Tiere

Zu Besuch bei den Birkenauer Ausreißer-Pferden Vitero und Moon

Diese Zeitung wollte wissen, wie es den zwei Pferden geht. Aber sind die beiden wirklich abgehauen oder steckt mehr dahinter?

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heh/ü
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Markus Speicher ist heilfroh, dass Vitero und Moon wohlbehalten zurück sind. © Fritz Kopetzky

Bergstraße. Auf einer neuen Koppel, versteckt im Wald stehen sie, als wäre nichts passiert. Es ist still, kaum Geräusche - kein Auto, keine Traktoren, die das Gras für Heu schneiden. Allenfalls ein kleiner Wasserlauf ist zu hören. Hier grasen der 15-jährige "Vitero", ein Schwarzwälder-Fuchs, und "Moon", ein 26-jähriges Pinto-Quarter-Horse, seelenruhig. Selbiges kann über Besitzer Markus Speicher aus Siedelsbrunn nicht gesagt werden. Noch immer wühlt ihn das plötzliche Verschwinden seiner Pferde auf.

Aber von Anfang: Eigentlich sollten die beiden Wallache Vitero und Moon friedlich auf der Koppel in Löhrbach grasen - eigentlich. Doch der Anruf, den Markus Speicher sonntagmorgens Anfang August von seinem Vater erhält, lässt ihm den Atem stocken. Vitero und Moon sind verschwunden. Sofort macht sich Speicher auf den Weg zur Koppel. Er mobilisiert Freunde und Familie für die Suche. Die Sorge, dass seinen geliebten Pferden etwas zugestoßen sein könnte, lässt ihn nicht los: "Ich kenne Moon eigentlich schon mein ganzes Leben. Ich bin mit ihm aufgewachsen, er ist Teil der Familie."

Hauptberuflich ist Markus Speicher Schreiner

Hauptberuflich ist Markus Speicher Schreiner. Neben Vitero und Moon hat er noch zwei weitere Pferde sowie vier Mini-Ponys und 17 Ziegen. Die Wanderbeweidung und die Landwirtschaft sind für ihn ein Hobby, bei dem er "mit Leib und Seele dabei ist", bestätigt seine Mutter Ute Speicher. Und das muss er auch: "Ich arbeite normal in einem Schreinerbetrieb von morgens bis abends. Sobald ich zu Hause bin, versorge ich dann die Tiere auf den Weiden."

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Sogar das Heu für die Pferde mäht er selbst. Insgesamt bewirtschaftet er mit den Tieren etwa 25 Flächen. "Eigentlich sind die Tiere das ganze Jahr über draußen. Wir haben mobile Unterstände und Tränken." Speicher sorgt dafür, dass die Koppeln für seine Pferde groß genug sind. So haben sie genügend Auslauf und müssen nur ein- bis zweimal im Monat geritten werden.

Die Tiere waren "wie vom Erdboden verschluckt"

Nach dem Verschwinden suchten sie zunächst das Gebiet unmittelbar um die Koppel in Löhrbach ab. Keine Spur von den Pferden. Speicher verständigte sofort die Polizei. Mit Autos und Quads fuhren sie alle Wälder und Wege in der Umgebung ab, fragten jeden Wanderer, Spaziergänger und Fahrradfahrer, ob jemand die Tiere gesehen habe, sogar bei Reiter- und Bauernhöfen suchten sie nach den beiden. Vergeblich. "Vitero und Moon waren wie vom Erdboden verschluckt", erinnert sich Speicher.

Was folgte, waren "vier aufregende Tage und drei schlaflose Nächte." Die Ungewissheit, was mit Vitero und Moon geschehen ist, ließ Speicher nicht zur Ruhe kommen: "Dann kommen solche Gedanken wie: 'Vielleicht hat sie jemand zum Schlachter gebracht'." Dennoch, kein Tag verging ohne Suchaktion. "Es herrschte eine rege Teilnahme", sagt Markus Speichers Mutter Ute, "viele Freunde haben geholfen, auch auf Facebook war die Resonanz groß." Ein Bekannter von Markus Speicher flog mit einer Drohne über das Gebiet rund um die Koppel, auch eine Hundeführerin aus Liebersbach suchte mit zwei Spürhunden nach den Pferden. Doch weiterhin gab es keine Anhaltspunkte zum Aufenthaltsort der beiden Wallache.

Vitero und Moon wurden in einem Waldstück, etwa fünf Kilometer entfernt von der Koppel, gesehen

Vier Tage stocherten die Speichers im Dunkeln. Keine Hinweise, keine Sichtungen. Doch mittwochs, vier Tage nach dem Verschwinden, kam "der schönste Anruf meines Lebens", erinnert sich Markus Speicher. Vitero und Moon wurden in einem Waldstück, etwa fünf Kilometer entfernt von der Koppel, gesehen. Sofort setzte sich Speicher ins Auto und fuhr zu der beschriebenen Stelle und tatsächlich: Da waren seine Pferde. "Es war ein tolles Wiedersehen. Ich musste nur einmal nach ihnen rufen und schon sind sie aus dem Wald zu mir gekommen", so Speicher.

Viele Ungereimtheiten bleiben nach dem Auftauchen der Pferde

Aber wie genau sind die Wallache denn jetzt von der Koppel ausgebüxt? Genau können Ute und Markus Speicher das auch nicht sagen. Dennoch, die Umstände um das Verschwinden von Vitero und Moon machen die Speichers noch immer stutzig. "Der Weidezaun war glatt durchgeschnitten", erklärt Markus Speicher, "wenn ein Pferd von alleine durchbricht, dann franst das Material normalerweise aus. Außerdem ist das Weidezaungerät dieser Koppel verschollen."

Verwunderlich ist auch, dass nicht einmal die Spürhunde die Wallache finden konnten: "An der Koppel haben die Hunde die Witterung aufgenommen. Doch an einer Kreuzung haben sie die Spur wieder verloren." "Wenn so große Tiere frei herumlaufen, dann müssen sie doch auch mal gesehen werden. Aber niemand hat sie gesehen", ergänzt Ute Speicher. "Vitero und Moon sind ruhige und verlässliche Pferde, sehr umgänglich und überhaupt nicht ängstlich - vielleicht wurde ihnen das jetzt zum Nachteil", mutmaßt sie.

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In Zukunft wird Markus Speicher sein Equipment aufrüsten. Neue Weidezaungeräte müssen für seine etwa 25 Flächen her. Die bewirtschaftet er zwar nicht gleichzeitig, trotzdem wir das ein kostspieliges Unterfangen. "Sollte es dann nochmal dazu kommen, dass ein Weidezaun reißt oder durchschnitten wird, werde ich per App benachrichtigt und kann sofort nach dem Rechten sehen." Trotz all der Strapazen, Markus Speicher ist heilfroh, seine geliebten Pferde zurück zu haben, denn er ist "Hobby-Landwirt aus Leidenschaft". Mittelfristig kann sich der Schreiner aus Siedelsbrunn auch eine Pferdezucht vorstellen, "dafür brauche ich aber ein eigenes Gelände."

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