Bergstraße. Die Sommer mit lang anhaltenden Hitzeperioden nehmen zu, das Frühjahr setzt früher ein, die Winter werden milder. Der Klimawandel bringt damit Veränderungen für den heimischen Garten mit sich. Wie der Vorsitzende des Kreisverbands Bergstraße zur Förderung des Obstbaues, Garten- und Landschaftspflege Thomas Brecht erklärt, ist das zum Beispiel an in unserer Region neuen Insektenarten, wie der Holzbiene, der Asiatischen Hornisse und der Asiatischen Kirschessigfliege, gut zu erkennen. Auch Pilze, wie Schwarzpilze, Rostpilze und Mehltau an Obstbäumen, würden vermehrt auftreten, so Brecht.
Zunächst stellt sich ganz unmittelbar die Frage nach dem Wasserverbrauch. Laut Brecht müsse der Garten nicht mit Trinkwasser versorgt werden, das sogenannte Brauch- oder Grauwasser, wie etwa das Wasser aus Regentonnen, tue es auch. Heinz Schmitt, Gärtnermeister aus dem gleichnamigen Meister- und Ingenieurbetrieb aus Lindenfels, setzt auf Zisternen, die am besten im Boden eingelassen sind: „Wir haben zunehmend Starkregenereignisse und längere Phasen, in denen kein Regen fällt. Mit einer Zisterne, die mindestens 10 Kubikmeter Fassungsvermögen haben sollte, kann der Garten in Trockenphasen über diesen Wasserspeicher bewässert werden– ohne, dass dafür kostbares Trinkwasser verbraucht wird. Zudem muss damit gerechnet werden, dass manche Kommunen in heißen Sommern Verbote erlassen werden, den Garten mit Trinkwasser zu versorgen. Und weniger Wasser in der Kanalisation bedeutet zudem: weniger Wasser, das in der Kläranlage gereinigt werden muss. Die heimische Zisterne ist da eine gute – und auch förderfähige – Möglichkeit.“
Tim Kellner, Gartenbauingenieur von der gleichnamigen Heppenheimer Gärtnerei, gibt eine Empfehlung, wie oft gegossen werden sollte: „Allgemein sollte man lieber eher seltener – zwei- bis viermal pro Woche – tiefgründig gießen, anstatt täglich kurz. Da das Wasser so tiefer vom Substrat aufgesogen wird und länger wirkt.“ Die Wasseraufnahme könne man erleichtern, in dem man den Boden verbessert. Hier sei ein guter Wasserspeicher das Stichwort. Wenn der Boden sehr sandig sei, sollte man lockernde Stoffe wie Bims oder Blähton einarbeiten – wenn er fester und lehmiger sei, helfe wiederum einfacher Spielsand aus dem Baumarkt.
Sowohl Brecht, als auch Kellner und Schmitt empfehlen eine Tröpfchenbewässerung, die am besten direkt bei der Planung des Gartens bedacht wird. „Bei einer Tropfbewässerung landet das Wasser zielgerichtet an der Pflanze und verdunstet nicht vorher zu einem großen Teil in der Luft“, so Kellner. Schmitt merkt auch den Vorteil an, dass an ein System mit Schwitz- oder Tropfschläuchen eine Zeitschaltuhr angeschlossen werden kann. So ist immer genug Wasser für die Pflanzen da – auch im Urlaub.
Zudem helfe es, die Erde abzudecken, wie Brecht erklärt: „Die offenen Flächen sollte man am besten mit Mulch abdecken, damit die Austrocknung geringer ist. Durch Zugabe von Komposterde oder auch Pflanzkohle können Gartenbesitzer den Boden aufwerten, so dass er das Wasser wieder besser speichern kann.“ Auch eine gesunde Humusschicht sei von Vorteil, so Kellner. Schmitt merkt ergänzend an, dass man aus Gründen der Nachhaltigkeit auf regionale Produkte setzen solle.
„Der Rasen wird bei den aktuellen Temperaturen sowieso braun“
Es stellt sich auch die Frage nach Rasen und dessen Bewässerung, wie Brecht erklärt: „Er wird durch die hohen Temperaturen, wie wir sie jetzt haben, sowieso braun. Wenn es wieder kühler und feuchter wird, kommt er wieder.“
Kellner beobachtet das Thema Rasen aus zwei Perspektiven: „Auf der einen Seite will man ökologisch und Wasser sparend denken, auf der anderen Seite wünscht man sich auch Freifläche, die man einfach nutzen kann und die recht einfach gepflegt werden kann. Ohne Rasen sind daher nach wie vor nur wenige Gärten. Bei Rasen empfehle ich immer auf den Saatgutmix zu achten – eine Trockenheitsmischung ist deutlich länger grün im Sommer. Außerdem ist die Schnitthöhe bei der Mahd auch nicht unwichtig. Schneidet man sehr regelmäßig, kann man zwar auch kürzer schneiden – jedoch empfiehlt sich hier doch der ein oder andere Zentimeter mehr, da diese eine Isolierungsschicht zum Boden bilden, der dadurch langsamer austrocknet.“
Ansonsten rät er zu mehr Beeten als Rasen. Bei Beeten könne man sich auch in der ästhetischen Gestaltung Ideen bei der Permakultur holen. Diese poche auf einen permanent bedeckten Boden. So ließen sich Flugsamen von Unkräutern besser in Schach halten und man müsse weniger gießen. Und Schmitt: „Ich kann den Wunsch nach Rasen verstehen, aber er braucht eben auch viel Wasser. Der sollte nicht mit kostbarem Trinkwasser gegossen werden. Dafür ist das Grauwasser aus der Zisterne gut geeignet.“
Zudem kann jeder Wasser sparsam einsetzen, indem man morgens bewässert. Brechts Kollege vom Bensheimer Ortsverein Bensheim, Wolfgang Heeb, erwähnt noch einen weiteren Vorteil des frühen Gießens: „Abends freuen sich dann die Schnecken, die dann aktiv werden. Auf der feuchten Erde sind sie schneller unterwegs.“ Ansonsten gibt Heeb auch als Tipp, dass man die Erde gut auflockert. Auch das führe dazu, dass die Erde Wasser besser aufnehmen und könne.
So schützt man Balkonpflanzen vor dem Austrocknen
Für Topfpflanzen empfiehlt Heeb wegen der Besserung Isolierung gegen die Hitze Ton- statt Plastiktöpfe. Schmitt gibt den Tipp, dass dunkle Plastiktöpfe auch mit Holz verkleidet werden können. Das würde die Hitze besser abhalten und nicht so lange speichern. Kellner empfiehlt bei Kübelpflanzen außerdem, hydrophile Zusätze beizugeben, wie Bims, Lavasteine oder Pflanzenkohle. Bei Balkonkästen setzt Brecht auf Modelle mit Wasserreservoir: „Dann kann man auch mal zwei oder drei Tage nicht gießen und die Pflanzen haben alles, was sie brauchen.“ Bei Obstbäumen empfiehlt Heeb eine Baumscheibe von etwa einem Meter um den Baum herum. Die Baumscheibe sollte man auch am besten mit Mulch oder Ähnlichem bedecken. Gras nehme dem Baum wertvolles Wasser weg.
Es helfe auch, so Brecht, Bodenversiegelung, wie zum Beispiel Pflastersteine, zu vermeiden oder wieder zu entsiegeln. Dadurch sickere das Wasser dort ein, wo es abregnet, und die Abwasserkanäle würden bei Starkregenereignissen weniger belastet, so Brecht. Zudem entstünden über gepflasterten Flächen Temperaturen, die bis zu 20 Grad höher sind als auf ungepflasterten Flächen.
Bei der Planung eines Gartens macht es grundsätzlich Sinn, auf Sträucher, Hecken und Bäume zu setzen. Sie spenden Schatten und die Pflanzen geben über die Blätter Feuchtigkeit ab. Deshalb sitzt sich unter einem Baum kühler als unter jedem Sonnenschirm, erklärt Brecht. Er setzt auf Artenvielfalt, um damit den Schädlingsbefall zu minimieren und damit die Pflanzen stärken. Mischkulturen könne man übrigens auch bei Gemüse verwenden. Stangenbohnen sind zum Beispiel in der Lage, an Maispflanzen hochzuwachsen. Auf Torf würde Brecht verzichten, da sein Abbau wiederum Kohlenstoffdioxid abgibt und dadurch den Klimawandel fördere.
Welche Pflanzen fühlen sich bei Hitze wohl
Mediterrane Pflanzen werden immer populärer – hier nennt Kellner als Beispiel einen Olivenbaum und einige weitere: „Der Maulbeerbaum ist auch in vielen Formen und Zwecken einsetzbar: Er lässt sich super als Dachspalier ziehen und bietet so einen grünen Sonnenschirm, der gleichzeitig kühlt. Außerdem braucht er – wenn er angewachsen ist – kaum Wasser und ist auch fruchtlos eine Option, wenn man auf der Terrasse keine Flecken möchte. Die Tamariske ist ein Strauch/Baum aus dem Mittelmeerraum, der sowohl mit unseren Wintern als auch extremen Sommern zurechtkommt. Sie bietet gleichzeitig eine sehr schöne Blüte –Bienen fühlen sich hier auch durchaus wohl. Diese Pflanze ist gerade als Solitärpflanze ein Hingucker und einer meiner Favoriten!“
Die Ölweide ist eine sehr robuste, ökologisch wertvollere Alternative zum Kirschlorbeer – sie ist hitzebeständig, braucht (wenn angewachsen) kaum Wasser und bieten auch für Bienen und Vögel einen Mehrwert. Das ist auch ein Punkt, der Schmitt am Herzen liegt. Er setzt bei seinen Empfehlungen ebenfalls auf Pflanzen, die die heimischen Insekten gut versorgen. Deshalb sei es wichtig, dass man auf eine Vielfalt an Pflanzen setzt, so dass im Garten von Frühjahr bis Herbst immer etwas blüht – das sei auch schön für die Optik. Als Ersatz für Thuja und Kirschlorbeer empfiehlt er die Hainbuche, die Kornel-Kirsche oder auch den Weißdorn. Bei den Stauden setzt er gerne auf Lavendel. Der hält auch Schädlinge von Rosen fern. Er brauche aber den Rückschnitt, um schön buschig zu wachsen. Außerdem erwähnt Schmitt im Gespräch auch die Bartblume, die Katzenminze, die Begonie und die Schleifenblume: „Generell gilt, dickfleischige und behaarte Pflanzen passen gut in dieses veränderte Klima, dazu zählen auch Hauswurz, Mauerpfeffer und Blaukissen.“
Übrigens erwähnt Kellner, dass Kunden immer öfter nach klimaadaptiven Gärten und Pflanzen nachfragen: „Das Interesse ist bei der Planung auch meistens da –jedoch oft erst nach dem entsprechenden Wink mit dem Zaunpfahl.“
Ein Tipp von Brecht ist übrigens, eine Ecke im Garten verwildern zu lassen. Damit haben Tiere wie Igel eine Heimat finden können. Und dann habe man auch gleich den Mehrwert, dass der Igel für sein Leben gerne Schnecken fresse. Der Tipp von Schmitt ist es, auch im Sommer – wenn die Blätter wegen Hitze- und Wassermangel vertrocknet sind – einen leichten Rückschnitt zu machen. Das entlaste die Pflanze wieder.
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