Kreistag

Kreis braucht seine Reserven komplett auf - dafür soll die Kreisumlage 2024 nicht steigen

Finanzdezernent Matthias Schimpf bringt den Haushaltsplanentwurf für das kommende Jahr beim Kreistag ein. Es gibt ein Defizit in Höhe von 25,6 Millionen Euro.

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Jörg Keller
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Der Bergsträßer Finanzdezernent Matthias Schimpf brachte bei der gestrigen Kreistagssitzung den Haushaltsplanentwurf 2024 ein. © Thomas Neu

Bergstraße. Die von den Städten und Gemeinden zu entrichtende Kreisumlage soll im kommenden Jahr nicht steigen. Das sieht zumindest der Haushaltsplanentwurf 2024 vor, den der hauptamtliche Kreisbeigeordnete und Finanzdezernet Matthias Schimpf (Grüne) heute bei der Sitzung des Kreistags eingebracht hat.

Die Verteilung der Pro-Kopf-Pauschale für Flüchtlinge ist noch nicht geregelt

Um die Kosten für die Aufnahme von Flüchtlingen im Kreis Bergstraße finanzieren zu können, rechnet Kreisbeigeordneter Matthias Schimpf (Grüne) mit steigenden Zahlungen von Land und Bund. Die Erträge aus Transferleistungen sollen demnach um über 20 Millionen Euro wachsen, da davon auszugehen sei, dass das Land in 2024 so wie in den Vorjahren einen Teil der flüchtlingsbedingten Kosten übernimmt.

Außerdem hatten sich Bund und Länder im November auf eine Finanzierung der Flüchtlingskosten geeinigt. Der Bund will demnach künftig 7500 Euro pro Flüchtling zahlen. Die Verteilung der angekündigten Pro-Kopf-Pauschale sei jedoch noch nicht endgültig geregelt. „Ich plane deshalb mit zusätzlichen Erträgen von acht Millionen Euro in diesem Bereich“, erläuterte Schimpf in seiner Rede zur Etateinbringung.

Diese nutzte er auch, um noch einmal grundsätzlich auf die Flüchtlingssituation im Kreis einzugehen: „Zur Wahrheit gehört, dass wir in vielen Bereichen an unsere Belastungsgrenzen stoßen und oftmals diese auch schon überschritten haben. Es ist daher notwendig, dass auf diesen Umstand und die bestehenden Probleme hingewiesen wird. Ein Verschweigen oder Beschönigen der Situation würde an dieser nichts ändern, aber die Menschen würden uns zurecht Tatenlosigkeit vorwerfen.“

"Migration nimmt stetig zu und die Integration nimmt ab"

Matthias Schimpf betonte, dass weder er selbst, noch Landrat Christian Engelhardt (CDU) das Recht auf Asyl in Frage stellen: „Wer dieses Schutzes bedarf, dem ist dieser zu gewähren.“ Die gegenwärtige Situation bringe es aber mit sich, dass „wir uns um die Schutzbedürftigen nicht kümmern und ihnen das notwendige Integrationsangebot nicht machen können“.

Der Verweis darauf, dass Deutschland ein „Einwanderungsland“ ist, sei nicht falsch, hat aber nach Einschätzung des Kreisbeigeordneten mit dem derzeitigen Migrationsgeschehen nichts zu tun. Einwanderung und die Lösung des Fachkräftemangels müssen seiner Einschätzung nach organisiert werden.

Stattdessen nehme die Migration stetig zu und die Integration ab. „Integration findet aber in den Kommunen statt, daher müssen wir uns auf kommunaler Ebene auf die Menschen konzentrieren können, die eine realistische Bleibeperspektive haben“, sagte Schimpf. Er unterstrich dabei die Forderung, dass „nur Menschen mit realistischer Bleibeperspektive zugewiesen werden“.

Es handele sich jedoch bei der Planung um den „Stand heute“, schränkte er ein. Um den Kommunen „Luft zum Atmen zu lassen“ müsse der Kreis allerdings seine vorhandenen finanziellen Reserven aufbrauchen.

Denn der Etatentwurf selbst schließt mit einem Defizit in Höhe von rund 25,6 Millionen Euro ab. Gesamtaufwendungen von 636 Millionen Euro stehen Gesamterträge im ordentlich Ergebnis von 613 Millionen Euro gegenüber.

„Normalerweise würde ein solches Defizit eine Erhöhung der Kreisumlage von über fünf Prozentpunkten bedeuten“, betonte Schimpf in seiner Rede. Der Finanzplanungserlass des Landes ermögliche es jedoch, mit sogenannter ungebundener Liquidität dieses Minus auszugleichen.

Matthias Schimpf brachte den Haushalt ein. © Thomas Neu

Somit könne man trotz des Defizits einen genehmigungsfähigen Haushalt für das kommende Jahr vorlegen. Schimpf verwies in diesem Zusammenhang auch auf den aktuellen Controllingbericht, der eine gute Gesamtentwicklung des Kreishaushalts im laufenden Jahr bestätige.

Für die Folgejahre geht man im Landratsamt sogar von einer für die Kommunen günstigeren Entwicklung aus. Die mittelfristige Finanzplanung habe nämlich eigentlich für die Jahre 2025 und 2026 Erhöhungen der Kreisumlage von jeweils 1,25 Prozentpunkten vorgesehen, insgesamt also 2,5 Prozent. Derzeit rechne er für 2025 und 2026 nur mit einem Anstieg von jeweils 0,49 Prozentpunkten, für 2027 von 0,4 Prozentpunkten.

Ein Prozentpunkt mehr für die Schulen an der Bergstraße

Die Bergsträßer Kommunen werden im kommenden Jahr voraussichtlich mehr Geld für die Schulen im Kreis aufbringen müssen. Der Haushaltsplanentwurf 2024 sieht eine Umlageerhöhung von einem Prozentpunkt vor. Finanzdezernent Matthias Schimpf (Grüne) begründete das in seiner Einbringungsrede mit der „Baupreisentwicklung, Inflationseffekten und Personalkostensteigerungen“.

Immerhin habe der Kreistag gemeinsam ein „ambitioniertes und auf die Zukunft ausgerichtetes Schulbauprogramm“ auf den Weg gebracht. Der Kreis investiere kontinuierlich in die Weiterentwicklung der Schulen. Insgesamt ist für den Eigenbetrieb Schule und Gebäudewirtschaft eine Nettoneuverschuldung in Höhe von 49,6 Millionen Euro vorgesehen.

Für Zins- und Tilgungsleistungen müssen 19,4 Millionen Euro aufgebracht werden. Der planerische Gesamtschuldenstand des Eigenbetriebs werde Ende 2024 dann bei 240 Millionen Euro liegen. „Das sind aus unserer Sicht gute Schulden“, betonte Schimpf. Nach der geplanten Erhöhung der Schulumlage im Jahr 2024 solle diese „auf Grundlage der aktuellen Zahlen“ im weiteren Finanzplanungszeitraum konstant bleiben, so Schimpf. kel

Das Eintreffen dieser Prognosen sei natürlich von der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung des Landes abhängig. „Ohne entsprechende Steuereinnahmen und starke Unternehmen, sowie entsprechende Wachstumsraten im Kommunalen Finanzausgleich sind diese Annahmen Makulatur“, betonte Schimpf.

Größter Kostenfaktor des Kreishaushaltes ist der Bereich „Jugend und Soziales. Über alle Aufgabenbereiche des Sozialamtes hinweg geht der Etatentwurf für das kommende Jahr von sogenannten Transferaufwendungen in Höhe von 72 Millionen Euro aus.

Transferausgaben in Höhe von 91,47 Millionen Euro

Das sind nach Angaben von Matthias Schimpf noch einmal 17,3 Millionen Euro mehr als im laufenden Jahr. Für das Jugendamt sieht die Finanzplanung für das kommende Jahr Transferausgaben in Höhe von 91,47 Millionen Euro vor. Das sind 10,5 Millionen Euro mehr als 2023.

Nach Einschätzung von Schimpf lässt sich daran eine Entwicklung ablesen. „Ohne eine Konsolidierung oder zumindest Plateau-Bildung und damit einhergehend eine seriöse Diskussion über vorhandene Standards wird sich das System nicht gesund am Leben erhalten lassen“, sagte der Kreisbeigeordnete.

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An politischen Schwerpunkten im Etatentwurf führte der Finanzdezernent unter anderem die Ausgaben für den Radverkehr mit der Planung für die Raddirektverbindung Zwingenberg bis Heppenheim (370 000 Euro) an. Im Bereich Gesundheit soll ein Fokus auf die Unterstützung von Hebammen gelegt werden. Zur Umsetzung von Maßnahmen aus dem Klimaschutzkonzept sieht der Entwurf 253 000 Euro vor, weitere 64 000 Euro Fördermittel für das Klimaschutzmanagement und 200 000 Euro für Photovoltaik.

Redaktion Redakteur, Ressorts Lorsch, Einhausen und Region

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