Bensheim. Im Jahr 1964 startete Suzuki in Deutschland mit dem Vertrieb von Motorrädern und Bootsmotoren. 1980 wurden auch die ersten Autos der Marke aus Japan auf dem deutschen Markt angeboten. Seit 2003 werden alle drei Geschäftsbereiche der Suzuki Deutschland aus Bensheim gesteuert. Kazuyuki Yamashita ist Managing Director, Daniel Schnell Deputy Managing Director der deutschen Suzuki-Zentrale.
Herr Yamashita, Herr Schnell, lange nichts gehört von Suzuki aus Bensheim. Warum war das Unternehmen viele Jahre so verschwiegen?
Yamashita: Vor dem Jahr 2018 waren wir offener gegenüber unseren Mitarbeitern und der Öffentlichkeit. Dann kam die drastische Reduzierung der Arbeitsplätze von 360 auf 140 hier am Standort. Das wurde öffentlich nie richtig erklärt. Auch die Kommunikation mit den Händlern war nicht gut. Das waren große Fehler der Unternehmensführung. Zu Beginn meiner Arbeit in Deutschland habe ich dann auch den geballten Frust eines örtlichen Händlers erfahren. Die Reputation bei unseren Vertriebshändlern war nicht die beste und auch der Empfang im Bensheimer Rathaus war anfangs frostig. Bürgermeisterin Klein sagte, wenn Sie den Stellenabbau erklären können, dann versteht es jeder.
Und wie lautet die Erklärung?
Yamashita: Wir brauchten einen Produktivitätsschub, um wettbewerbsfähiger zu werden. Unsere Suzuki Schwestergesellschaften in Frankreich und Großbritannien, die vom Geschäftsvolumen genauso groß waren wie Deutschland, kamen aber mit deutlich weniger Beschäftigten aus. Vor allem der administrative Bereich in Bensheim war zu groß, und im Gegensatz dazu die Händlerbetreuung gelinde gesagt ausbaufähig. Die für Gesamteuropa zuständigen Abteilungen für IT sowie für Teile und Zubehör wurden dann an den Produktionsstandort Esztergom in Ungarn verlagert, wo jetzt alles gebündelt ist. Das erlaubt effiziente Prozesse mit der Produktion ohne große Abstimmungen. Leider zulasten der Arbeitsplätze hier in Bensheim.
Das hätte auch früher erklärt werden können.
Schnell: Seit Mitte 2021, seit Herr Yamashita hier in Bensheim ist, ist eine Aufbruchstimmung im Unternehmen, aber auch im Händlernetz zu spüren. Die interne und externe Unternehmenskommunikation hat sich merklich verbessert.
Letztes Jahr durchsuchte die Staatsanwaltschaft den Standort, es ging um illegale Abschalteinrichtungen bei Diesel-Autos, was kam da eigentlich raus?
Schnell: Wir haben im Zuge des Ermittlungsverfahrens vollumfänglich mit den Behörden kooperiert. Die Frankfurter Staatsanwaltschaft hat keine strafrechtliche Verantwortung von Suzuki oder Mitarbeitern unseres Unternehmens festgestellt, womit die Ermittlungen abgeschlossen sind.
Welche Bereiche sind heute in Bensheim?
Yamashita: Die Deutschlandzentrale für das gesamte Produktportfolio, also Autos, Motorräder und Bootsmotoren. Bensheim ist das größte Suzuki-Lager in Europa hinsichtlich Fläche und Durchlauf. Von hier aus werden die deutschen Händler beliefert und das Lager gilt als Drehscheibe für Lieferungen an ausländische Suzuki-Gesellschaften. Der Fokus liegt auf Vertrieb, Aftersales und Teilen für den deutschen Markt.
Und wie sieht die künftige Entwicklung der Mitarbeiterzahl in Bensheim aus?
Yamashita: Wir haben derzeit 150 Mitarbeiter und wollen erklärtermaßen in allen drei Bereichen wachsen. Und dazu den Vertrieb stärken. Gelingt das, werden wir auch die Beschäftigung erhöhen.
Wie liefen denn die letzten Jahre geschäftlich?
Schnell: Das Geschäftsjahr 2021/2022 war sehr gut mit einem Plus bei den Autozulassungen von gut einem Fünftel auf rund 27 000 Fahrzeuge. Ein Jahr später kamen Corona und Probleme in den Lieferketten sowie dem zunehmend teuren Transport von Autos aus Japan nach Europa. Das betraf alle Hersteller. Wir haben unter anderem zu wenige Autos aus unseren japanischen Werken bekommen. Unsere Zulassungszahlen gingen um 40 Prozent zurück.
Seither wachsen wir wieder. Unser Marktanteil liegt aktuell bei 0,9 Prozent. Ziel sind mittelfristig 1,5 Prozent. Bei Motorrädern kommen wir auf einen Marktanteil von 3,7 Prozent, 4 Prozent sind das Ziel. Das Marinegeschäft erlebte in der Corona-Zeit hingegen einen Boom, ähnlich Wohnmobilen und Camping.
Suzuki hatte 2022 den höchsten Anteil an Eigenzulassungen aller Automarken in Deutschland, warum?
Schnell: Ja, das stimmt. Das sind aber nicht die typischen Tageszulassungen. Der Grund liegt zum einen an den aktuellen Händlerverträgen, welche gewisse Instrumente zulassen. Zum anderen an den Gewohnheiten aus der Vergangenheit.
Mit Blick auf die Einführung unserer neuen Modelle, so auch dem ersten vollelektrischen Fahrzeug im Jahr 2025, fokussieren wir uns auf attraktive Endkundenangebote, vor allem über das Instrument des Leasings. Bezüglich der Aktionszulassungen ist der Hinweis wichtig, dass die Fahrzeuge nach Zulassung schnell abverkauft werden und nicht auf Halde stehen.
Wer sind ihre größten Konkurrenten?
Schnell: Mazda und Nissan unter den Japanern. Toyota ist zu weit weg. Wir wollen den Markt für Kompaktwagen ausbauen, Ford zieht sich zurück, der letzte Fiesta lief im Juli vom Band und mit dem Focus aus Saarlouis ist auch bald Schluss. Renault geht in höherpreisige Segmente. Beides wegen der geringen Profitabilität. Unsere Kosten sind niedriger, wir können auch mit kleineren Autos profitabel sein.
Wie groß ist der Abstand zu deutschen Herstellern?
Schnell: Mit Blick auf andere Märkte sehen wir, dass wir auch mit deutschen Herstellern mithalten können. In Südafrika beispielsweise stehen wir mit dem Swift etwa besser da als Volkswagen mit dem Polo. Insgesamt ist Suzuki mit drei Millionen Fahrzeugen jährlich der größte Kompaktwagenhersteller weltweit. Dabei setzen wir auf unser Herstellungsprinzip „Sho-Sho-Kei-Tan-Bi“, auf Deutsch bedeutet das: kleiner, weniger, leichter, kürzer und schöner. Und zu einem erschwinglichen Preis.
Und im Motorradgeschäft?
Schnell: Wir wollen besser als Kawasaki abschneiden und auf ein Level mit Yamaha kommen. BMW und Honda sind weit vorne.
Wann gibt es das erste Elektroauto von Suzuki?
Schnell: Das wird 2025 der Fall sein.
Etwas spät, oder nicht?
Schnell: Kaufen Sie demnächst ein Elektroauto?
Nein.
Schnell: Sehen Sie - und die Antwort hören wir sehr oft. Seit die staatlichen Unterstützungen für Elektrofahrzeuge zu Beginn dieses Jahres gesunken sind, brach die Nachfrage nach E-Autos deutlich ein. Unsere Händler sind momentan froh, dass wir Verbrenner produzieren. Die Zukunft wird aber elektrisch sein. Bis 2031 werden 80 Prozent der Suzuki-Autos rein elektrisch sein. Auch bei Motorrädern werden wir bis 2025 elektrische Antriebe einführen.
Beschreiben Sie doch mal den typischen Suzuki-Autofahrer.
Yamashita: Der ist im Schnitt 57 Jahre alt und wir haben mehr Frauen als Kunden als Männer. Suzuki ist oft Zweitwagen. Da entscheidet die Frau über die Marke. Unser Ziel ist es, ein jüngeres Publikum anzusprechen, so zwischen 30 und 40. Dazu muss sich unsere Händlerstruktur ändern.
Unsere Händler sind heute vielfach in ländlichen Marktgebieten, aber um jüngere Zielgruppen zu erreichen, müssen wir in die Städte. Leasing wird zentrales Verkaufsinstrument.
Die ältere Kundschaft bleibt aber wichtig. In Japan schrumpft die Bevölkerungszahl und die Menschen werden älter. Dem Familienauto folgt oft der Kompaktwagen, dieser Markt wächst, wir haben das passende Angebot. Das wird sich in Deutschland ähnlich entwickeln.
Suzuki ist seit 20 Jahren in Bensheim, gibt es eine Geburtstagsfeier?
Yamashita: Am kommenden Freitag findet zunächst eine Mitarbeiterversammlung im Parktheater mit Fokus auf die Historie und Mitarbeiter statt, anschließend beginnt die Jubiläumsparty im Bürgerhaus Bensheim.
Warum wurde Bensheim eigentlich damals als Standort gewählt vor 20 Jahren?
Yamashita: Wir hatten Standorte in München mit einem Importeur für Auto und einen in Heppenheim für Motorräder, das sollte zusammengeführt werden. Die Städte Heppenheim und Bensheim hatten Angebote für Standorte gemacht, das Bensheimer war das bessere. mir
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