Landwirtschaft

Schüsse zu nachtschlafender Zeit erschrecken Bergsträßer Bürger

In Bobstadt, in Biblis und in Groß-Rohrheim sind regelmäßig Schüsse zu hören, zum Teil berichten Bürger sogar von Knallerei in der Nacht. „Man zuckt zusammen", schreibt eine Nutzerin in der Bibliser Facebook-Gruppe, eine andere berichtet, die Hunde würden vor Schreck anfangen zu bellen.

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Bergstraße. In Bobstadt, in Biblis und in Groß-Rohrheim sind regelmäßig Schüsse zu hören, zum Teil berichten Bürger sogar von Knallerei in der Nacht. „Man zuckt zusammen“, schreibt eine Nutzerin in der Bibliser Facebook-Gruppe, eine andere berichtet, die Hunde würden vor Schreck anfangen zu bellen.

Der Bibliser Ortslandwirt Dirk Müller (Bild: Busalt) weiß, worum es sich handelt: „Es ist der verzweifelte Versuch der Landwirte, die Gänse davon abzuhalten, ihre Bohnen zu fressen.“

Sowohl bei der Polizei als auch beim Ordnungsamt sind schon einige Beschwerden eingegangen über die Schussapparate in den Feldern. „Diese sind erlaubt, aber nicht zwischen 22 Uhr abends und 6 Uhr am Morgen“, heißt es nach Auskunft aus dem Bibliser Rathaus.

Weil die Knallerei auch schon früher begonnen hat, hat sich das Ordnungsamt beim Landwirt gemeldet, um auf die Ruhezeiten hinzuweisen. Tatsächlich beklage ein Bauer schon einen hohen Schaden, den die Gänse angerichtet haben. Sie fliegen bei Tagesanbruch - also schon vor 6 Uhr - aufs Feld, um die jungen Triebe zu knabbern.

Nah am Wohngebiet

„Es knallt manchmal so dermaßen laut, dass man wirklich senkrecht im Bett steht. Und wenn man jeden Morgen oder spät abends durch Schüsse aus dem Schlaf gerissen wird, nervt es und ist auch nicht gesund!“ Das schreibt eine Nutzerin auf Facebook.

Sie hat wie viele andere Bürger auch Verständnis dafür, dass die Vögel vertrieben werden sollen, allerdings nicht, wenn es noch um Mitternacht und um 4 Uhr früh schon wieder knallt. „Luftlinie sind es weniger als 800 Meter zum Wohngebiet“, schreibt ein anderer Nutzer auf Facebook. Er hofft nur, dass die Bohnen bald geerntet werden können, damit wieder Ruhe ist.

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Das aber dauert bis Mitte oder Ende September, erklärt Ortslandwirt Dirk Müller auf Anfrage. Wenn dann überhaupt noch etwas auf dem Feld steht. „Die Gänse machen regelrecht Kahlschlag und fressen Reihe für Reihe ab.“ Denn die Vögel fänden gerade nicht viel anderes: Die Hitze hat alles ausdörren lassen, und die Felder ringsum sind längst abgeerntet. „Es steht nicht mehr viel Grünes auf den Äckern“, sagt Müller.

Der Bibliser Ortslandwirt schätzt, dass die Bohnen als Zweitfrucht bei den Kollegen immer beliebter werden. „Nach der frühen Wintergerste kann das Feld noch für eine weitere Kultur genutzt werden.“

Gleich ein paar Tausend Euro

Erst vor wenigen Wochen seien die Bohnen gesät worden. „Mit der Beregnung laufen die kleinen Pflanzen gerade erst auf - mit ihren zarten Trieben.“ Wenn allerdings die ersten paar Blätter gefressen wurden, sei die ganze Pflanze kaputt. „Dann sind gleich ein paar tausend Euro futsch“, sagt Florian Olf (Bild: Dirigo). Der Groß-Rohrheimer Ortslandwirt hat selbst schon Bohnen angebaut und weiß, wovon er spricht. Aktuell hat er aber keine auf dem Feld. „Das ist eine sehr hochwertige Kultur, deswegen ist der Schaden so hoch. Im Winter sitzen die Vögel wieder im Wintergetreide oder Raps. Auch bei uns“, so Olf. Gefressen würde genauso viel, nur sei das Saatgut weniger teuer.

Problem wird zunehmen

„Das Problem ist, dass niemand etwas dagegen tut, und es wird immer schlimmer“, klagt Florian Olf. Denn die Gänse hätten als natürlichen Feind nur den Fuchs. „Aber so viele Füchse gibt’s gar nicht bei uns. Zudem verbringen die Gänse die Nacht auf der Insel im Groß-Rohrheimer See und sind dort völlig geschützt.“ Seit der Badebetrieb untersagt und der Kiesweg eingezäunt wurde, hätten die Vögel ohnehin ihre Ruhe und vermehrten sich ungestört. Die Bauern blieben auf ihren Kosten sitzen, weil Gänse nicht unter den Wildschäden erfasst würden. Zudem weiß der Junglandwirt, dass die Tiere „sehr standorttreu sind: Sie fressen mühelos ein paar Hektar kahl.“ Dirk Müller glaubt, dass das Problem mit den gefräßigen Vögeln noch zunimmt: nicht nur durch die steigende Population, sondern auch, weil verstärkt Sonderkulturen angebaut würden.

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In Weinbergen gegen Stare

Die Bohnen als Zweitfrucht seien beliebt, aber auch Sonnenblumen würden im Ried bald wieder auf großen Flächen blühen, ist der 46-Jährige überzeugt. „Das ist natürlich ideales Vogelfutter, weil alles stehen bleibt, bis die Blüte abgereift ist.“ Insofern rechnet Müller damit, dass in Zukunft weitere Schussapparate aufgestellt würden.

Im Odenwald gegen Wildschweine

Zum Einsatz kommen diese schon häufig in Weinbergen, um Stare und Tauben zu vergrämen. Im Odenwald würden diese gegen Wildschweine in den Maisfeldern eingesetzt. Die Geräte werden mit Gas betrieben und knallen etwa alle Viertelstunde einmal oder mehrere Male hintereinander. (cos/sm)

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