Bensheim. Die Feierlichkeiten dauerten deutlich länger als nach einem gewöhnlichen Bundesliga-Sieg. Im Anschluss an den 34:33 (17:21)-Erfolg im DHB-Pokal-Viertelfinale gegen Borussia Dortmund machten die Flames die gesamte Weststadthalle zur Partyzone: Der Einzug ins Final Four wurde in allen Ecken der Arena betanzt und besungen.
Die Handballerinnen der HSG Bensheim/Auerbach hatten nach einem ebenso hochklassigen wie dramatischen Pokalfight vor etwas mehr als 500 Zuschauern noch jede Menge Power. Das galt auch für das Publikum, das ob des starken Comebacks der Bensheimerinnen nach großem Rückstand gegen den hohen Favoriten aus Dortmund bereits während der Partie in Ekstase geraten und beim Feiern nach der Schlusssirene weiterhin „on fire“ war.
Während ihre Schützlinge mit Umarmungen, Abklatschen, Fotografieren und Autogramme schreiben beschäftigt waren, hatte Heike Ahlgrimm nach der ersten Jubeltour und der Pressekonferenz auf der Auswechselbank Platz genommen. Ziemlich mitgenommen von den 60 Minuten zuvor. „Es war sehr anstrengend und sehr emotional.“ Als Aktive und Coach von Bayer Leverkusen hatte die Flames-Trainerin bereits im Final Four gestanden, als Spielerin mit Bayer 2010 den Pokal geholt. Vom „einmaligen Erlebnis“ einer Teilnahme am Endturnier hatte sie ihrem Team in der Vorbereitung auf das Viertelfinale in Wort und Bild berichtet. „Das ist ein Highlight, das man nie vergisst.“
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Flames-Kapitänin Lisa Friedberger sprach nach der Partie von einem großen Moment in ihrer Karriere. „Wir haben etwas ganz Besonderes erreicht. Alle Handballerinnen träumen davon, im Final Four zu stehen – wir haben es geschafft.“ Vor dem Spiel sei in der Mannschaft eine ganz spezielle Atmosphäre zu spüren gewesen. „Alle im Team haben daran geglaubt, dass wir Dortmund heute schlagen können.“ Diese Energie habe geholfen, die schwierigen Phasen in der ersten Halbzeit zu überstehen, als die Flames mit 1:6 und 6:11 zurücklagen. „Wir haben immer an uns geglaubt.“
Die beste Schützin der HSG in der Bundesliga zählte auch am Samstag mit sieben Toren zu den abschlussstärksten. Erfolgreichste Werferin der Flames war Lotta Heider mit acht Treffern. „Lotta hat fast alles getroffen“, hob Heike Ahlgrimm die Quote der Rechtsaußen hervor, die aus schwierigsten Positionen einnetzte. Die 21-Jährige hat seit Saisonbeginn leistungsmäßig einen enormen Sprung nach vorne gemacht, steht auf der Liste von Bundestrainer Markus Gaugisch und wird Bensheim/Auerbach im Sommer verlassen. Die Frage nach ihrem neuen Club beantwortete die Linkshänderin mit einem breiten Lächeln – und Schweigen. Gegen Dortmund erzielte sie den erstmaligen Ausgleich: Ihren ersten Siebenmeter in einem Pflichtspiel für die Flames verwandelte sie zum 27:27 (46.).
Treffer in der letzten Spielminute
Nachdem zuvor Lisa Friedberger und Myrthe Schoenaker aus sieben Metern gescheitert waren, musste die Vize-Kapitänin ran. „Ich hab den Ball in die Hand gedrückt bekommen, da musste ich werfen“, erzählte sie mit einem Schmunzeln. Mit ihrem achten Treffer gelang Lotta in der letzten Spielminute der 34:33-Siegtreffer. „Ich kann noch gar nicht richtig realisieren, dass wir gewonnen haben. Heute wird auf jeden Fall richtig gefeiert.“
Dass die Flames trotz eines zeitweise klaren Rückstandes das Duell drehten, lag zum einen an einer exzellenten Abwehrleistung in der zweiten Halbzeit. Nach 21 Gegentreffern im ersten Abschnitt ließ die HSG nach dem Wechsel nur noch zwölf Dortmunder Tore zu. Zum anderen lieferten die Gastgeberinnen im Gegensatz zu den letzten Auftritten in der Liga über 60 Minuten im Angriff ab. Heike Ahlgrimm lobte dabei vor allem auch Lucie Kretzschmar und Alicia Soffel, die von der halblinken Rückraumposition jeweils vier Treffer beisteuerten. „Die acht Tore von Lucie und Alicia waren sehr wichtig für uns.“
Schlüssel lag in der Defensive
Der Schlüssel in der Defensive lag im Einschränken des Wirkungskreises von BVB-Spielmacherin Alina Grijseels. Vor der Pause kümmerte sich Ndidi Agwunedu in kurzer Deckung um die Kapitänin der deutschen Nationalmannschaft. Grijseels war mit acht Toren zwar beste Werferin der Gäste, hatte aber insgesamt wenig Einfluss auf die Offensivaktionen der Truppe von Henk Groener.
Auch ohne enge Bewachung in der zweiten Halbzeit gelang es Grijseels nicht, ihr Team auf Kurs zu halten. „Alina war die ersten 30 Minuten kaum im Spiel und hat später keinen richtigen Rhythmus gefunden“, analysierte Ahlgrimm, die diese taktische Maßnahme mit ihrer Truppe abgestimmt hatte. „Wir haben dann in der Halbzeit gemeinsam entschieden, das zu ändern.“
Der Pokalfight hatte nicht nur Spielerinnen und Trainerin Substanz gekostet, Flames-Geschäftsführer Michael Geil war ebenfalls gezeichnet von dem wilden Ritt. „Ich kann nichts sagen, meine Stimme ist weg“, sagte Geil ziemlich heiser von der lautstarken Anfeuerung des Teams und sagte dann doch etwas. „Wir haben es geschafft, einen Großen zu schlagen. Die Spielerinnen haben Unglaubliches geleistet, nie aufgeben, sich immer gegenseitig gepusht und sich mit dem Final Four belohnt.“
Terminiert ist das Final Four für den 1. und 2. April in Stuttgart. Mit den Flames kämpfen die Erstligisten TuS Metzingen, VfL Oldenburg und die Über-Mannschaft SG BBM Bietigheim in der Porsche-Arena um den DHB-Pokal. Wann die Halbfinalspiele ausgelost werden, steht noch nicht fest. Einen Wunschgegner hat Heike Ahlgrimm nicht. „Wir nehmen es, wie es kommt, und werden es genießen. Bietigheim muss es aber nicht unbedingt sein.“ eh
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