Mannheim. Das Wörtchen „irgendwie“ dürfte den meisten Handball-Trainern unheimlich sein. Denn als Perfektionisten sind sie es gewohnt, alles analysieren und erklären zu können. Sebastian Hinze benutzte das besagte Wörtchen am Montag trotzdem. „Irgendwie“ sei es seiner Mannschaft gelungen, nach einer wilden Schlussphase zu zwei Punkten gegen den HSV Hamburg zu kommen, sagte der Trainer der Rhein-Neckar Löwen nach dem 30:27 (16:13)-Erfolg des Mannheimer Bundesligisten.
In der Tat rettete sich der zweifache Meister ins Ziel. Mit ganz viel „Irgendwie“. Und einem überragenden Torwart Mikael Appelgren. Nach seiner Einwechslung zeigte der Schwede fünf Paraden (Fangquote: 63 Prozent) und sorgte dafür, dass die Löwen erstmals seit zehn Jahren ein Heimspiel gegen die Hanseaten gewannen und nun am Sonntag (15 Uhr) bei den Füchsen Berlin ein echtes Topspiel ansteht. Als Zweiter und Dritter stehen beide Mannschaften bei 8:2 Punkten und liegen nur einen Zähler hinter Spitzenreiter SG Flensburg-Handewitt.
Löwe Appelgren sieht Berliner als unangenehmen, aber nicht unschlagbaren Gegner
„In Berlin wird’s abgehen. Die Füchse sind ein sehr unangenehmer Gegner, aber nicht unschlagbar“, so Appelgren, der die kommende Aufgabe mit einer Mischung aus Respekt und Selbstbewusstsein angeht. Und auch er weiß: Wollen die Mannheimer in der Hauptstadt eine Chance haben, werden sie den Berliner Superstar Mathias Gidsel in den Griff bekommen müssen. Was schon ganz andere erfolglos versucht haben.
Der 25-jährige Däne wurde zuletzt nacheinander Torschützenkönig bei der WM, der EM und den Olympischen Spielen. Es macht also nicht unbedingt Spaß, gegen ihn zu spielen. Löwe Steven Plucnar freut sich trotzdem.
Plucnar gegen seinen Schulkameraden Gidsel
„Ich bin mit Mathias zur Schule gegangen. Wir haben bei GOG Gudme zusammen in der Jugend und in der ersten Mannschaft gespielt. Ich kenne ihn ganz gut“, erzählt der Kreisläufer der das Wiedersehen mit Gidsel ebenso herbeisehnt wie das Duell mit den Füchsen: „Wir sind der Außenseiter, aber wir haben eine Chance. Alles kann passieren.“
Klar ist: Die Löwen haben Bock auf Berlin. Und sie fühlen sich bereit für diese Prüfung, nachdem sie die knifflige Aufgabe Hamburg gelöst haben und nicht schon wieder an den Hanseaten verzweifelt sind.
In der Vorsaison wäre diese Partie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit verloren gegangen, doch seit einigen Wochen präsentieren sich die Mannheimer widerstandsfähiger und stabiler. Entweder holen sie Rückstände auf und siegen - wie gegen den THW Kiel und die MT Melsungen. Oder die Badener geben die Kontrolle nicht komplett aus der Hand, wenn der Gegner aufholt. So wie gegen Hamburg. „Wir sind cool geblieben“, sagte Sebastian Heymann.
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Gegen die Norddeutschen überstand das Hinze-Team mal wieder eine kritische Phase. Und völlig unabhängig davon, ob das irgendwie oder wegen Appelgren gelang - die Löwen bestanden letztlich den Stresstest. „Es war megawichtig, dieses Spiel auf unsere Seite zu ziehen. Wir wissen, dass es gegen den HSV immer so läuft. Man hat nie das Gefühl, dass man durch ist“, sagte Kapitän Patrick Groetzki. Man hörte die Erleichterung aus seinen Worten. Und sah ihm eine gewisse Befreiung an.
Eine Serie endete - folgt nun gleich die nächste?
Denn dieser HSV liegt den Löwen einfach nicht, wurde diesmal aber trotzdem besiegt. Was durchaus eine gewisse Aussagekraft hat. Und langfristig gesehen auch einen Effekt, ja sogar einen größeren Wert haben kann. Erfahrungen im Grenzbereich bringen jedes Team weiter. Und vor allem: Mannschaften wachsen immer dann, wenn sie Spiele gewinnen, die sie nicht zwingend gewinnen dürfen. Oder die eng und umkämpft sind. In denen es um eine gewisse Wehrhaftigkeit geht.
Mit 20:15 (36.) führten die Mannheimer zwischenzeitlich, ehe Teufelskerl Appelgren in einer extrem hektischen Schlussphase dreimal den Ausgleich verhinderte. „Er hat schon im Pokalspiel in Hagen sehr gut gehalten, obwohl Mikael vorher noch gar nicht in dieser Saison auf dem Feld stand. Das war nicht ganz so einfach. Ich habe aber schon im Training gemerkt, dass er heiß ist. Und er war da, als wir ihn brauchten“, lobte Groetzki den Schlussmann und blickte voraus: „Jetzt steht ein Topspiel an - und das haben wir uns erarbeitet.“
Gegen die Füchse sieht die Bilanz der jüngeren Vergangenheit allerdings nicht viel besser aus als die gegen Hamburg. Den letzten Sieg in der Hauptstadt gab es im Februar 2021. Damals wegen der Corona-Pandemie noch in einem Geisterspiel. Die Kanzlerin hieß Angela Merkel und Martin Schwalb saß als Trainer auf der Löwen-Bank. Lang ist’s her, weiß auch Groetzki: „Es ist an der Zeit, mal wieder etwas in Berlin zu holen. Genauso wie es an der Zeit war, Hamburg zu Hause zu schlagen. Aber wir wissen, dass eine riesige Aufgabe auf uns wartet.“ Die gelöst werden will. Im Zweifel „irgendwie“.
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