Heppenheim/Darmstadt. Aufgrund des Vorwurfs der schweren Körperverletzung musste sich jetzt ein 51 Jahre alter Mann aus Babenhausen vor dem Schöffengericht am Amtsgericht in Darmstadt verantworten. Der Angeklagte soll am 4. Dezember 2019 bei einer Auseinandersetzung in einer Obdachlosenunterkunft in Heppenheim, in der er damals wohnte, einen Mitbewohner mit Glasflaschen auf den Kopf geschlagen und ihn mit einem zehn Zentimeter langen Küchenmesser verletzt haben.
Einen Schulabschluss habe der Angeklagte nicht, wie sein Pflichtverteidiger Thorsten Tuman zu Beginn des Termins berichtete. Nach zehn Jahren auf einer Sonderschule habe er eine Ausbildung zum Metallbauer begonnen, allerdings nicht abgeschlossen. Danach habe er seinen Wehrdienst absolviert und bei verschiedenen Arbeitgebern als Lagerarbeiter gearbeitet. „Inzwischen ist er aufgrund einer psychischen Erkrankung Erwerbsminderungsrentner.“
Polizei holt den Geschädigten
Alkohol, Cannabis, Heroin und Kokain: Seit seinem 15. Lebensjahr habe der Angeklagte mehr oder weniger durchgängig Suchtprobleme gehabt – bis zuletzt. „Als er in Haft war, wurde er mit einem Drogenersatzstoff substituiert und hat die Substitution auch nach seiner Entlassung im April fortgesetzt. Seitdem ist er drogenfrei“, so Tuman. Nach der Haft sei er kurzzeitig bei seiner Mutter eingezogen und wohne jetzt erneut in einer Obdachlosenunterkunft, in der er bleiben könne, bis er eine Wohnung gefunden habe.
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Der Geschädigte, der als Zeuge geladen war, den Termin aber verpasst hatte, wurde daraufhin in Heppenheim von der Polizei abgeholt und nach Darmstadt gebracht. Betrunken, zahnlos und mit Cowboyhut erschien er im Gerichtssaal, da der Wert von 2,3 Promille durchschnittlich für ihn sei – was zwei weitere Zeugen später bestätigten – wurde er als vernehmungsfähig eingestuft. „Er hat mir eine Flasche Baileys über den Kopf gezogen und ein Messer in den Bauch gestoßen“, erinnert sich der Geschädigte mit Blick in Richtung des Angeklagten. Auch seine Narbe zeigte er dem Vorsitzenden Richter am Amtsgericht Peter Liesenfeld und Staatsanwalt Ansgar Martinson.
Verständigung in Aussicht gestellt
Eindeutige Aussagen über die Zeit unmittelbar davor konnte er jedoch nicht machen: Mal berichtete er, der Angeklagte habe über einer Mitbewohnerin gekniet und sie gewürgt und er sei dazwischen gegangen, ein andermal, der Angeklagte habe die Mitbewohnerin geschlagen. Wenig später sei dieser in seinem Zimmer aufgetaucht und habe ihm die Flasche auf den Kopf geschlagen und mit dem Messer zugestochen.
„Wir sehen uns noch nicht imstande, eine Verständigung einzugehen“, erklärte Richter Liesenfeld nach Gesprächen mit dem Verteidiger und der Staatsanwaltschaft. Allerdings stellte er eine solche beim nächsten Termin am 4. Oktober in Aussicht und damit auch die Möglichkeit auf eine Bewährungsstrafe mit einer Bewährungszeit von fünf Jahren. Den Strafrahmen hatte der Staatsanwalt zuvor auf 1,6 bis zwei Jahre beziffert. Die Voraussetzungen für eine Verständigung: Den Nachweis, dass der Angeklagte drogenfrei ist, eine Bescheinigung über seine Wohnsituation und die Angabe, welche Arbeiten er trotz seiner Krankheiten übernehmen kann. „Über all dem steht außerdem die Bedingung eines Geständnisses“, betonte der Richter abschließend.
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