerk liegt auf Juri Knorr von den Rhein-Neckar Löwen

Das Qualifikationsturnier in Hannover wird der Bundestrainer mit einer der jüngsten Rückraumreihen in der DHB-Geschichte angehen. Köster und Knorr sind ohnehin gesetzt, die 23-Jährigen gelten sogar schon als etablierte Kräfte. An Uscins führt aber eigentlich auch kein Weg mehr vorbei.

„Er ist ein Supertalent“, lobt Gislason, der dem Hannoveraner bei der EM aber auch erst so richtig vertraute, als Routinier Kai Häfner aus privaten Gründen vor dem Halbfinale abreisen musste.

Keine Frage: Gerade die jungen Spieler werden in den nächsten Tagen wieder sehr viel Verantwortung tragen müssen. Was hin und wieder eine Bürde sein kann. Knorr beispielsweise verlangt immer sehr viel von sich - und hadert, wenn er seiner Meinung nach seinen eigenen hohen Anspruch nicht erfüllt.

Der Mittelmann kann sehr hart zu sich selbst sein. Und da spielt es für ihn auch keine Rolle, dass er bei den Rhein-Neckar Löwen und auch bei der Nationalmannschaft eigentlich immer auf dem Feld steht und seit Monaten an der physischen und physischen Belastungsgrenze wandelt. Fast jeder Angriff läuft über ihn. Und fast jede Entscheidung trifft der gebürtige Flensburger, bei dem in den letzten beiden EM-Spielen erst die Kraft und als logische Konsequenz daraus dann auch die Leistung nachließ.

„Juri geht seit langer Zeit sehr kritisch mit sich um. Seine Saison bei den Löwen ist sicherlich nicht so gut wie die vergangene, aber das liegt nicht unbedingt an ihm“, sagt Gislason und führt die großen Verletzungsprobleme beim Bundesligisten und den sehr jungen Kader als weitere Gründe für die Krise bei den Mannheimern an, die auch mit Knorr etwas mache: „Juri muss bei den Löwen eine riesige Rolle übernehmen. Wir müssen ihn unterstützen, damit er positiver an die Sache herangeht.“ Und sein Potenzial abruft. In der Gegenwart. Für ein großes Ziel in nicht weit entfernter Zukunft.

Redaktion Handball-Reporter, Rhein-Neckar Löwen und Nationalmannschaft

Thema : Rhein-Neckar Löwen

  • Rhein-Neckar Löwen Rhein-Neckar Löwen lassen in Hamburg den Killerinstinkt vermissen

    Die Rhein-Neckar Löwen verlieren 30:33 in Hamburg. Es war aber deutlich mehr drin, wie Kapitän Patrick Groetzki und Trainer Maik Machulla meinten.

    Mehr erfahren
  • Rhein-Neckar Löwen Jacob Lassens erstes Treffen auf die Rhein-Neckar Löwen

    Jacob Lassen wechselt 2026 vom HSV Hamburg zu den Rhein-Neckar Löwen. Am Sonntag trifft er auf seinen künftigen Club. Das sagt der Däne dazu.

    Mehr erfahren
  • Rhein-Neckar Löwen Rhein-Neckar Löwen bald auch mit Team in Frauen-Bundesliga?

    Auf die HSG Bensheim/Auerbach kommt ein Hallenproblem zu. Vielleicht sind die Rhein-Neckar Löwen die Lösung. Gespräche laufen. Der Stand der Dinge.

    Mehr erfahren

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen

VG WORT Zählmarke