Hessen/Bergstraße. Warme Sommertage locken mehr Menschen ins Freie - das kann auch zu mehr Lebensmittelabfällen in Parks und Innenstädten führen, die Ratten anziehen. Damit die Nager nicht zur Plage werden, haben die hessischen Kommunen die Müllentsorgung im Blick und schicken spezielle Schädlingsbekämpfer ins Feld. Aber auch die Bürgerinnen und Bürger sind bei dem Thema gefragt.
In Darmstadt wurde nach Angaben eines Sprechers im vergangenen Jahr eine deutliche Zunahme der ausgelegten Köder im Vergleich zu 2021 registriert. In diesem Jahr dürfte die Zahl aber einer Hochrechnung zufolge wieder auf das Niveau von 2021 sinken.
Bloß nicht auch noch füttern
- Ratte ist nicht gleich Ratte, es gibt weltweit viele verschiedene Arten, hierzulande sind Haus- und vor allem Wanderratten verbreitet.
- Domizil der Wanderratten sind Kanäle. Die Kanalisation ist ein Schlaraffenland für sie. Ratten fühlen sich aber auch auf ungenutzten Grundstücken und in Grünanlagen wohl.
- Abscheu vor Ratten ist weit verbreitet. Die Tiere gelten als Schädlinge und Krankheitsüberträger.
- Ratten sind nicht auszurotten, ihre Zahl kann nur eingedämmt werden. Mithelfen kann jeder, dass es nicht zu einer Rattenplage kommt. So sollten Küchenabfälle und Essenreste nicht über die Toilette entsorgt werden, weil so das Nahrungsangebot für Ratten dort wächst.
- Schäden an Kanalrohren und Hausanschlüssen sollten rasch behoben werden.
- Essensreste sollten nicht offen auf Grundstücken gelagert werden.
- Fachleute empfehlen, Küchenabfälle nicht auf den Kompost, sondern in geschlossene Komposter zu geben, die zum Boden hin ein Metallgitter haben.
- Den Zugang zum Kanalnetz erschwert man Ratten, in dem Kellertüren verschlossen werden, Abwasserschächte oder andere Schlupflöcher vergittert.
- Auch wer Tauben und Enten füttert, kann dadurch Ratten anlocken.
Ein städtischer Eigenbetrieb bekämpfe die Tiere in der Kanalisation. Grundlage hierfür seien eigene Erkenntnisse zum Beispiel über Spurensichtungen bei der Kanalreinigung, aber auch Hinweise von Bürgerinnen und Bürgern. Ein vorsorgliches Auslegen von Ködern sei nicht mehr zulässig. Eine Bekämpfung finde regelmäßig statt. Zudem gehe ein Fachbetrieb in der Regel einmal im Quartal in den öffentlichen Grünanlagen gegen die Tiere vor.
Auch in der Stadt Lorsch gibt es Ratten. Das Problem ist schon länger bekannt und die Stadt hat bereits vor geraumer Zeit Maßnahmen in die Wege geleitet.
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Regelmäßig jedes Jahr werden die Kanäle in Lorsch gespült, und zwar alle, wie Volker Knaup, der Leiter des Lorscher Bauamts, betont. Einige von ihnen würden jedes Jahr auch ein zweites Mal im Rahmen einer Nachbehandlung bearbeitet. Eine Fachfirma für Schädlingsbekämpfung sei mit der Aufgabe betraut, die Mitarbeiter erhielten zudem einen Plan von Gebieten, die möglicherweise besonders betroffen seien, um das Problem im Griff zu haben.
Tote Tiere hängen im Rechen
Rattenköderboxen würden in die Kanäle gehängt, ausgestattet mit Verschlüssen. Diese sollen auf diese Weise verhindern, dass mit Giftstoffen belastetes Wasser in die Weschnitz und anschließend in weitere Gewässer gelangen könnte, berichtet Knaup. Dass die Maßnahme gegen Ratten wirke, lasse sich unter anderem in der Kläranlage sehen. Angespülte tote Ratten bleiben im groben Rechen hängen.
Die Kadaver werden anschließend über Container entsorgt. „Das ist nichts Schlimmes, das ist gängige Praxis“, erläutert der Bauamtsleiter. Auch im städtischen Betriebshof habe man Rattenköder wenn nötig zur Hand, um die Stückzahl der unbeliebten Tiere dezimieren zu können.
"Auf einem gleichbleibenden Niveau"
Auch ein Sprecher des Frankfurter Ordnungsamtes verwies auf die Pflicht der Grundstückseigentümer, sich um Probleme mit Ratten zu kümmern. Geschehe dies nicht, schreite das Ordnungsamt ein und sorge dafür, dass die Tiere bekämpft würden. "Unser diesbezügliches Arbeitsaufkommen ist, je nach Jahreszeit und Wetter, mal geringer und mal intensiver, über die Jahre gesehen aber auf einem gleichbleibenden Niveau."
Im Sommer gebe es regelmäßig vermehrt Meldungen, vermutlich auch deshalb, weil die Menschen mehr draußen unterwegs seien und so häufiger Ratten entdecken würden. "Ratten befinden sich grundsätzlich ganzjährig in der Stadt und finden auch im Winter in der Kanalisation entsprechend angenehme Temperaturen sowie einen reich gedeckten Tisch an Nahrung, der über die Kanalisation entsorgt wird."
Eigentümer sind für die Schädlingsbekämpfung verantwortlich
Die Stadt Wiesbaden geht davon aus, dass auf einen Einwohner etwa zwei Ratten kommen - möglicherweise auch ein wenig mehr, wie ein Stadtsprecher erklärte. Von den warmen Quellen im Untergrund der Stadt profitiert Ungeziefer, das zur Nahrung der Ratten zählt.
Außerdem mag es die Brut der Ratten warm und kann sich dadurch besser entwickeln. Die Bekämpfung der Tiere im öffentlichen Raum beschränke sich auf die Auslegung entsprechender Giftköder in der Kanalisation, so der Sprecher. Auf privatem Gelände seien die Eigentümer selbst verantwortlich für die Schädlingsbekämpfung.
Eine weltweit berühmte Ratte kommt übrigens aus Bensheim-Auerbach. Ende Februar 2019 machte sie weltweit Schlagzeilen. Etliche Medien aus Europa und Nordamerika berichteten über den Nager, der in einem Gullydeckel im südhessischen Bensheim feststeckte. Befreit werden musste das wohlgenährte Tier damals von der Berufstierrettung Rhein-Neckar, weil es sich auf dem Weg aus der Kanalisation ans Tageslicht eingeklemmt hatte.
Unterstützung bekamen die Tierretter um Michael Sehr von der Freiwilligen Feuerwehr – bei beiden Organisationen gingen anschließend unzählige Anfragen aus aller Welt ein. Ach ja: Die Wanderrate entkam nach der Rettungsaktion unverletzt in den Untergrund. Bis heute wurde das Youtube-Video von der Ratten-Befreiung mehr als 3,4 Millionen Mal geklickt.
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