Bergstraße. „Ein Sommernachtstraum“ begeisterte am Freitagabend das Publikum im historischen Kurmainzer Amtshof. Bei der sehr gut besuchten Premiere der Heppenheimer Festspiele blieb am Ende vor Lachen wohl kein Auge trocken –die Zuschauer quittierten das sommerliche Vergnügen mit ausdauerndem Applaus, Bravo-Rufen und Standing Ovations.
Unter der souveränen Regie von Intendantin Iris Stromberger entführte Shakespeares beliebte Komödie das Publikum in fantasievolle Verwicklungen zwischen Liebenden, Elfen und Handwerkern – ein gelungener Abend, der mit Esprit und Lust am Schabernack Shakespeares Vorlage als Gegenbild einer romantisch verklärten Liebe aufgriff.
Der Plot liefert dazu die ansehnliche Zahl von gleich fünf unterschiedlichen Paaren: Die Rahmenhandlung bildet die Hochzeit von Theseus und Hippolyta am Hof von Athen, zu deren Ehren die Laienspielgruppe der Handwerker mit „Pyramus und Thisbe“ eine skurrile Parodie auf die große Liebe aufführt.
„Liebe und Vernunft gehen nur selten Hand in Hand“
Außerdem sind da die sich innig Liebenden Hermia und Lysander – sie sollen getrennt werden. Die beiden fliehen in den Wald, wo ihre Beziehung auf eine harte Probe gestellt wird, bis sie am Ende wieder zueinander finden.
Helena hingegen liebt Demetrius – der Hermia heiraten möchte und Helena zunächst verabscheut, bis er sich durch einen Zauber doch noch in sie verliebt.
Parallel dazu tobt im Reich der Elfen ein Machtkampf zwischen Titania und Oberon, der durch einen Zauber eskaliert: Titania verliebt sich vorübergehend in den in einen Esel verzauberten Handwerker Zettel – „Denn Liebe und Vernunft gehen nur selten Hand in Hand“, wie dieser trocken feststellt.
Inszenierung überzeugt mit Liebe zum Detail
Stromberger gelingt ein charmantes Gleichgewicht zwischen Romantik und Slapstick: Der verwunschene Wald wird zur Bühne eines emotionalen Verwirrspiels, das durch humorvolles Timing und eine liebevoll durchdachte Bühnengestaltung unterstrichen wird. Das Bühnenbild von Ingo Schöpp-Stromberger sorgt für ausreichend magische Atmosphäre und nutzt ebenso lustvoll wie die Kostüme von Corina Krisztian Skurrilitäten aus dem Alltags-Trash. Da hängt zum Beispiel eine Kuckucksuhr mitten im Wald und die Elfenkönigin Titania braucht ein rosa Einhorn als Kuscheltier zum Einschlafen. Unaufdringliche orchestrale Musikeinspielungen sorgen zusätzlich für Witz und Atmosphäre.
Marcel Zuschlag (Lysander) und Stephan Müller (Demetrius) eröffnen den Abend als temperamentvolle Rivalen um die Gunst der Hermia mit einer beherzten Prügelei. Die beiden gestalten ihre jeweilige Rolle als interessanten Gegensatz, bei dem Lysander als schwärmerischer Schönling einem eher hölzern charakterisierten Demetrius entgegengestellt ist.
Jeannine Gaspár (Hermia) und Saskia Huppert (Helena) ergänzen das Liebesquartett ebenfalls mit ganz unterschiedlichem Temperament: Hermia mit mädchenhaftem Charme, die kampfbereite Helena dagegen mit zunehmendem Realismus als letztlich rationalste und aufrechteste Figur.
Weitere Vorstellungen von „Ein Sommernachtstraum“:
- 19. Juli (Samstag)
- 20. Juli (Sonntag)
- 29. Juli (Dienstag)
- 30. Juli (Mittwoch)
- 31. Juli (Donnerstag)
- 1. August (Freitag)
- 2. August (Samstag)
- 3. August (Sonntag)
- 12. August (Dienstag)
- 13. August (Mittwoch)
- 14. August (Donnerstag)
- 15. August (Freitag)
- 16. August (Samstag)
- 17. August (Sonntag)
- 19. August (Dienstag)
- 20. August (Mittwoch)
- 21. August (Donnerstag)
Veranstaltungsort ist der Kurmainzer Amtshof in Heppenheim. Vorstellungsbeginn ist jeweils um 19.30 Uhr - außer sonntags. Da beginnen die Vorstellungen bereits um 18.00 Uhr. Karten können unter festspiele-heppenheim.reservix.de/events erworben werden. eba
In der Welt der Elfen brillieren Martin Geisen als Oberon und Nora Kühnlein als Titania. Ihre Szenen einer Ehe sind bei aller Überzeichnung – Titania als wasserstoffblonde Walküre, Oberon als bisweilen schmieriger Macho – mit sinnlicher Glaubwürdigkeit gezeichnet.
Als zentrale Figur verleiht Margit Schulte Tigges in der Rolle des Puck der Aufführung Tempo und Leichtigkeit – mit blitzenden Augen, schelmischer Mimik und federleichten Bewegungen ist sie ein kleiner, grünhaariger Kobold, der den Gang der Dinge lustvoll aus dem Tritt bringt.
Ein glücklicher Griff ist auch die Besetzung der Handwerkergruppe. Harald Mehring (Squenz), Sebastian Muskalla (Zettel/Pyramus/Esel), Lars Hoppe (Flaut/Thisbe) und Hans Peter Wollmann (Schnauz) bringen den klassischen Klamauk mit großem komödiantischem Talent auf die Bühne. Besonders Muskalla beeindruckt in seiner dreifachen Rolle als Liebhaber der Titania in Eselsgestalt und als übereifriger Darsteller des Pyramus.
Die Inszenierung verliert in all der durch die Handlung vorgegebenen Verwirrung nie den Faden und bringt spielerisch und überzeugend den großen, immerhin schon mehr als 400 Jahre alten Witz des Stücks zur Geltung.
Die Festspiel-Premiere von „Ein Sommernachtstraum“ war ein Theaterabend, der viel aus dem seit seinem Erscheinen immer wieder gespielten Stück herausholte und Lust machte auf noch mehr Shakespeare. Und das ist gut so, denn schon in dieser Woche findet eine weitere „Shakespeare“-Premiere statt: Im Kurmainzer Amtshof steht dann die Komödie „Shakespeares sämtliche Werke … leicht gekürzt“ auf dem Programm – auf der Grundlage einer furiosen Zusammenfassung durch die amerikanischen Autoren und Schauspieler Adam Long, Daniel Singer und Jess Winfield, die einen ebenso temporeichen wie hochkomischen Theaterabend erwarten lässt.
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