Bergstraße. „Es ist nicht egal, wie wir geboren werden“ ist die Erkenntnis des erfahrenen Geburtsbegleiters und Chirurgen Michel Odent, die er in seinem gleichnamigen Buch zusammengefasst hat. Gestern stand dieses Zitat im Mittelpunkt einer Zusammenkunft im Kreiskrankenhaus Heppenheim (KKB), denn der Hebammenkreißsaal des Krankenhauses wurde mit dem HKS+-Zertifikat ausgezeichnet.
Mit dabei war auch die Hessische Gesundheitsministerin Diana Stolz, die wieder einmal Gelegenheit hatte, „ihr“ Krankenhaus zu besuchen, wie es KKB-Geschäftsführer Sascha Sartor in seiner Begrüßung formulierte. Als Erste Kreisbeigeordnete und zuständige Gesundheitsdezernentin begleitete sie nicht nur das Kreiskrankenhaus von Anfang an, sondern auch das vor sieben Jahren in Gang gesetzte Konzept des Hebammenkreißsaals (HKS), das jetzt mit der Überreichung des Zertifikats HKS+ seinen Ritterschlag bekam.
Damit nimmt Heppenheim eine Vorreiterrolle ein, denn von den aktuell 568 Krankenhäusern mit eigener Geburtshilfe gibt es in Deutschland nur sieben mit dieser Auszeichnung. In Hessen ist das KKB erst das zweite Krankenhaus mit dieser Auszeichnung.
„Die Geburt ist eines der persönlichsten Ereignisse für die Mutter und die Familie“, weiß Diana Stolz auch aus eigener Erfahrung. Die Unterstützung durch die Hebammen vor, während und nach der Geburt sei sehr hilfreich, vor allem auch für berufstätige Mütter. Auch wenn die menschliche Komponente im Hebammenkreißsaal im Mittelpunkt stehe, komme das Sicherheitsbedürfnis nicht zu kurz, da medizinisches Personal immer in der Nähe ist. Dass sie dieses Konzept auch als Ministerin finanziell unterstützen konnte, habe sie sehr gefreut.
Wunsch, den Hebammenkreißsaal flächendeckend auszubauen
Der Hauptunterschied zum herkömmlichen Kreißsaal mit Hebammen und medizinischem Personal sind im Hebammenkreißsaal ausschließlich Hebammen vor Ort. „Damit wird den Müttern Raum gegeben, aus eigener Kraft zu gebären“, erläutert Leitende Hebamme Marie Schmitt das Konzept. Raum, Zeit und die Möglichkeit, im Notfall schnell auf medizinische Hilfe zurückgreifen zu können, mache den Hebammenkreißsaal aus. Mit der Überreichung des Zertifikats werde das Qualitätsniveau bestätigt, die Arbeit honoriert und „das macht stolz“, dankte sie allen Beteiligten von der Chefärztin über die Geschäftsführung, die Begleitung im Zertifizierungsprozess bis hin zum Hebammen-Team.
Auch Jessica van der Meulen, HKS-Beauftragte im Kreiskrankenhaus, richtete ihren Dank insbesondere an die Hebammen. „Sie füllen das Konzept mit Leidenschaft“ und diese Arbeit erfahre mit der Auszeichnung auch Wertschätzung. Denn ein guter Start ins Leben und damit eine gute Geburt habe lebenslange Auswirkung.
Das bestätigt auch Vera Triphaus von der Gesellschaft für Risikoberatung, die den Zertifizierungsprozess begleitete. Sie zeigte sich davon überzeugt, dass am Hebammenkreißsaal kein Weg vorbei führt, denn neben der natürlichen Geburt werde hier auch die Patientensicherheit gewährleistet. Dieser Grundgedanke werde in Heppenheim bereits seit sieben Jahren vollständig umgesetzt.
Auch Andrea Köbke vom Deutschen Hebammenverband sprach von einem bedeutsamen Zertifikat, mit dem das Konzept beweisbar sei. Es gehe darum, Geburtshilfe „menschlich zu gestalten“ und wieder mehr zum Prinzip „guter Hoffnung zu sein“ zurückzukehren. Vor diesem Hintergrund ist es ihr Wunsch, den Hebammenkreißsaal flächendeckend auszubauen.
Der Hauptunterschied des Hebammenkreißsaal gegenüber einem herkömmlichen Kreißsaal ist der Verzicht auf medizinisches Personal, um ausschließlich mit Hebammen einen natürlichen Geburtsverlauf zu gewährleisten. Damit ist eine ähnliche Situation wie im Geburtshaus gewährleistet. Zusätzlich steht im Hebammenkreißsaal aber auch die klinische Infrastruktur zur Verfügung, auf die bei Komplikationen schnell zurückgegriffen werden kann.
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