Lemgo. Es wäre allzu verständlich gewesen, wenn die Rhein-Neckar Löwen nur schnell weggewollt hätten. Doch Kreisläufer Jannik Kohlbacher nahm sich auch nach der 31:34-Niederlage des Handball-Bundesligisten beim TBV Lemgo Lippe noch reichlich Zeit, um am von Fans umringten Mannschaftsbus Autogramme zu geben und Fotos mit Kindern zu machen. Kurz zuvor war Torwart David Späth aus der Kabine gekommen und stapfte mit Kapuze über dem Kopf den langen Flur in der Phönix Contact Arena entlang, um schließlich spür- und auch sichtbar enttäuscht den vorherigen Auftritt einzuordnen. Oder besser gesagt: Er unternahm einen Versuch.
Der Nationalkeeper war unzufrieden. Vor allem mit sich selbst. Denn der 22-Jährige hielt in den etwa 20 Minuten zwischen seiner Ein- und seiner Auswechslung keinen einzigen Ball. „Im Moment ist es gerade schwer“, suchte er nach einer Erklärung: „Es gibt so Spiele. Aber natürlich habe ich einen anderen Anspruch an mich.“
Wie schon in Berlin und gegen Erlangen kassierten die Löwen mehr als 30 Gegentore, die angespannte Personallage machte sich besonders ab Mitte der zweiten Halbzeit bemerkbar. Der erkrankte Olle Forsell Schefvert wärmte sich zwar auf, meldete sich dann aber ab. „Mir brummt der Kopf“, sagte er hinterher.
Knorr ist frühestens im Pokal gegen Berlin eine Option
Umso schlimmer fiel es ins Gewicht, dass Sebastian Heymann schon Mitte des ersten Durchgangs über Magenkrämpfe klagte. Halil Jaganjac fehlte ohnehin, die Hoffnungen auf eine Wunderheilung bei Juri Knorr nach seinem Daumenbruch zerschlugen sich ebenfalls. Beim Spielmacher ist Ruhe angesagt. Und Geduld gefragt.
„In der Länderspielwoche (4. bis 10. November: Anmerkung der Redaktion) wird noch einmal eine Röntgenaufnahme gemacht oder es gibt eine Kontrolluntersuchung - und dann wissen wir mehr“, weiß Hinze schon jetzt, dass er auch am Freitag (20 Uhr) im Heimspiel in der SAP Arena (mehr als 9000 Karten verkauft) gegen den ThSV Eisenach auf Knorr verzichten muss. Der Mittelmann wird frühestens am 14. November (20 Uhr) zum Pokal-Kracher gegen die Füchse Berlin zurückerwartet. „Das wäre ideal“, sagte Hinze, der in Lemgo nach dem Seitenwechsel mit zwei Linkshändern im Rückraum agieren ließ und Mittelmann Gustav Davidsson auf die halblinke Position versetzte. Denn Heymann war aufgrund seiner Beschwerden keine Option mehr für den Angriff. Und in der Deckung benötigten die Löwen ihn nach Forsell Schefverts Ausfall unbedingt.
„Die Geschichte mit den zwei Linkshändern war vollkommen in Ordnung“, urteilte Hinze, für dessen Mannschaft bis zum 22:22 (39.) noch alles möglich war. Doch dann zog Lemgo mit einem 10:3-Lauf auf 32:25 (55.) davon - auch weil die Löwen sehr mit sich selbst zu kämpfen hatten. Das hatte man in der vergangenen Saison sehr oft gesehen, in dieser bislang kaum. In Lemgo begingen sie unter Stress jedoch viele einfache Fehler. „Als wir mit drei Toren hintenliegen, tun wir Dinge, die wir nicht machen wollten“, ärgerte sich Hinze über manch einen überhasteten und dann auch abgefangenen Pass an den komplett zugestellten Kreis, was der TBV prompt mit Toren im Gegenstoß bestrafte.
„Wir wurden hektisch und haben ein bisschen das Vertrauen in die eigene Stärke vermissen lassen. Wir hätten selbstbewusster spielen können und die Fehler nicht so auf uns wirken lassen dürfen“, sah auch Sportchef Uwe Gensheimer einen kleinen Rückfall in eigentlich vergessen geglaubte Zeiten.
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