Handball

Darum wächst bei den Löwen der Glaube ans Weiterkommen

Die Rhein-Neckar Löwen verschenken im Viertelfinal-Hinspiel der European League gegen Lissabon einen höheren Sieg. Doch sie glauben ans Weiterkommen. Das hat Gründe

Von 
Marc Stevermüer
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„Wir waren besser als Lissabon“, sagte der zehnfache Torschütze Niclas Kirkeløkke. © Zimmermann/Pix

Heidelberg. Nach dem Schlusspfiff überwog ein wenig der Ärger. Was natürlich erst einmal verwundert. Denn unterm Strich stand ein Sieg für die Rhein-Neckar Löwen. Noch dazu einer, der nach bislang enttäuschender Saison nicht zwingend erwartet wurde.

Im Viertelfinalhinspiel der European League hatte der Handball-Bundesligist den portugiesischen Spitzenclub Sporting Lissabon mit 32:29 (14:9) bezwungen. Doch nach dem Schlusspfiff verstärkte sich bei den Mannheimern der Eindruck, eine bessere Ausgangslage vor dem Rückspiel am nächsten Dienstag (20.45 Uhr/live bei Dyn) verschenkt zu haben. Was man zweifelsohne so sehen konnte.

Trainer Sebastian Hinze ist „sehr zufrieden“

„Am Ende waren wir nicht gut genug“, kritisierte der zehnfache Torschütze Niclas Kirkeløkke. Olle Forsell Schefvert sprach gar von einer „Katastrophe“. Ausgerechnet der ansonsten so zuverlässige Schwede verlor wenige Sekunden vor dem Abpfiff den Ball und ermöglichte Lissabon einen Treffer, der die Löwen noch sehr schmerzen könnte. Nicht wesentlich cleverer stellten sich die Mannheimer knapp einer Minute vorher an. Der zweifache Pokalsieger führte 32:27, war in Ballbesitz und agierte in Überzahl.

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„Und wenn wir dann so weiterspielen wie zuvor, gewinnen wir mit sechs oder sieben Toren Vorsprung“, sagte Juri Knorr. Dass die Löwen das am Ende aber nicht taten, lag eben auch am zuvor so starken Knorr. Erst leistete sich der 23-Jährige ein Offensivfoul, es folgte eine Zeitstrafe wegen Meckerns. „Das waren zwei sehr dumme Aktionen von mir“, übte der Spielmacher Selbstkritik und sprach vom „Worst Case“, also vom schlimmsten Fall, der hätte eintreten können.

Nun ist es einerseits logisch, dass der letzte Eindruck eines Spiels überwiegt. Vor allem dann, wenn in entscheidenden Situationen entscheidende Fehler passieren. So wie am Dienstag in der Schlussphase, weshalb sich eine Debatte darüber entzünden kann, ob das Glas nun halb voll oder halb leer ist. Grundsätzlich steht aber erst einmal fest, dass die Löwen das Hinspiel gewonnen und von wenigen Minuten abgesehen eine Leistung gezeigt haben, die so nicht erwartet worden war und Mut für das Duell in Lissabon macht.

„Mit den Dingen, die wir haben, können wir mit Sporting mithalten. Das haben wir gesehen. Ich bin sehr zufrieden“, sagte Trainer Sebastian Hinze, der die ärgerliche Schlussphase zu keinem großen Thema machte - was typisch für den gebürtigen Wuppertaler ist. Denn er gilt als ein entschlossener Verfechter des „kann man so und kann man so sehen“. Entsprechend sprach der Trainer „von Aktionen, in denen wir den Vorsprung schon vorher hätten ausbauen können und es nicht gemacht haben. Zur Gesamtbetrachtung gehört auch, dass Lissabon viele gute Chancen ausgelassen hat.“

Gleich vier Siebenmeter vergab Sporting, mehrfach half den Badenern die Latte. Zudem entschied Löwe David Späth (16 Paraden, Fangquote 38 Prozent) das Torwartduell gegen seine Sporting-Kollegen Andrè Kristensen und Leonel Maciel (zusammen 9 Paraden, Fangquote 21 Prozent) klar für sich. Weshalb auch hier die Frage lautet: Ist das Glas nun halb voll oder halb leer? Muss der Vorsprung nicht größer sein, wenn so viel für das eine und so viel gegen das andere Team läuft?

„Natürlich haben wir uns das perfekte Spiel gewünscht“, sagte Hinze, dessen Team nach der ersten Halbzeit mit 19:11 führte. Doch wie gegen Spielende ging ausgerechnet kurz vor dem Seitenwechsel alles daneben. Die Löwen begingen kleine Fehler, die in der Endabrechnung noch eine große Wirkung haben können.

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Drei leichtfertige Ballverluste führten zu einem 0:3-Lauf zwischen der 27. und 30 Minute. Was konkret bedeutet: Die Schlussminuten beider Halbzeiten gingen wegen teils abenteuerlicher Ballverluste der Löwen mit 5:0 an Lissabon. Aneinandergereiht würden diese Sequenzen ein hübsches Lehrvideo geben. Versehen mit dem Titel: „So sollte man es nicht machen.“ Oder: „So kann man sich auch selbst das Leben schwer machen.“ Oder: „Die Kunst, sich selbst auf die Bretter zu schicken.“ Obwohl man ansonsten alles unter Kontrolle hatte.

In der ersten Halbzeit zeigten die Löwen ihre beste Saisonleistung

Genau das stimmt Kirkeløkke aber auch zuversichtlich: „Wir waren die bessere Mannschaft.“ Was absolut der Wahrheit entsprach - und letztlich vor allem am zuverlässigen Dänen lag. Der Linkshänder erzielte die letzten fünf Treffer seiner Mannschaft. Wurfgewaltig zog der 30-Jährige aus dem Rückraum ab. Ganz so, als habe er ein Katapult in seinem Arm.

„Wir gehen jetzt erst einmal mit einer Führung ins Rückspiel“, sagte Kirkeløkke nach diesem Erfolg, der gewiss nicht als großes Statement durchgeht. Der Sieg über die Portugiesen, die zuvor zweimal in der European League gegen den Bundesligazweiten Füchse Berlin gewonnen und insgesamt sogar 22 Spiele in Folge für sich entschieden hatten, war aber zumindest ein kleiner Bizeps-Emoji im internationalen Handball. Versehen mit der Botschaft: „Uns gibt es noch, wir leben noch.“ Weil die Mannheimer gerade in der ersten Halbzeit ihre beste Saisonleistung zeigten.

Die Badener spielten zielstrebig, verteidigten kompromisslos und kämpften sich von Beginn an in diese Partie, weil sie wussten: Alles beginnt immer mit dem ersten Zweikampf. Und wenn man den gewinnt, kann man auch den nächsten für sich entscheiden. So steigt das Selbstvertrauen. Und so einfach kann Sport bisweilen sein, wenn Wille, Kampf und Leidenschaft passen. So wie am Dienstabend in Heidelberg. Allem Ärger zum Trotz.

Redaktion Handball-Reporter, Rhein-Neckar Löwen und Nationalmannschaft

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