Anschlussunterbringung

Weinheim plant mit ehemaligen Schulen als Wohnraum für Flüchtlinge

Die Stadtverwaltung der Bergstraßenkommune legt ein Konzept vor, um schutzsuchende Menschen unterzubringen.

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ik/ü
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In der ehemaligen Johann-Sebastian-Bach-Schule in Weinheim könnten nach einem Konzept der Stadtverwaltung im Herbst 45 Flüchtlinge einziehen. Ein anderer Gebäudeteil wird als Kindergarten genutzt. © Thomas Rittelmann/ü

Weinheim. Wo können Flüchtlinge und Schutzsuchende untergebracht werden? Mit dieser Frage beschäftigen sich heute gleich zwei Gremien der Stadt Weinheim. In einer gemeinsamen Sitzung befassen sich sowohl der Aussschuss für soziale Angelegenheiten und der Internationale Ausschuss mit der Anschlussunterbringung.

Damit geflüchtete Menschen in Weinheim leben können, will die Stadt alle Möglichkeiten ausschöpfen und hat ein Konzept zur Schaffung von Wohnraum entwickelt, das zunächst in den Ausschüssen beraten und später dem Gemeinderat vorgelegt werden soll.

Anschlussunterbringung

Im Rahmen der Anschlussunterbringung leben aktuell 458 Flüchtlinge in Weinheim – 438 davon in 116 städtischen Wohnungen, 19 Flüchtlinge in neun von der Stadtverwaltung privat angemieteten Wohnungen.

Hinzu kommen nach der Quote des Landratsamtes des Rhein-Neckar-Kreises im Jahr 2023 voraussichtlich 347 Flüchtlinge, die der Stadt Weinheim zur Anschlussunterbringung zugewiesen werden.

Die Wohnungsnot wird zusätzlich dadurch erhöht, dass die Nutzung der Jugendherberge (45 ukrainische Flüchtlinge) nur noch bis Ende November möglich ist. Sie soll dann zur ersten Inklusiven Jugendherberge des Landes umgebaut werden.

Aktuell leben außerdem 120 Menschen ohne eigenen Wohnraum im Rahmen der Obdachlosenunterbringung in Wohnungen in Weinheim – 79 in 39 städtischen Wohnungen und 41 in von der Stadt angemieteten Wohnungen.

Laut Konzept sollen jetzt auch in den beiden sanierungsbedürftigen ehemaligen Schulen – Johann-Sebastian-Bach-Schule und Albert-Schweitzer-Schule – Flüchtlinge untergebracht werden.

In Anbetracht der Dringlichkeit – im laufenden Jahr will der Rhein-Neckar-Kreis der Stadt Weinheim weitere 347 Flüchtlinge zuweisen – wurde die Stadtverwaltung hier bereits tätig. Um im Pavillon 3 Platz für 45 Flüchtlinge zu schaffen, ist bereits ein baurechtlicher Antrag in Vorbereitung.

Schulen nutzbar machen

Ursprünglich hatte dieser Gebäudeteil zusammen mit der maroden Sporthalle stillgelegt werden sollen, doch jetzt wird er zumindest vorübergehend gebraucht. In den Pavillons 1 und 2 der ehemaligen Schule ist nach Sanierungsarbeiten seit Herbst der Bach-Kindergarten unter Leitung der AWO mit fünf Gruppen untergebracht.

Die Sporthalle wiederum nutzt aktuell der Verein „That’s Whynheim“ für die Sammlung von Hilfsgütern für Kriegsopfer in der Ukraine und Erdbebenopfer in der Türkei und in Syrien. Es gilt also, näher zusammenzurücken. Laut Sitzungsvorlage könnten die Räumlichkeiten bereits im Herbst dieses Jahres für die Flüchtlinge bezugsfertig sein.

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Etwas später, Ende des Jahres, könnten dann rund 94 Flüchtlinge ein vorübergehendes Zuhause in der bisher stillgelegten Albert-Schweitzer-Schule finden. Im Nordflügel des dreigeschossigen Gebäudes soll entsprechender Wohnraum geschaffen werden. Voraussetzung wäre eine neue Heizungsanlage, der Umbau der Schüler-WCs zu Duschräumen oder die Reaktivierung der Duschplätze in der Sporthalle. Außerdem müssen Bodenbelags- und Malerarbeiten durchgeführt werden.

Neue Container Mitte 2024

Längst bekannt ist, dass die Containeranlage im Gorxheimer Tal von aktuell 23 Wohneinheiten um weitere zehn aufgestockt werden soll. 40 zusätzliche Flüchtlinge könnten damit untergebracht werden. 1,5 Millionen Euro stehen dafür im Haushaltsplan 2023 zur Verfügung.

Neu ist: Aufgrund langer Lieferzeiten von zehn bis zwölf Monaten rechnet die Stadt Weinheim erst Mitte des kommenden Jahres damit, dass die Wohncontainer bezugsfertig sind.

Neubau im Schleimweg erst 2026

Noch länger wird wohl die Realisierung des Neubaus einer seit Jahren geplanten Anschlussunterbringung für 72 Flüchtlinge im Schleimweg in Sulzbach dauern. Gespräche mit den Grundstückseigentümern seien zwar im Gange, in der Sitzungsvorlage heißt es aber: „Aktuell kann noch keine Aussage getroffen werden, ob beziehungsweise wann das Grundstück für eine Bebauung zur Verfügung steht.“ Die Stadtverwaltung rechnet deshalb nicht mit einer Fertigstellung vor Mitte 2026.

Weitere Standorte prüfen

Es wird der Stadt Weinheim also nicht anderes übrig bleiben, als den Neubau von weiteren Gebäuden zur Anschlussunterbringung ins Auge zu fassen. Bereits in den Jahren 2015 und 2016 waren in mehreren Prüfzyklen potenzielle Standorte im ganzen Stadtgebiet diskutiert worden.

Einige Standorte wurde bereits realisiert – in der Händelstraße, Klausingstraße, in Lützelsachsen südlich des Sandlochsportplatzes, in Hohensachsen „Am Steinbrunnen“, in der Ofling am „Seeweg“ sowie in Oberflockenbach-Steinklingen in der Ortsstraße-Süd. Andere Standorte waren schon in der Diskussion vor sieben Jahren äußerst umstritten. Jetzt soll erneut eine Standortfindungskommission eingerichtet werden. Die finale Entscheidung obliegt nach Information der Öffentlichkeit selbstverständlich dem Gemeinderat.

Anmietung von privat

Angestrebt wird laut Konzept außerdem eine dichtere Belegung der städtischen Wohnungen. Laut Sitzungsvorlage könnten dadurch 20 Plätze zusätzlich geschaffen werden. Zur Ergänzung will die Stadt weiteren Wohnraum von privaten Vermietern anmieten – auch für Obdachlose. Doch der Wohnungsmarkt ist ohnehin schon angespannt. Außerdem würde die Stadtverwaltung dabei in Konkurrenz treten mit sonstigen Wohnungssuchenden.

Umstritten ist auch die Zweckentfremdungssatzung für Leerstandsfälle, um weiteren Wohnraum zu generieren. Die Stadt Weinheim hätte damit die Möglichkeit, mit einer auf maximal fünf Jahre befristeten Satzung Eigentümern und Vermietern zu untersagen, eine bisher zu Wohnzwecken genutzte Wohnung leer stehen zu lassen. Die Stadtverwaltung kann jedoch eine solche Satzung nicht empfehlen. Sie nennt „instrumentelle Schwächen“ und einen hohen Aufwand als Argument. ik/ü

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