Justiz

Gemeinsamer Autokauf endete in Bensheim mit Schlägen und Nötigung

Von 
Konrad Bülow
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Darmstadt/Bensheim. Aus einem gemeinsamen Autokauf zweier Freunde hat sich in Bensheim ein Konflikt entwickelt, der damit endete, dass der eine den anderen mit einem Aluminiumrohr angriff, mit Hilfe von Komplizen bedrohte und ihm ein weiteres Fahrzeug samt Schlüsseln und Papieren entwendete. Dafür musste er sich nun vor dem Landgericht Darmstadt verantworten. Eineinhalb Jahre auf Bewährung lautet das Strafmaß. Ein 16-jähriger Komplize wurde zu einem Jahr Jugendstrafe verurteilt, ebenfalls mit Bewährung. Und das Opfer spricht davon, noch heute unter den Folgen der Tat zu leiden und sich oft unsicher zu fühlen.

Zweifelhaftes Geschäft

Das Geschäft, auf das sich die beiden früheren Freunde im Laufe des Jahres 2019 verständigt hatten, kam so manchem im Gerichtssaal seltsam vor. Den Kaufpreis von 5800 Euro für das gemeinsame Gefährt – ein Audi A6 – zahlte nur der spätere Angeklagte mit Wohnsitz in Bensheim. Dabei hatte er gar keinen Führerschein. Die Vereinbarung sah vor, dass der spätere Geschädigte aus Alsbach-Hähnlein den Audi mitbenutzen darf und dem Bensheimer dafür als Chauffeur dient, so schilderten es Opfer und Angeklagter. Zumindest der Geschädigte sprach davon, dass er das Auto nach und nach habe abbezahlen wollen und es mit der Zeit in seinen Besitz übergehen sollte.

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Das Arrangement platzte, als der Alsbach-Hähnleiner mit dem Audi einen Wildunfall hatte. Danach war es für die Zwecke der beiden nicht mehr zu gebrauchen. Der Alsbach-Hähnleiner sagte aus, er habe dem Bensheimer die Versicherungssumme in Höhe von 4400 Euro zukommen lassen – damit sei die Sache erledigt und er „aus dem Schneider“ gewesen. Ungeachtet dessen machte er nach eigenen Angaben noch Gewinn, als er das Unfallauto für 2500 Euro ins Ausland verkaufte.

Drama endete am Badesee

Danach herrschte erst einmal Funkstille – bis zum Mai 2020. Dann lief der Alsbach-Hähnleiner dem Bensheimer wieder über den Weg. Ersterer war mittlerweile wieder im Besitz eines Audi A6 – dieses Mal in Schwarz statt in Silber. Der Bensheimer kam zu dem Schluss, vom früheren Kumpel übervorteilt worden zu sein. Gemeinsam mit dem Mitangeklagten und einer unbekannten Person passte er ihn eines Abends auf einem Parkplatz an der Geschwister-Scholl-Schule in Bensheim ab.

Laut Anklageschrift saß der Alsbach-Hähnleiner im Auto, als ihn der Bensheimer mit dem Aluminiumrohr durch das offene Fenster traktierte und ihm dabei einige Quetschungen und Prellungen zufügte. Dann habe ihn der Angreifer aus dem Auto gezerrt. Der 14-Jährige soll ihm mehrere Faustschläge verpasst haben, während der Unbekannte die Taten filmte. Letztlich hätten die Angeklagten von dem Geschädigten ein Geständnis erpresst, in dem dieser dem Bensheimer gegenüber eine Schuld einräumte, heißt es weiter. Während der Unbekannte die Szene verließ, zwangen die beiden Angeklagten demnach das Opfer, mit ihnen zu seinem Elternhaus in Alsbach-Hähnlein zu fahren, um dort von ihm die Papiere für den Audi zu erhalten. Dort gelang es dem Mann in Not jedoch, seine Mutter heimlich über seine missliche Lage zu informieren.

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Während die Angeklagten im Audi mit dem Opfer zurück nach Bensheim fuhren, verständigte die Mutter die Polizei. Am Bensheimer Badesee entließen die Angeklagten den Alsbach-Hähnleiner wieder. Der rief von einem nahe gelegenen Hotel aus seine Mutter an. Bald darauf brachte die Polizei ihren Sohn in Sicherheit und griff den Bensheimer und seinen Komplizen auf.

Den anfangs unterstellten Tatbestand des schweren Raubes sahen Gericht und Staatsanwalt am Ende des Prozesses nicht mehr als gegeben an, weil es dem Bensheimer ihrer Ansicht nach nicht darum ging, den Audi, die Schlüssel und die Papiere in seinen Besitz zu bringen. Vielmehr habe er diese Dinge als eine Art Pfand gesehen, um von dem ehemaligen Freund eine finanzielle Wiedergutmachung zu erpressen. Dazu habe er ein „Rollkommando“ auf die Beine gestellt und mit Körperverletzung, Nötigung und Freiheitsberaubung gegen die Regeln des Rechtsstaats verstoßen, sagte Richter Marc Euler.

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