Gesundheit

"Pinktober": Leuchtendes Pink leitet Brustkrebs-Monat ein

Der „Pinktober“ macht auf die häufigste Krebserkrankung bei Frauen aufmerksam - täglich 280 neue Diagnosen.

Von 
Frederik Koch
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Sie stellten am Mittwoch das Programm für den „Pinktober“ vor (von links): Diana Wright, Erste Kreisbeigeordnete Angelika Beckenbach, Reinhild Zolg, Nadja Niestroj, Chefärztin Dr. Cordula Müller und Rhea Seehaus. © Thomas Zelinger

Bergstraße. Was auf den ersten Blick durch das pink fröhlich wirkt, trägt eine ernste Botschaft: Brustkrebs ist mit jährlich rund 74.500 Neuerkrankungen die häufigste Krebserkrankung bei Frauen in Deutschland. Etwa jede achte Frau ist im Laufe ihres Lebens betroffen. Darauf macht der sogenannte „Pinktober“ aufmerksam, der in diesem Jahr bereits zum 30. Mal stattfindet. Am Mittwochvormittag wurde die Aktionsreihe im Kreiskrankenhaus Bergstraße offiziell eröffnet. Neben der Ersten Kreisbeigeordneten und Gesundheitsdezernentin Angelika Beckenbach waren auch die Chefärztin der Gynäkologie und Geburtshilfe, Dr. Cordula Müller, sowie das Präventionsteam des Kreises anwesend.

Gemeinsam riefen sie dazu auf, Brustkrebsprävention und -aufklärung stärker in den Alltag zu holen. „Wir machen hier wirklich den Oktober pink und zu etwas ganz Besonderem“, betonte Dr. Müller. Das Motto lautet in diesem Jahr: „Von Heidelberg bis Heppenheim – gemeinsam gegen Brustkrebs“. Ein sichtbares Zeichen dafür sind die Starkenburg und das Heidelberger Schloss, die den gesamten Oktober über pink erleuchtet werden – als Symbol für Solidarität mit Erkrankten und als Ermutigung, auf die eigene Brustgesundheit zu achten. „Gestern haben in Deutschland 280 Frauen die Diagnose Brustkrebs bekommen. Heute werden es wieder 280 sein, und auch morgen“, führte Dr. Müller eindringlich vor Augen.

Große Fortschritte in der Therapie

Die Medizin habe große Fortschritte gemacht, dennoch sterben jedes Jahr rund 18.000 Frauen an Brustkrebs. „Wenn wir die Krankheit frühzeitig erkennen, können wir 95 Prozent der Frauen heilen“, so Dr. Müller. Entscheidend seien regelmäßige Selbstuntersuchungen, Vorsorge beim Frauenarzt und insbesondere das Mammographie-Screening. Obwohl fast alle Frauen zwischen 50 und 75 Jahren eingeladen werden, nimmt nur etwa die Hälfte das Angebot wahr.

„Das ist wirklich schade, denn wir wissen, dass wir durch das Screening kleinere Tumorstadien entdecken, weniger Lymphknotenbefall haben und die Heilungschancen dadurch enorm steigen.“ Manchmal, so erklärte Dr. Müller, sei die frühe Diagnose sogar eine unerwartete Chance: „Frauen, die betroffen sind, ändern oft ihren Lebensstil – sie ernähren sich gesünder, bewegen sich mehr und gehen regelmäßiger zur Vorsorge. Statistisch haben sie dadurch teilweise eine bessere Überlebenschance als gleichaltrige Frauen ohne Diagnose.“

Aktionen zwischen Kunst und Aufklärung

Der „Pinktober“ im Kreis Bergstraße verbindet medizinische Informationen mit kulturellen und gesellschaftlichen Impulsen. Gleich zu Beginn wurde die Ausstellung „Let Your Scars Shine“ eröffnet: Frauen, die Brustkrebs überlebt haben, zeigen ihre Narben in kunstvollen Fotografien – teilweise vergoldet, inspiriert von der japanischen Kintsugi-Technik, bei der zerbrochene Keramik mit Gold repariert wird. Die Symbolik ist stark: Aus Bruchstellen wird etwas Neues, Wertvolles, das Mut macht. Beteiligt ist auch das Buusenkollektiv, ein Verein mit rund 40 Mitgliedern. „Betroffene für Betroffene – darum geht es uns“, erklärte Mitgründerin Rhea Seehaus, die 2020 selbst an Brustkrebs erkrankte. Sie schilderte, wie sie sich während ihrer Erkrankung in einem „Krebskosmos“ wiederfand: isoliert, überfordert und ohne die mutmachenden Bilder, die sie online gesucht hatte.

Das Kollektiv will Patientinnen aus der Isolation holen, Schönheitsideale hinterfragen und zeigen, dass es keinen makellosen Körper braucht, um stark und schön zu sein. „Unser Motto lautet: laut, frech und wild“, so Seehaus. Auch der Geschäftsführer des Hauses, Sascha Sartor, unterstrich die Bedeutung: „Der Nukleus der Idee ist in Heppenheim gewachsen. Wir haben die Ausstellung bewusst mitten ins Krankenhaus geholt – hier, wo Menschen mit der Krankheit leben, wo Betten vorbeigeschoben werden, wo Angehörige und Familien genauso betroffen sind wie die Patientinnen selbst.“ Damit, so Sartor, werde das Thema genau dorthin gebracht, wo es hingehört: in die Mitte des Lebens.

„Pinktober“ kommt auch in die Schulen

Auch Jugendliche sollen für das Thema sensibilisiert werden. Die Martin-Buber-Schule in Heppenheim und die Erich-Kästner-Schule in Bürstadt beteiligen sich mit Projekten in der achten und neunten Klasse, die von Kunst bis Medien reichen. Ärzte begleiten die Aktionen mit Vorträgen und Gesprächsrunden. „Natürlich ist das für junge Menschen zunächst ein fernes Thema, aber viele erleben es in der Familie. Deshalb ist es wichtig, sie früh zu erreichen und auch kreativ einzubinden“, sagte Beckenbach. Die besten Arbeiten der Schüler sollen im Verlauf des Monats vorgestellt und prämiert werden.

Am 18. Oktober findet ein Benefizkonzert statt, am 21. Oktober eine Infoveranstaltung im Kurfürstensaal, bei der das Thema „Frauengesundheit“ im Mittelpunkt steht. Mit den Einnahmen werden Projekte wie eine therapeutische Kindergruppe unterstützt, die Kindern erkrankter Frauen und Großmütter zwischen sieben und zwölf Jahren einen geschützten Raum für ihre Ängste bietet. „Diese Kinder haben Sorge, ihre Mutter zu verlieren, und gleichzeitig Angst, sie noch zusätzlich zu belasten. Die Gruppe gibt ihnen Halt und Wege aus der Krise“, erklärte Dr. Müller. Da die Finanzierung nicht vollständig durch Krankenkassen gesichert ist, seien Spenden hier besonders wertvoll.

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Ob Ausstellung, Konzert, Schulprojekt oder Informationsabend – alle Aktionen des „Pinktober“ eint dieselbe Botschaft: Vorsorge kann Leben retten. Dr. Müller warb eindringlich für die Teilnahme am Mammographie-Screening und erinnerte zugleich an die Bedeutung der Selbstuntersuchung: „Am besten einmal im Monat, vor dem Spiegel, mit gehobenem Arm. Veränderungen sollten immer ernst genommen und ärztlich abgeklärt werden.“ Auch die familiäre Vorgeschichte dürfe nicht unterschätzt werden. Etwa 15 Prozent aller Brustkrebsfälle seien genetisch bedingt.

Dr. Müller erinnerte an die Schauspielerin Angelina Jolie, die sich nach einem Gentest vorbeugend beide Brüste und später auch die Eierstöcke entfernen ließ: „Wenn in einer Familie gehäuft Brustkrebs vorkommt, sollte man das ernst nehmen und eine genetische Beratung in Anspruch nehmen.“ Zum Abschluss fasste Dr. Müller die Bedeutung des Monats zusammen: „Brustkrebs betrifft uns alle. Je besser man informiert ist, desto besser kann man Entscheidungen für die eigene Gesundheit treffen.“ Die Ausstellung ist noch bis zum 31. Oktober frei zugänglich im ersten Stock des Kreiskrankenhauses Bergstraße. Weitere Informationen gibt es online unter: www.pink-gegen-krebs.de

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