Bildung

Handyverbot an Schulen im Kreis Bergstraße bereits Alltag

Schulleiter berichten von regelmäßigen Verstößen gegen die Regelungen. Gesetz der Landesregierung wird voraussichtlich wenig daran ändern.

Von 
Angela Schrödelsecker
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An vielen Schulen im Kreis müssen die Schüler ihr Smartphone vor dem Unterricht abgeben. Manche haben sogar extra dafür Handygaragen eingeführt. © picture alliance/dpa

Bergstraße. Nach dem Willen der schwarz-roten Landesregierung soll ab dem kommenden Schuljahr an hessischen Schulen ein weitreichendes Handyverbot gelten. Anders als bisher sollen nicht Absprachen oder Vorgaben an einzelnen Schulen die Nutzung von digitalen Endgeräten regeln, sondern ein einheitlicher gesetzlicher Rahmen. Eine entsprechende Novelle des hessischen Schulgesetzes wurde nun in den Landtag eingebracht. Dem strikten Verbot folgen Ausnahmen, zum Beispiel für eine Handynutzung in Notfällen, wenn es schulischen Zwecken dient, bei älteren Schülern soweit dies von der Schule gestattet wird oder aus medizinischen Gründen.

Auch an den Schulen an der Bergstraße beschäftigen sich die Schulleitungen bereits seit Jahren mit dem Umgang mit dem Smartphone. Das ergab zumindest eine Anfrage bei einigen der Schulen im Kreis.

Goethe-Gymnasium hat Regelung bereits in Schulordnung

Am Goethe-Gymnasium in Bensheim erklärt der Schulleiter Christian Peter, dass man schon seit vielen Jahren verbindliche Regelungen in der Schulordnung stehen habe. Aktuell habe man diese mit Blick auf die flächendeckende Einführung von iPads ab der Jahrgangsstufe 9 im 1:1-Modell – das heißt, jeder Schüler erhält ein eigenes iPad, das allerdings durch die Schule administriert wird – überarbeitet.

Auf dem Schulgelände sind Mobiltelefone und andere elektronische Geräte grundsätzlich ausgeschaltet in der Schultasche aufzubewahren. Für Schüler ab der 9. Klasse und für Oberstufenschüler gibt es zu bestimmten Zwecken, Zeiten und in vereinzelten Schulbereichen Ausnahmen. Ton-, Bild- und Filmaufnahmen sind untersagt. Bei einem Verstoß gegen diese Vorschriften werden die Geräte befristet eingezogen.

In Bezug auf den Einsatz von Tablets im Unterricht sei positiv zu bewerten, da es durch die Apps erweiterte Möglichkeiten des Lernens gebe. Die Schüler verfügten nun überall über persönliche digitale Schulhefte. Auch multimediale Inhalte wie Videos oder Audiodateien könnten so an passender Stelle mit archiviert werden.

Die Vorstellung von Arbeitsergebnissen gelinge von den Schülergeräten über die in jedem Raum vorhandene Beamerlösung sehr einfach. Auf der anderen Seite merkt Peter an, dass jederzeit digitale Hilfsmittel wie KIs als „heimliche Helfer“ dabei seien. Lehrkräfte müssten dies erst aktiv unterbinden. Es gebe auch ein hohes Ablenkungspotenzial, beispielsweise durch Chats oder Spiele. Die Bildschirmzeit insgesamt werde berechtigt ebenfalls kritisch gesehen. Auch die Weitergabe von Lösungen unter den Schülern gehe ebenfalls sehr schnell.

„Die neue gesetzliche Regelung wird keinen Einfluss auf unsere bisherige haben. Der Entwurf sieht ja für die weiterführenden Schulen vor, dass die Schulordnung Ausnahmen bestimmen kann, was bei uns ja der Fall ist. Ich begrüße aber ausdrücklich, dass die neue Regelung eine Umkehrung der Situation festlegt. Es ist künftig so, dass grundsätzlich alles verboten ist und die Schulen Dinge erlauben können. Bisher war alles erlaubt und die Schulen mussten Verbote erlassen,“ so Peter und weiter: „Ich hätte mir allerdings eine viel weitergehende Regelung als ein schulisches Verbot gewünscht. Aus meiner Sicht haben Schulen auch heute schon gute Regelungen beschlossen. Das „Problemfeld“ sehe ich in der unkontrollierten Nutzung der Gerätschaften außerhalb der Schule – aber mit intensiver Wirkung in die Schulen hinein. Eine wirksame Altersbegrenzung vor allem von Social Media wäre aus meiner Sicht dringend erforderlich.“

Handys sind an der Schillerschule ein großes Thema

An der Schillerschule in Bensheim gibt es ebenfalls bereits ein Smartphone-Konzept, wie Schulleiterin Sylvia Meier erklärt. An der Grund-, Haupt- und Realschule gilt: Wer das Schulgelände betritt, der muss das Smartphone ausschalten. In den Klassenräumen gibt es Handyboxen, in die die Geräte reingelegt werden sollen. Nach Unterrichtsende gibt es die Handys zurück. Werden Schüler mit einem eingeschalteten Gerät erwischt, dann wird es eingesammelt und die Eltern müssen es am Nachmittag in der Schule persönlich abholen: „Wir haben tatsächlich viele Probleme mit den Handys. Es ist auch Thema auf den Elternabenden und wir klären über rechtliche Vorgaben, wie die Nutzung von Whatsapp oder das Recht am eigenen Bild, auf. Wir besprechen gerade zwei Konzepte, über die wir in der Gesamtkonferenz entscheiden werden.“

Das neue Konzept soll die Aufbewahrung der Smartphones für die Lehrer vereinfachen und dem Thema nicht mehr so viel negativen Raum geben wie es jetzt der Fall sei. Der Unterschied zu der landesweiten Gesetzesänderung sei aktuell der, dass die Handys dann nicht mehr von den Eltern abgeholt werden sollen, da die Schüler wegen der digitalen Fahrkarte das Telefon nach dem Unterricht zurückerhalten werden. Meier stellte sich in diesem Zusammenhang die Frage, wie in Zukunft die Sanktionen aussehen werden, wenn ein Schüler gegen die Regeln verstößt. Denn davon sei in dem Gesetzentwurf nicht die Rede.

Immer wieder Verstöße an der Geschwister-Scholl-Schule

An der Geschwister Scholl Schule gibt es ebenfalls bereits schon längere Zeit Regelungen bezüglich Smartphones. Wie bei der Schillerschule werden die illegal genutzten Handys aktuell von den Eltern abgeholt. Das ginge hier auch nicht mehr, wie der Schulleiter der Gesamtschule Thomas Stricker erklärt. Wegen des digitalen Tickets für den ÖPNV werden die Handys künftig an die Kinder ausgehändigt, aber die Eltern werden trotzdem informiert.

„Die Regelungen bezüglich der Handys werden nicht immer eingehalten. Es gibt einige Schüler, die dagegen verstoßen. Aber zum Schutz der anderer Schüler müssen wir das Problem ernst nehmen. Die Schule muss ein sicherer Raum sein, in dem auch nicht einfach Fotos und Videos aufgenommen und verschickt werden,“ so Stricker. Digitale Geräte dürften nur genutzt werden, wenn es für den Unterricht nach Erlaubnis der Lehrkraft einen Mehrwert hat, zum Beispiel im Kunstunterricht oder auch im Fach Biologie für die Dokumentation von Experimenten.

An der Mittelpunktschule wurden Toiletten zu Telefonzellen

Die Nutzung des Handys ist an der Mittelpunktschule in Gadernheim ebenfalls seit vielen Jahren verboten. Sowohl während der Unterrichtszeit, als auch in den Pausen. Ausnahmen gab es an der Grund-, Haupt- und Realschule bisher nur für die Nutzung für Recherchen im Unterricht, wenn es die Lehrkraft ausdrücklich gestattet hat. Wie der Schulleiter Alwin Zeiß berichtet, wurde dieses Verbot aber nur selten eingehalten und in den Pausen verwandelten sich die Toilettenkabinen in regelrechte Telefonzellen: „Rekord waren sieben Mädchen in einer Kabine, die von der Pausenaufsicht erwischt wurden. Deshalb haben wir uns lange vor der Diskussion Gedanken gemacht, wie wir das ändern können. Wir haben dann beschlossen Handygaragen anzuschaffen, da dies bei einer Kollegin, die das ausprobiert hat, sehr gut funktionierte.“

Die Schüler der Sekundarstufe müssen nun in der ersten Stunde ihr Handy in der Garage parken und erhalten es nach der letzten Stunde wieder. Ist in den letzten Stunden Unterricht in einem Fachraum, werde es mitgenommen und dort geparkt. Mittlerweile gebe es in jedem Klassenraum iPads, die für Übungs- bzw. Recherchezwecke genutzt werden könnten. Manche Schüler ab dem siebten Jahrgang können mit Tabletts statt Heften arbeiten, die 10. Klasse sei eine iPad-Klasse, die auch viele Schulbücher in digitaler Form vorliegen haben: „Insofern sind wir da schon weiter als das Kultusministerium. Wir verschließen unsere Augen nicht vor der Realität, das Smartphone ist ein fester Bestandteil unser aller Leben geworden, das immer digitaler wird. Die vernünftige Nutzung sowohl der Geräte als auch der sozialen Medien muss von den Kindern gelernt werden. Dies geht weit über das Verbot hinaus.“

Man arbeite schon ab der 5. Klasse mit außerschulischen Partnern wie Prisma, um mit den Kindern einen vernünftigen Umgang mit dem Smartphone einzuüben, leider mit überschaubaren Erfolgen, wie Zeiß beschreibt und nimmt das Elternhaus mit in die Pflicht: „Wenn man mitbekommt, wieviele Kinder schon in niedrigen Klassen extrem viele Stunden mit dem Handy, auf sozialen Plattformen oder vor der Spielekonsole verbringen, ist das schon erschreckend. An dieser Stelle sind wir dann, trotz allen pädagogischen Bemühungen häufig auf verlorenem Posten.“

Heinrich Metzendorf Schule setzt auf Medienkompetenz

In der Vereinbarung der Heinrich Metzendorf Schule (HMS), dem Beruflichen Schulzentrum des Kreises Bergstraße in Bensheim, und den Schülern ist unter anderem das Handyverbot während der Unterrichtszeit festgehalten. Wie der Schulleiter Thomas Bährer mitteilt, sei es als gewerblich technische Schule aber so geregelt, dass Smartphones und Tablets im Unterricht dann zugelassen sind, wenn sie die pädagogische Arbeit mit den Schülern unterstützen würde. Die Entscheidung treffe die Lehrkraft. „Da wir in der HMS hauptsächlich Schüler zwischen 16 und 25 Jahren unterrichten, ist diese Regelung meines Erachtens nach auch richtig und sinnvoll.“

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Zu beachten sei in diesem Zusammenhang auch, dass immer mehr Schüler mit eigenen Tablets am Unterricht teilnehmen würden. Das Übertragen von Unterrichtsmaterialien auf diese Tablets hält Bährer für zeitgemäß: „In der Regel funktioniert die oben beschriebene Vorgehensweise auch recht gut. Falls wir in Klassen feststellen, dass der Umgang mit dem Smartphone die Aufmerksamkeit der Schülerin stark beeinflusst, dann müssen alle Schüler der Klasse zum Unterrichtsbeginn ihre Smartphones abgeben. Nach meiner Kenntnis kann auch zukünftig an weiterführenden Schulen die Nutzung des Smartphones im Unterricht möglich sein.“

Die private Nutzung des Handys während der Pause hält Bährer für die HMS für unproblematisch. Ihm liegt die finale Fassung des Gesetzes noch nicht vor. Er gehe jedoch davon aus, dass das Gesetz auch Freiräume für die private Nutzung von Smartphones für Schüler an Beruflichen Schulen ermögliche: „Grundsätzlich möchte ich betonen, dass wir an der HMS den Schülern auch eine Medienkompetenz vermitteln sollen und dies auch möchten. Dazu gehört auch der kritische und sinnvolle Umgang mit den digitalen Medien und den Geräten, der auch im Schulprogramm festgeschrieben steht.“

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