Mannheim. Mannheim, München, München, München, Mannheim. Zwischen 2015 und 2019 dominierten die Adler und der EHC Red Bull die Deutsche Eishockey Liga. Unter Geoff Ward und Pavel Gross holten die Blau-Weiß-Roten zwei Meisterschaften, Don Jackson führte München zwischen 2016 und 2018 zum Titelhattrick.
Während der EHC die folgende Berliner Dominanz immerhin im Jahr 2023 durchbrach, warten die Mannheimer seit 2019 auf den nächsten großen Wurf. Seitdem gab es keine weitere Finalteilnahme. In der diesjährigen Viertelfinalserie, die am Sonntag (14 Uhr) in der SAP Arena beginnt, begegnen sich die beiden Teams auf Augenhöhe, wie unsere Analyse zeigt:
Tor
Arno Tiefensees Saisonstart war durchwachsen, doch der 22-Jährige legte den Schalter schnell um und stabilisierte seine Leistungen. Mit einer Fangquote von 91,2 Prozent und einem Gegentorschnitt von 2,27 weist Tiefensee die besseren Statistiken auf als Münchens Mathias Niederberger (90,6/2,45). Die Erfahrung spricht aber klar für Niederberger, der in Abwesenheit von NHL-Torhüter Phlipp Grubauer über einige Jahre als unangefochtene Nummer eins im Tor der deutschen Nationalmannschaft gehandelt wurde.
Der 32-Jährige mag kein Mann für die Zukunft sein, in der Gegenwart kann Niederberger aber noch Spiele im Alleingang entscheiden. Nachdem er einige Partien erkrankt verpasst hatte, kehrte Niederberger zuletzt in den Kasten der Münchner zurück, das 3:6 in Straubing im letzten Hauptrundenspiel konnte er aber nicht verhindern.
Mit Evan Fitzpatrick hatten die Münchner zum Transferschluss auf der Torhüterposition nachgelegt, der Kanadier stand auch beim 2:0-Sieg gegen die Adler am 2. März zwischen den Pfosten.
Die Mannheimer hatten sich mit Alexis Gravel abgesichert. Der 24-Jährige stand aber nur beim 5:4-Sieg nach Verlängerung in Düsseldorf von Beginn an zwischen den Pfosten. Sollte der zuletzt angeschlagen fehlende Felix Brückmann seine Blessur rechtzeitig auskuriert haben, ist Gravel die klare Nummer drei.
⇔ausgeglichen
Abwehr
Die Adler haben mit 138 Gegentoren in 52 Hauptrundenspielen die drittbeste Defensive der Liga gestellt, die Münchner (145) die viertbeste. Während sich beide Clubs bei diesen Zahlen kaum unterscheiden, lohnt sich ein zweiter Blick auf die Abwehrreihen: Offensiv haben die Mannheimer einen klaren Vorteil. Sowohl Leon Gawanke (8 Tore, 30 Vorlagen) als auch John Gilmour (8 Tore, 17 Vorlagen) haben gezeigt, dass sie wissen, wo das Tor steht. Münchens punktbester Offensivverteidiger Jonathon Blum bringt es dagegen nur auf drei Treffer, dazu kommen 29 Assists.
⇒Vorteil Mannheim
Sturm
Lange haben sich die Adler mit dem Toreschießen schwergetan. Auch der nachverpflichtete Austin Ortega (11 Spiele, 1 Tor, 5 Vorlagen) hat das Missverhältnis von Aufwand und Ertrag nicht verbessern können.
Bester Mannheimer Torjäger war in der Hauptrunde Kristian Reichel mit 17 Treffer, gefolgt von Luke Espositon (16). Die Adler kommen eher über ihre Breite im Angriff, acht Stürmer haben zehn oder mehr Tore erzielt.
Anders sieht es bei den Münchnern aus. Chris DeSousa markierte 27 Treffer – mit dem Schwenninger Zach Senyshyn der geteilte zweite Rang hinter dem Berliner Ty Ronning (37.). Zudem steuerte DeSousa 25 Assists bei.
Dass der Torjäger die ersten beiden Viertelfinalspiele verpassen wird, schmerzt die Bayern sicherlich. Im Duell mit den Adlern am 2. März checkte DeSousa den Mannheimer Esposito gegen den Kopf, daraufhin zog ihn der Disziplinarausschuss der Deutschen Eishockey Liga für vier Partien aus dem Verkehr. Zwei Spiele dieser Sperre hat DeSousa schon abgesessen.
⇒ Vorteil München
Trainer
Dallas Eakins hat in Nordamerika eine bemerkenswerte Karriere hingelegt. Bis 2023 trainierte der Chefcoach der Adler die Anaheim Ducks in der nordamerikanischen Profiliga NHL. Der große Wurf blieb ihm zwar verwehrt, aber die Meriten können sich dennoch sehen lassen.
Im November 2023 löste Eakins den Schweden Johan Lundskog bei den Adlern ab. Er übernahm in Mannheim nicht nur die Cheftrainer-, sondern auch die Sportmanager-Rolle. Im Frühjahr 2024 mussten sich die Adler über den Umweg Pre-Play-offs für die Runde der Top Acht qualifizieren. Sie gewannen zwar den Serienauftakt gegen die Eisbären Berlin deutlich, die folgenden vier Spiele gingen aber an die Hauptstädter.
Eakins’s Ziel in dieser Saison war es, die Adler zu stabilisieren und in der Kabine eine neue Kultur zu installieren. „Ich hätte am Saisonstart nicht gedacht, dass wir jetzt schon so weit sein würden“, sagte der US-Amerikaner im Gespräch mit dieser Redaktion. Auch im sportlichen Bereich habe man kleine Schritte in die richtige Richtung übernommen: „Im Vergleich zum gleichen Zeitpunkt vor einem Jahr weisen wir keine negative Tordifferenz auf und sind direkt in das Play-off-Viertelfinale eingezogen.“
Auf der anderen Seite steht mit Don Jackson der bisher erfolgreichste Trainer der DEL-Geschichte. Er führte die Eisbären Berlin zu fünf Titeln und ließ mit München vier Meisterschaften folgen.
Nach dem Titelgewinn 2023 zog sich Jackon eigentlich in den Trainer-Ruhestand zurück, blieb München aber in anderer Funktion erhalten. Als Max Kaltenhauser Mitte Januar 2025 aus persönlichen Gründen seinen Rücktritt als Red-Bull-Coach bekanntgab, musste sich Jackson nicht zweimal bitten lassen. Der 68-Jährige sprang ein, es ging ein Ruck durch die Mannschaft, die sieben Siege am Stück folgen ließ. Mittlerweile ist der Aufschwung aber abgeebbt.
⇒Vorteil München
Special Teams
Das Powerplay der Adler hat rechtzeitig zu den Play-offs Fahrt aufgenommen. Beim 4:5 nach Penaltyschießen gegen die Eisbären Berlin schossen die Mannheimer im letzten Hauptrundenspiel drei Überzahltore. Die Erfolgsquote von 23,64 Prozent bedeutet Rang vier. In dieser Kategorie haben die Adler im Vergleich zu München klar die Nase vorn, das Jackson-Team liegt mit 17,33 Prozent nur auf dem vorletzten Platz.
Etwas anders sieht es beim Penalty Killing aus. Mit 80,95 Prozent zählen die Adler zu den Top Drei, noch besser klappt das Unterzahlspiel aber bei den Münchnern, die mit 81,88 den Spitzenplatz unter allen 14 DEL-Clubs einnehmen.
Nicht zu vernachlässigen ist auch die Disziplin. Insgesamt haben die Adler 601 Strafminuten gesammelt, nur die Frankfurter (613) saßen häufiger in der Kühlbox. Mit nur 426 Strafminuten war München hinter Iserlohn die zweitfairste Mannschaft der Liga. Das Münchner Powerplay mag zwar noch nicht auf Hochtouren laufen, doch die Adler sollten es nicht darauf ankommen lassen, dass dies in den Play-offs so bleibt.
⇒Vorteil Mannheim
Auftakt in Mannheim
- Die Adler Mannheim treffen im Play-off-Viertelfinale auf München . Um ins Halbfinale einzuziehen, sind vier Siege nötig .
- Die beiden feststehenden Spiele in der Mannheimer SAP Arena finden am Sonntag, 16. März , 14 Uhr sowie am Freitag, 21. März , 19.30 Uhr statt. Der Kartenvorverkauf läuft.
- In München müssen die Adler am Mittwoch, 19. März , 19.30 Uhr sowie am Sonntag, 23. März , 19 Uhr antreten.
- In der Hauptrunde hatten beide Clubs ihre Heimspiele gewonnen .
Form
Um die Form beider Teams könnte es besser bestellt sein. Die Adler meldeten sich im Februar zwar mit einem 4:3-Erfolg gegen den späteren Hauptrundensieger ERC Ingolstadt aus der Länderspielpause zurück, in den restlichen neun Partien setzte es aber fünf Niederlagen. Den durchaus möglichen dritten Tabellenplatz verspielte das Eakins-Team vor allem mit dem 2:3 vor den eigenen Fans gegen Kellerkind Iserlohn Roosters und dem 3:5 im direkten Duell bei den Fischtown Pinguins Bremerhaven. Immerhin sicherten sich die Mannheimer mit vier Punkten aus den letzten zwei Spielen gegen Frankfurt (3:0) und Berlin (4:5 nach Penaltyschießen) den vierten Tabellenplatz – und damit das Heimrecht im Viertelfinale.
In München sieht es nicht besser aus. Vier Siege aus neun Spielen lautete die durchwachsene Bilanz nach der Länderspielpause. Mit dem 2:0 im direkten Duell zogen die Bayern zwar kurzzeitig an den Adlern vorbei, verspielten den vierten Rang aber mit zwei Niederlagen in Ingolstadt (2:4) und Straubing (3:6) wieder.
⇔ausgeglichen
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