Bergstraße. Der Kreis Bergstraße wird für das kommende Jahr voraussichtlich keinen ausgeglichenen Haushalt beschließen können. Der am Montagabend vom zuständigen Finanzdezernenten Matthias Schimpf in den Kreistag eingebrachte Etatentwurf 2025 geht von einem Defizit im ordentlichen Ergebnis in Höhe von knapp über 11 Millionen Euro aus. Nach Einschätzung der Kreisspitze ist der Haushalt dennoch genehmigungsfähig.
Um das zu erreichen, muss der Kreis laut Schimpf aber auch an der Umlageschraube für die Bergsträßer Städte und Gemeinden drehen. Das belastet wiederum die eigenen Finanzplanungen der Kommunen, die diese Mehrausgaben selbst unter anderem über Grund- oder Gewerbesteuern von Bürgern und Unternehmen abdecken müssen. Die Kreisumlage soll laut dem vorgelegten Etatentwurf im kommenden Jahr um 1,49 Prozentpunkte erhöht werden. Das ist ein Prozentpunkt mehr als im vergangenen Februar bei der Verabschiedung des Haushalts 2024 noch prognostiziert wurde. Damals war man im Landratsamt noch davon ausgegangen, dass die Kreisumlage 2025 und 2026 um jeweils 0,49 Prozentpunkte, 2027 noch einmal um 0,4 Prozentpunkte wachsen wird. An der Höhe der bereits vorgesehenen Anhebungen für 2026 und 2027 hält Schimpf erst einmal fest. Ohne diese sei „in der mittelfristigen Aussicht keine Genehmigungsfähigkeit zu erreichen“. Ab 2028 sei dann erst einmal keine weitere Erhöhung der Kreisumlage vorgesehen. Schimpf betonte in seiner Rede zur Haushaltseinbringung jedoch ausdrücklich, dass es sich nur um Planungen handele. Und diese können sich mit Blick auf die Wirtschaftsentwicklung und die finanzielle Lage von Bund, Ländern und Kommunen noch ändern.
Die bereits vorgestellte erhöhung um 1,49 Prozentpunkte muss nicht noch weiter angehoben werden
Das hätte in den vergangenen Tagen auch noch relativ kurzfristig geschehen können. Denn erst nach der nichtöffentlichen Einbringung des Haushaltes in den Kreisausschuss am 21. Oktober veröffentlichte das Land am 11. November seine Planungsgrundlagen für 2025. „Die vom Land gemeldeten Umlagegrundlagen liegen deutlich unter unserer Planung und haben damit erneute Gegensteuerungsmaßnahmen erforderlich gemacht“, sagte Schimpf. Von daher bewertete er es als positiv, dass die im Kreisausschuss bereits vorgestellte vorgesehene Erhöhung der Kreisumlage um 1,49 Prozentpunkte nachträglich nicht noch weiter angehoben werden musste.
Klimaschutz und Bildung
Trotz der engen Haushaltslage will der Kreis im kommenden Jahr in Klimaschutz und Bildung investieren, betont Finanzdezernent Matthias Schimpf (Grüne). Unter anderem folgende Projekte finden sich im Etatentwurf.
Schülerbeförderung: Es werden insgesamt 11,76 Millionen Euro veranschlagt. Davon sind für Schülerjahreskarten (Deutschland-Ticket) 6,1 Millionen Euro vorgesehen.
Bildungskommune: Entwicklung einer übergreifenden kommunale Bildungsstrategie über alle Lebensphasen hinweg. Haushaltsansatz 2025: 100 000 Euro. Förderquote von 40 Prozent.
Klimaschutzmanagement: Umsetzung von Maßnahmen des „Integrierten Klimaschutzkonzeptes“. Haushaltsansatz 2025: 43 000 Euro. Förderquote 50 Prozent.
Klimaanpassung: Ein Konzept zur nachhaltigen Klimaanpassung und für natürlichen Klimaschutz sowie der Stärkung der Biodiversität soll erarbeitet werden. Haushaltsansatz 2025: 157 000 Euro. Es mit 127 000 Euro Fördermitteln gerechnet.
Klimaschutzmaßnahmen: Projekt zur Umsetzung der Maßnahmen aus dem Klimaschutzkonzept. Haushaltsansatz 2025: 208 000 Euro. Es wird mit 40 000 Euro Fördermitteln gerechnet.
„Karma“ (Kreislaufwirtschaft im Bausektor): Dabei soll die Kreislaufwirtschaft in Ergänzung des Klimaschutzkonzeptes betrachtet werden. Haushaltsansatz 2025: 80 000 Euro. Die mögliche Förderquote beträgt 80 Prozent.
Zuschuss PV- Programm: Kreisförderprogramm für Photovoltaik, Erneuerbare Energie, Speichertechnik und Wettbewerbe. Haushaltsansatz 2025: 200 000 Euro. red
Mehr Geld in die Hand nehmen müssen die Städte und Gemeinden auch bei der Schulumlage. Um 0,99 Prozentpunkte soll diese steigen. Der Kreis werde dadurch im kommenden Jahr 8,1 Millionen Euro mehr einnehmen als 2024, erläuterte Schimpf. Das zusätzliche Geld werde benötigt, um gestiegene Ausgaben finanzieren zu können. Schimpf führte hierzu allgemeine Kostensteigerungen, einen höheren Finanzierungsanteil des Kreises bei der Schülerbeförderung und auch eine deutliche Erhöhung des Aufwands für Schuleingangsuntersuchungen an. Hinzu kämen Investitionen in Schulbau- und Instandhaltungsmaßnahmen für Schulgebäude. Zudem seien auch die Schülerzahlen im Kreis deutlich angestiegen.
Gewinnrücklagen von Neue Wege werden aufgelöst
Um das Defizit im Haushalt abfedern zu können, werden laut Schimpf weitere Maßnahmen ergriffen. So soll eine Gewinnrücklage des Eigenbetriebs Neue Wege in Höhe von 4 Millionen Euro aufgelöst werden. Zusätzliche 900 000 Euro erhofft man sich durch eine Erhöhung der Gebühren der Leitstelle Rettungsdienst. Darüber musste der Kreistag gestern ebenfalls entscheiden. Im Finanzplanungserlass des Landes für das Jahr 2025 wird zudem die Möglichkeit eröffnet, die Hessenkassenbeiträge für die Jahre 2025 und 2026 im Einzelfall ohne Antragsverfahren zu stunden. „Durch diese Option können wir die Kommunen unmittelbar um rund 13,4 Millionen Euro im Planungszeitraum entlasten“, erläuterte Schimpf. Selbstverständlich müsse diese Tilgung dann gegebenenfalls mit Zinsen in den Folgejahren nachgeholt werden. Es ergebe sich jedoch die Möglichkeit, „flexibel etwaige Verwerfungen abzufedern und angemessen auf Veränderungen zu reagieren“.
Der Haushalt 2025 ist laut Matthias Schimpf weiterhin durch massive Zuwächse im Bereich Jugend und Soziales geprägt. Der Transferaufwand im Sozialamt liegt demnach bei knapp 73 Millionen Euro, im Jugendamt bei 98,1 Millionen Euro und im Eigenbetrieb Neue Wege bei 150,6 Millionen Euro. Unter Transferaufwendungen versteht man Zahlungen, die ohne Gegenleistung an Dritte geleistet werden, so zum Beispiel Sozialleistungen, Zuweisungen und Zuschüsse, Schuldendiensthilfen und allgemeine Umlagen. Insgesamt sieht der Etatentwurf für das kommende Jahr 321 Millionen Euro Transferaufwand vor. Zum Vergleich: Im laufenden Haushalt 2024 sind es 299,7 Millionen Euro. Diesen Aufwendungen stehen auch Erträge aus Transferleistungen gegenüber, die der Kreis erhält. „Insgesamt lässt sich allerdings eine Entwicklung feststellen, die mir Sorge bereitet“, so Schimpf.
Kreis geht von steigenden Aufwendungen im Bereich der Personalaufwendungen aus
Bei den Aufwendungen rund um das Thema Asyl habe der Kreis durch die direkte Zuweisung von Flüchtlingen an die Kommunen im Sach- und Dienstleistungsbereich Millioneneinsparungen umgesetzt. Möglich sei das durch ein „aktives und restriktives sowie nachhaltiges Management der Aufgaben“, so Schimpf. Kritisiert wurde von ihm jedoch, dass „die Bundesmittel aus dem Flüchtlingsgipfel vom Herbst 2023 entgegen den Zusagen des Landes nunmehr nicht eins zu eins an die Kommunen weitergeleitet werden, sondern in Kompensationsrechnungen ,verschwinden’“.
Im Bereich der Personalaufwendungen geht man im Landratsamt von einer Steigerung von drei Prozent gegenüber dem Planansatz 2024 aus. Der Gesamt-Ansatz der Personalaufwendungen liegt 2025 bei rund 70 Millionen Euro. Zusätzlich geschaffenen Stellen seien auf einen Anstieg von Fallzahlen, insbesondere in den Bereichen „Ausländerwesen“, „Pflege“, „Wohngeld“ zurückzuführen.
Auch bei den Abgaben an den Landeswohlfahrtsverband geht man beim Kreis von steigenden Aufwendungen aus, die sich in einer Höhe von 68,4 Millionen Euro im Haushaltsplanentwurf niederschlagen.
Für die Bekämpfung der Afrikanischen Schweinepest wurden 2,5 Millionen Euro im Etatentwurf vorgesehen.
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